Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
feuerrot geworden zu sein. Sie wandte den Blick jäh ab, entzog Niall ihre Hand und streichelte ihm flüchtig über die Wangen, doch das änderte nichts an seinem säuerlichen Blick. Mit Erschrecken bemerkte sie, dass Dusten sie seinerseits unverwandt anstarrte.
»Das Kleid steht dir wirklich ausgezeichnet«, murmelte er.
»Ich denke, es reicht, Dusten. Bewahr dir deine Komplimente für deine Herzensdame auf. Merkst du nicht, dass du Lili damit in Verlegenheit bringst?«, fauchte Niall.
Dusten öffnete den Mund, um seinem Cousin zu antworten, doch in diesem Augenblick trafen die ersten Gäste ein. Dusten rang sich ebenso wie Niall zu einem Lächeln durch. Einer nach dem anderen betrat den Saal und begrüßte die Familienmitglieder. Lili war es unangenehm, von so vielen fremden Menschen unverhohlen beäugt zu werden. Warum erklärte Niall den Gästen nicht, wer sie war? Doch zu ihrem großen Ärger lüftete Niall das Geheimnis nicht. Er stellte sie den Gästen schlicht als Miss Campbell vor, was offenbar noch mehr Neugier hervorrief. Es waren inzwischen zehn Personen eingetroffen, alle in festlicher Hochlandkleidung. Die meisten waren als Paare erschienen.
Caitronia und Shona überboten sich geradezu an Gastfreundlichkeit. Lili war erstaunt, wie charmant ihre zukünftige Schwägerin sein konnte, doch dann erstarrte sie, als die letzten Gäste eintrafen. Es war keine Geringere als Lady Ainsley in Begleitung ihrer Tochter Murron, auf die Isobel sich gleich stürzte, und eines älteren vornehmen Herrn. Der musterte Lili unverschämt von Kopf bis Fuß. Als wäre sie ein Stück Vieh, das er auf einer Auktion begutachtete.
»Ach, Sie sind die junge Lehrerin, die sich mit unserem Niall verloben will?«, fragte er ohne Umschweife, während er Lili zur Begrüßung die Hand schüttelte. Sie spürte seine Ablehnung geradezu körperlich.
»Mit wem habe ich die Ehre?«, fragte sie kühl.
»Lord Alexander Fraser. Ich bin Ainsleys Vater«, entgegnete er nicht minder kalt. Ein Schauer lief Lili den Rücken hinunter. Seine Abneigung gegen sie war so offensichtlich und beruhte auf Gegenseitigkeit. Und sie ahnte auch, warum er sie ablehnte. Wahrscheinlich hatte er gehofft, dass Niall seine Tochter heiraten werde und nicht diese kleine Lehrerin ohne Stammbaum. Was bildet sich der verknöcherte Kerl überhaupt ein?, dachte sie erbost, während sie mit anhören durfte, wie überaus herzlich der glatzköpfige Lord die übrigen Familienmitglieder begrüßte. Doch nun schlängelte sich Lady Ainsley an Lili heran.
»Guten Abend, Miss Campbell.« Sie streckte Lili zur Begrüßung gerade einmal die Fingerspitzen hin.
»Guten Abend, Lady Ainsley«, erwiderte Lili höflich, aber kühl und hielt dem bohrenden Blick der Dame stand.
»Schönes Kleid«, zischte Lady Ainsley so leise, dass nur sie es hören konnte. »Haben Sie es von Caitlin geerbt?«
Lili war angesichts dieser offenen Feindseligkeit so überrascht, dass es ihr die Sprache verschlug. Sie war bestimmt nicht auf den Mund gefallen, aber sie fühlte sich plötzlich seltsam fehl am Platz zwischen all diesen fremden Titelträgern.
Ohne ein weiteres Wort wandte sie sich um und lief nach draußen. Im Flur lehnte sie sich an die Wand und fing an zu weinen. Ihr kamen ferne Erinnerungen an die Schulzeit. Wie oft hatte sie sich heulend verkrochen, wenn Mitschülerinnen sie damit aufgezogen hatten, dass sie ein uneheliches Kind war. Und genauso gedemütigt fühlte sie sich in diesem Augenblick.
Sie zuckte zusammen, als sich eine Hand tröstend auf ihre Schulter legte.
»Ach, Niall«, seufzte sie, während sie sich umwandte, um sich an seiner Schulter auszuweinen, doch dann erkannte sie ihren Irrtum. Es war nicht ihr Verlobter, sondern Dusten, der sie voller Mitgefühl musterte.
»Komm her!«, raunte er. Lili zögerte nicht, sondern warf sich in seine Arme und schluchzte laut auf.
»Was hat dir diese Person zugeflüstert?«, fragte er, während er ihr sanft über das Haar strich.
»Sie hat mich gefragt, ob … ob ich das Kleid von Caitlin geerbt habe«, schniefte Lili.
»Hör nicht hin. Sie ist nur eifersüchtig, weil sie sich Hoffnungen auf Niall gemacht hat«, flüsterte Dusten.
Lili befreite sich aus der Umarmung und wischte sich mit der Hand über das Gesicht. »Ich weiß, aber vielleicht hat sie recht, und ich gehöre wirklich nicht hierher.«
Dusten fasste ihr zärtlich unter das Kinn und blickte sie ernst an. »Zweifle nicht an dir selbst, Lili! Du bist ein wunderbarer
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