Murats Traum
Klamotten in die Waschmaschine zu stopfen, und er duschte, während ich seine Haare zusammenfegte. Ich beobachtete ihn durch die gemaserten Scheiben der Duschkabine und fragte mich, wie es jetzt mit ihm weitergehen würde. Als er auf dem Sofa eingeschlafen war, setzte ich mich für eine Weile neben ihn, um ihn ungestört anzuschauen. Plötzlich kam es mir vor, als gäbe es einen verborgenen Zusammenhang zwischen Gefahr und Schönheit, besonderer Schö nheit, meine ich. Ich saß bei ihm und sah auf einmal wieder, wie schmerzhaft schön mein Freund Murat war.
Das neue Leben
Der August war nass in dem Jahr, warm und nass. «Subtropisch», seufzte Paul, der jetzt öfter bei Philipp und mir auftauchte, um unsern neuen Untermieter zu treffen. Wir hatten das kleinere Zimmer mit dem Balkon nach hinten raus gemalert und einen Schrank und eine Liege reingestellt, und dann war der Onkel vorgefahren mit Murats Sachen, drei armseligen Umzugskartons. «Du kannst immer zurück», sagte er. « Aber ich versteh dich schon.»
Wir erfuhren nie, was in jener Nacht zwischen Carlo und Murat gewesen war. Manchmal unternahmen sie auch irgendwas zu dritt, außerhalb der Stadt. Carlo wusste, dass sein Paul nach dem Dienst öfter zu Murat fuhr. Unsere kleine Familie kannte eine Menge Farben, das Lügen war jedoch verpönt, daran musste ich mich erst gewöhnen.
Philipp war viel auf Achse, wieder irgendeine Serie. Wenn sie Statisten brauchten, fuhr ich mit, aber innerlich löste ich mich allmählich von diesen ziellosen Tagen. Ich wusste noch nicht, was werden sollte, aber ich lebte schon in einem hellwachen Schwebezustand, voller Neugier und Erwartung.
Dass die Sonne sich kaum einmal zeigte, hielt mich nicht davon ab, zum Schwimmen ins Freibad zu gehen. Einmal kam Murat mit. Nach kurzem Zögern zog er sich auf der FKK-Wiese aus – wir waren ohnehin fast die einzigen dort. Er sah toll aus ohne Schamhaare. Ich schielte auf seine schweren Eier und seinen langen, beschnittenen Schwanz und dachte daran, wie ich ihn frü her gelutscht hatte. Damit war es wohl endgültig vorbei. Wir waren uns so nahe wie noch nie, aber seit wir zusammen wohnten, fühlte ich eine hauchdünne Trennwand zwischen unseren Körpern. Dabei gingen wir zärtlich miteinander um, zum Beispiel trocknete mir Murat nach dem Schwimmen den Rücken ab, das hätte es früher nicht gegeben, schon gar nicht öffentlich. Aber sexuell waren wir jetzt anscheinend irgendwie neutralisiert.
« Ich werde mir niemals verzeihen», sagte Murat einmal, «dass ich dir nicht geholfen habe, als das mit Jamal passiert ist.» Wie konnte ich ihn davon überzeugen, dass die Sache für mich erledigt war?
An dem Tag im Freibad hatten wir einen Verehrer, der uns nicht aus den Augen ließ. Es war der freche Typ mit dem gelben Homer-Simpson-Handtuch, der mich Wochen zuvor schon einmal angebaggert hatte. Gingen wir zum Schwimmbecken, zog auch er seine Badehose an und kam hinterher. Lagen wir auf unsern Handtüchern, probierte er verschiedene Sachen, um uns aus der Reserve zu locken. Er präsentierte seinen dicken Schwanz wie einen beweglichen, lebendigen Köder. Wir reagierten nicht, aber weil wir immer wieder zu ihm rü berschauten, fühlte er sich wohl bestätigt. Er ließ seine Zunge über seine geöffneten Lippen kreisen und starrte dabei zwischen unsere Schenkel, als könne er unsere Schwänze hypnotisieren. Seinen ersten Punktsieg erzielte er, als er mit beiden Händen seine Arschbacken spreizte und uns seine Rosette zeigte. Widerwillig schnaufend drehte sich Murat auf den Bauch, weil er einen Steifen bekam.
Die absolute Schamlosigkeit dieses Typen imponierte mir, obwohl ich das nie zugegeben hätte und noch viel weniger mit ihm verwechselt werden wollte. Wenn ich mich erinnerte, dass ich mir neulich erst vorgestellt hatte, wie er in mich eindringt, bekam ich heiß e Ohren. Das musste Murat nicht wissen. Dass ich jetzt auch zu denen gehörte, die gerne ihren Arsch hinhielten. Anscheinend gab es in mir noch irgendeinen kläglichen Rest, der sich dafür schämte. Oder der sich davor fürchtete, von Murat abgelehnt zu werden.
Jetzt ließ der Typ sich was Neues einfallen. Er saß uns zugewandt mit gekreuzten Beinen wie ein Yogi, die Schultern durchgedrückt. Er beachtete uns auch nicht mehr, gerade mal ab und zu ein träger Blick wie aus irgendeinem wohligen Jenseits. Er legte sein Kinn auf die Brust. Sein Schwanz ragte jetzt hart nach oben, voll ausgefahren, berü hrte fast sein Gesicht. Er
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