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Munzinger Pascha

Munzinger Pascha

Titel: Munzinger Pascha Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Capus
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deshalb zu größter Vorsicht bei der Mission, mit der ich Sie betraut habe. Insbesondere dürfen Sie nichts unternehmen, was dem Verdacht der Europäer Nahrung gibt. Denken Sie daran: Es geht für Sie lediglich darum, einen Handelsweg von Schoa nach dem Roten Meer zu eröffnen. Sie werden mit dem Expeditionscorps in der Tadjura-Bucht landen, dann westwärts Richtung Schoa ziehen, aber nicht weiter als bis Aussa vorstoßen. Dort werden Sie die Scheichs, die den Karawanenweg nach Schoa kontrollieren, zu Verhandlungen einladen.
    Vor allem aber schicken Sie keine militärische Expedition ins Landesinnere. Das könnte als Angriff auf Abessinien aufgefaßt werden und uns größte Schwierigkeiten bereiten.
    Ich grüße Sie
    Ismail
     
    Massaua, 1.   Oktober 1875.   Werner Munzinger Pascha sticht mit seinem neuen Dampfschiff, der ›Zagazig‹, in See. Mit an Bord sind Oulette-Mariam, Adolf Haggenmacher, fünfhundert ägyptische Soldaten und zwei Kanonen. Die Fahrt geht sechshundert Kilometer südostwärts entlang der Danakil-Küste, die Munzinger im Namen des Khediven erobert hat. Nach vier Tagen verläßt die ›Zagazig‹ durch die Meerenge von Aden das Rote Meer und legt am 5.   Oktober in der |197| Tadjura-Bay an. Hier schreibt Werner drei Wochen später den letzten Brief seines Lebens. Empfänger ist der Schweizer Lehrer Eduard Dor aus Vevey, der im Auftrag des Khediven in ganz Ägypten öffentliche Schulen gründet.
     
    »So sind wir endlich aus Tadjura abgefahren. Um den Leuten und Kamelen einen Marsch im Sand dem Meer entlang zu ersparen, dampfen wir noch 15   Meilen mit der ›Zagazig‹ der Küste entlang, bis zum Landungsplatz Gela Heffo. Abends beginnt dann die Landreise. Wir hatten einen ziemlich langen Aufenthalt in Tadjura, da wir nur schwer zu Kamelen kamen. Auch jetzt reisen wir nur mit dem Allernotwendigsten, Biscuits und Käse als Vorrat, die wir selber tragen; keine Zelte. Ich habe 350   Mann mit zwei Kanonen und zwei Mitrailleusen. Der Rest wartet in Tadjura. Von hier nach Aussa sind es etwa 36   Stunden, teilweise schlechtes Vulkangeröll. Unsere Aufgabe sieht je näher, je schwieriger aus, weil wir es mit einem ganz fremden, eigentümlichen Volke zu tun haben, dessen Vertrauen zu gewinnen wir noch nicht die rechten Wege kennen. Ehrlichkeit und Geduld werden uns hoffentlich aber auch hier die Herzen erobern, oder vielmehr die Köpfe. Wir sind alle wohlauf; meine Frau ist mit mir und wird mir in den Stunden der Verzagtheit eine rechte Stauffacherin sein. Aufmunterungen werde ich freilich brauchen. Der Zweck unserer Reise aber ist schön; Hinter-Abessinien bekommt Luft gegen das Meer hin und wird sicher aufblühen.«

|198| 35
    Pünktlich um 17.48   Uhr stand ich in der großen Halle von Terminal B und hatte einen Strauß von neun roten Baccara-Rosen in der Hand. Die Anzeigetafel gab ratternd bekannt, daß Flight Number 652 von Kairo soeben gelandet sei. Vor meinem geistigen Auge sah ich den Silbervogel im Schnee stehen; ich sah, wie der eckige Schlauch des Fingerdocks heranfuhr und zwei ewig lächelnde Stewardessen die Tür hinter dem Cockpit öffneten; ich sah die zweihundert Passagiere, die eilig ihre Mäntel und Handtaschen aus der Gepäckablage rissen und einander um die Ohren schlugen. Und ich sah Polja, die inmitten dieses Getümmels königliche Gelassenheit bewahrte.
    Plötzlich brach hinter mir in der großen Halle ein Tumult aus. Auf der Rolltreppe näherte sich eine Gruppe grinsender Menschen, die riesige Kuhglocken schwenkten und Transparente aus Stoff und Karton in die Höhe hielten. ›Hintergüpf-Oberstüßlingen gratuliert seinem Weltmeister!‹ stand da, und ›Bravo Hansi!‹ oder einfach ›Oleee, ole, ole, oleeee!‹. Die Leute zogen an mir vorbei. Ich folgte ihnen zur gläsernen Wand, hinter der die Ankommenden auftauchen mußten.
    »Sind Sie auch aus Hintergüpf-Oberstüßlingen?« Ein kleiner Mann mit einer gefütterten Sportjacke brachte seine Kuhglocke zum Schweigen und sah mißtrauisch |199| zu mir hoch. Er rümpfte die Nase, zog die Oberlippe hoch und ließ zwei beachtlich scharfe Schneidezähne sehen. »Sie sind nicht aus Hintergüpf-Oberstüßlingen, oder?«
    »Nein, Sie?«
    »Sicher schon! Wir holen unseren Huber Hansi ab. Den Weltmeister. Das gibt ein Fest!« Der kleine Mann wandte sich von mir ab und schüttelte wieder die Kuhglocke. Ich hätte ihn gern gefragt, in welcher Disziplin Huber Hansi denn Weltmeister geworden war.
    Hinter der Glasscheibe spuckte eine

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