Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
Mensch und eine Bereicherung für unsere Familie. Und denk dir nichts dabei – Ainsley konnte Caitlin ebenso wenig leiden. Sie war schon immer verliebt in meinen Cousin und fühlte sich tief gekränkt, als er das Mädchen aus Ullapool zur Frau nahm und sie, die Hochwohlgeborene, schnöde verschmähte. Aus Trotz heiratete sie dann den viel älteren Sir Edward Cullon. Natürlich machte sie sich nach dessen Tod erneut Hoffnungen auf Niall. Es liegt also nicht an dir, glaub es mir. Und nun wasch dir das Gesicht und beweise der feinen Gesellschaft, dass du eine strahlende Braut bist.«
»Ach, Dusten, wenn ich dich nicht hätte!«, seufzte Lili und gab ihm einen Kuss auf die Wange, was sie sofort wieder bereute.
»Entschuldigung, ich wollte dir nicht zu nahetreten.«
»Ach, Lili, wir sind doch eine Familie, aber jetzt lauf. Ich hingegen werde mir das Gesicht vorerst nicht mehr waschen.« Versonnen fasste er sich an die Stelle, an der sie ihn geküsst hatte.
Lili aber eilte mit klopfendem Herzen in ihr Zimmer und benetzte das Gesicht mit reichlich Wasser. Im Hinausgehen warf sie einen flüchtigen Blick in den Spiegel und stutzte. Ihre Wangen waren gerötet, und in ihren Augen funkelte es verdächtig. Als würden Sterne in ihrer Pupille leuchten. Hoffentlich hat er nicht gemerkt, wie gern ich ihn habe, dachte sie erschrocken und riss sich von dem Anblick ihres verräterischen Spiegelbildes los. So konnte sie doch unmöglich vor die anderen treten. Sie werden mich mit ihren Blicken auffressen und mir ansehen, dass sich etwas an mir verändert hat. Dann huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. Denn wie sollten die fremden Menschen dort unten ahnen, wer ihre Augen so zum Strahlen gebracht hatte?
30
Inverness, 31. Dezember 1913
Als Lili in den festlichen Saal zurückkehrte, saß die Gesellschaft bereits bei Tisch. Die meisten waren so intensiv in ihre Gespräche vertieft, dass sie ihr Kommen gar nicht bemerkten. Nur Lady Ainsley warf ihr einen triumphierenden Blick zu, und Niall musterte sie mit stillem Vorwurf, als sie sich neben ihn setzte. Sie kämpfte mit sich, ob sie ihm erzählen sollte, warum sie wie ein kleines Kind fortgelaufen war, er aber begann in diesem Augenblick ein angeregtes Gespräch mit Lord Fraser, ohne sie weiter zu beachten.
Schweigend aß Lili von der leckeren Vorsuppe, der Hühnersuppe, bis sich ihr der Tischherr zur anderen Seite, ein rotgesichtiger dicker Mann, interessiert zuwandte. Er hatte sich ihr vorhin zwar vorgestellt, aber sie erinnerte sich nicht mehr, wie er hieß. Zu viele fremde Namen auf einmal waren ihr genannt worden.
»Darf ich Sie etwas fragen, Miss Campbell? Woher kommen Sie? Ich habe Sie noch nie zuvor in Inverness gesehen. Und Sie wären mir aufgefallen.«
Lili holte tief Luft und rang sich zu einem Lächeln durch. »Ich komme aus Edinburgh und bin das erste Mal im Hochland.«
»Oh, interessant, und wie sind Sie mit der Familie Munroy bekannt oder verwandt?«
Lili warf Niall einen Hilfe suchenden Seitenblick zu, doch er schien so in das Gespräch mit Lady Ainsleys Vater vertieft zu sein, dass er sie nicht wahrnahm.
»Sie sind mir eine Antwort schuldig«, schnaufte der beleibte Mann zu ihrer Rechten leicht ungehalten.
»Ich werde bald zur Familie gehören«, erwiderte Lili ausweichend.
»Sie machen es aber spannend«, spottete der Tischnachbar und wandte sich über ihren Kopf hinweg an Niall. »Alter Junge, deine Tischdame spricht in Rätseln. Sie will mir nicht verraten, wer sie ist.«
Niall war sichtlich verärgert, erhob sich aber zögernd und klopfte mit einer Gabel an sein Glas. Feierlich blickte er in die Runde und räusperte sich ein paarmal.
»Liebe Gäste, Bruce lässt mir keine Ruhe. Ich wollte euch erst einmal zu Ende essen lassen, bevor ich euch verkünde, was wir außer dem Jahreswechsel am heutigen Abend feiern wollen.«
Ohne Lili anzusehen, nahm er ihre Hand und zog sie von ihrem Stuhl hoch. »Ich freue mich, euch allen meine Verlobung mit Miss Lili Campbell bekannt zu geben.«
Er deutete auf Lili, die wie angewurzelt dastand und nicht wusste, wo sie die Hände lassen sollte. Das war alles so überraschend gekommen, dass sie ihre Verlegenheit kaum verbergen konnte. Sie fühlte sich wie ein schüchternes Schulmädchen. Schließlich zwang sie sich, nicht weiter auf ihren noch halb gefüllten Teller zu starren, sondern den Kopf zu heben. Allerdings war sie so erstarrt, dass ihr nicht einmal der Anflug eines Lächelns gelingen wollte, doch dann
Weitere Kostenlose Bücher