Murats Traum
verlässt.
Schneewittchen erholte sich schnell von seiner Überraschung, strich sich die Haarsträhnen aus der Stirn und blickte mir hochmü tig ins Gesicht, als beleidige ihn unser Anblick, aber nur auf einer niederen Ebene, ungefähr wie Tiere, für die ja auch andere Regeln gelten. Er fixierte uns kalt. Sein Mund ging auf, wohl ohne dass er es merkte. Sich anstandshalber an ein Pissbecken zu stellen, war ihm wohl zu riskant – er blieb vorne in Reichweite der Tür, die er mit einer Hand zuhielt. Die andere zögerte noch, rutschte aber dann in seine nasse Badehose.
Ich lächelte ihm zu, doch er hatte nur noch Augen für meinen Schwanz. Ich gab mir Mühe, dass er möglichst viel davon zu sehen bekam, zog ihn langsam raus und schlug ihn von beiden Seiten ins Gesicht des Typen. Schneewittchens Augen wurden rund. Schließlich ließ er doch die Eingangstür los und rückte bis auf zwei Becken zu uns heran. Seine großen Füße hinterließen Wasserflecken auf den rostbraunen Fliesen. Ich sah seine dunklen Lippen und den weichen Hals, seine kindlichen Bizeps und diesen biegsamen Rumpf. Er gefiel mir. Ich fand kein klares Bild, was ich von im wollte. Ich stellte mir vor, ihn zu ficken, aber im selben Moment wollte ich auch, dass er mich fickt; ich lag auf dem Rücken, die Beine um seinen schmalen Hüften, und seine nassen Haare fielen kühl in mein Gesicht.
Ich lächelte Schneewittchen noch einmal zu, und diesmal reagierte er immerhin, indem er mir mit ausdruckslosem Gesicht die Zunge rausstreckte und gleich darauf seine Badehose runterzog. Sein langer, steifer Kinderschwanz, vom Hosengummi kurz nach unten gedrü ckt, schnellte hoch und schlug mit einem leisen Klatschen gegen seine Bauchdecke. Er war gar nicht mehr kindlich in seiner Härte, gerade und hell wie ein Milchbrötchen, ohne das kleinste Haar ringsum. Und plötzlich schaute mich der Junge offen an, mit einem merkwürdigen Ausdruck in den Augen, als wollte er mich etwas Wichtiges fragen, und er stöhnte auf und packte seinen Schwanz.
Ich schob mich tief ins Saugmaul meines Typen rein, kurz vor der Explosion. Schneewittchen schloss die Augen. Sein Mund verzerrte sich. Er wichste mit schnellen, kurzen Bewegungen, die Eichel freilassend. Als ich sein Sperma hoch spritzen sah, kam es mir auch, drängte in uferlosen Schüben aus mir heraus, und der Typ hielt meinen Arsch umklammert und schluckte.
Schneewittchen war schon ins Freie verschwunden, als ich wieder klar denken konnte. Der Typ wischte sich mit dem Handrücken über die Lippen und wir gingen zusammen zur Wiese zurü ck. Ich war überrascht, wie viele Worte er auf einmal machte. Er überschüttete mich mit Fragen. Wie ich heiße. Wie alt ich bin. Ob ich gerne ficke. Ob ich ihn ficken will. Ob ich mich auch ficken lasse. Ob ich abends online bin. «Ich komme jeden Tag her», sagte er noch, als wir schon auf Murats Höhe angekommen waren.
«Man sieht sich», erwiderte ich ausweichend.
Er hinterließ ein komisches Gefühl. Irgendwie schien er unter Druck zu stehen – was war das? In letzter Zeit ertappte ich mich öfter dabei, über Leute nachzudenken, mit denen ich es gerade getrieben hatte. Ein ganz neuer Zug. Musste ich mir Sorgen machen?
Auch mit Murat gingen Veränderungen vor. Bisher hatte er einfach so in den Tag gelebt, gerade mal gearbeitet, wenn das Geld alle war, viel Spaß gehabt, wie es eben kam. Seine Freiheit war ihm über alles gegangen. Jetzt merkte ich, dass er sich konzentrieren wollte. Aus Respekt vor Carlo wäre ihm nie in den Sinn gekommen, Paul für sich allein zu beanspruchen. Aber das war es wohl, wovon er in Wahrheit träumte. Er sagte zu mir: « Ich weiß nicht, wie das weitergehen soll. Ich will Paul. Das ist doch ein gerader Weg, oder? Aber er? Er will mich und er will Carlo. Und noch dazu seine Freiheit. Mann!»
Oder er sagte: «Ich möchte auch mit jemand zusammen sein. So wie du und Philipp.»
Er sprach nicht von Liebe, aber ich sah, wie er litt, wenn der Kleine wegen irgendwas ein paar Tage nicht kommen konnte. Oder zum Schlafen heimging zu Carlo.
«Such dir doch mal ein bisschen Ablenkung», ermunterte ich ihn. «Ich kenne da zum Beispiel ein Kino ...»
Doch er winkte nur ab und war schon wieder zur Tü r raus, um stundenweise irgendwo ein paar Pipen zu verdienen und nicht zu Hause rumhängen zu müssen. Ich glaube, er fing zum ersten Mal in seinem Leben an zu sparen, vielleicht für einen bestimmten Tag, einen neuen Anfang irgendwann.
Mit Philipp und ihm lief
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