Murray, Paul
Kimberley Cross erzählt hat, Janine könnte Lloyd Dalton nicht
ausstehen, wo sie doch genau weiß, dass Kimberleys Freund und Lloyd Dalton dick
befreundet sind. Als sie die Nachricht in den Papierkorb befördert, kommt ihr
die Idee. Wenn sich was Nerviges oder Blödes oder Fieses oder alles drei
zusammen wie Shannan in deinem Leben breitmacht, tust du am besten so, als
würde es nicht existieren. Und genauso sollte sie es mit den Eindringlingen in
ihrem Bauch machen! Solange die sich da drinnen tummeln, wird sie ihren Bauch
aus ihrem Leben ausblenden, so wie sie und Janine und Denise Shannan
ausgeblendet haben. Sie wird so tun, als wäre er nicht da, bis sie sicher ist,
dass sich das Problem erledigt hat.
Das wird ihrem Körper nicht gefallen. Er will Nahrung,
will wachsen und kräftiger werden. Schon jetzt wimmert ihr Bauch vor Hunger; er
weiß nicht, dass er in feindlicher Hand ist. Aber auch dafür hat sie die
Lösung, ja, die Lösung war immer schon parat - gut versteckt in ihrem
Lieblingsbären, ein Tütchen mit mindestens hundert Pillen, die reichen
mindestens für ein paar Wochen. Sie greift nach Lala, findet den verborgenen
Riss unter seinem rechten Arm. Sie wird gleich mal eine Pille nehmen oder
vielleicht auch zwei. Bald hat sie alles wieder unter Kontrolle.
Irgendwas sitzt Carl im Nacken.
Anfangs ist es nur ein Gefühl, im Klassenzimmer, bei der
Tankstelle, vor Loris Haus. Es beobachtet ihn, aber es lässt sich nicht
blicken, wenn er sich umdreht, ist es weg. Er fragt Barry, ob ihm nichts
aufgefallen ist.
»Was denn?«, sagt Barry.
»Als ob uns die ganze Zeit wer verfolgt.«
»Kacke, meinst du, wer von den Bullen?«
Aber Carl meint nicht die Bullen. Er weiß nicht, was er
meint. Aber bloß weil er nicht weiß, was es ist, hört es noch lange nicht auf,
ihn zu beobachten, sogar da, wo man ihn gar nicht beobachten kann, in Deanos
Wohnung oder in seinem eigenen Zimmer, oder in seinen Träumen, da fühlt er es
neuerdings auch, das gleiche Paar Augen, das ihm unsichtbar nachspürt, wenn er
wach ist - still und stumm da im Reich der Träume. Aber lange Zeit sieht er es
nicht, es ist bloß ein Gefühl, also raucht er immer mehr von dem Superskunk und
versucht es unter dem Gefühl von nichts zu begraben.
Und dann ist er eines Abends mit Janine im Gewächshaus,
sie überlegen, was mit dem Plan werden soll, den Carl vermasselt hat. Er weiß
nicht mehr, warum. Es war ein sauguter Plan, so wie Janine ihn ihm erklärt
hat. Wir tricksen Loris Mom und Dad aus, sodass sie denken, sie geht mit Skippy
aus, aber in Wahrheit trifft sie sich mit dir. Sie wissen nichts von dir,
Skippy weiß nichts von dir. Die Einzigen, die von dir wissen, sind wir drei.
Lori muss sich hin und wieder ein bisschen mit Skippy abgeben, damit der Plan
funktioniert. Aber das hat nichts zu bedeuten. Und ihr zwei könnt zusammen
sein, hat Janine gesagt, mein Liebster, und ihre Zunge über Carls Hals wandern
lassen. Und Carl hat verstanden. Lori würde manchmal mit Skippy zusammen sein,
aber das würde nichts bedeuten, genauso wenig, wie wenn er mit Janine zusammen
ist. Es wäre bloß ein Trick, um ihre Eltern zu täuschen, so könnte sie sagen,
ich treffe mich mit Skippy, und dann würde sie sich mit Carl treffen. Er hat
verstanden, es war ein Superplan, das hat ihm eingeleuchtet. Aber dann, in
letzter Minute, als es tatsächlich so weit war, hat er gemerkt, dass da ein
Rest in ihm war, der es doch nicht verstanden hat, und dem er es nicht erklären
konnte. Und ihn hat die Frage nicht losgelassen, ob der Junge, Skippy, es
verstanden hat. Deshalb hat er auf dem Dach vom Ed's das Video abgeschickt,
damit jeder weiß, was läuft, damit jeder weiß, dass Lori ihm gehört. Aber das
hat nicht zu dem Plan gehört. Und statt damit Lori und sich zusammenzubringen,
hat er sie beide auseinandergebracht, und jetzt ist er mit Janine im Gewächshaus
von ihrer Oma, und alles ist anders. Sie sagt, Lori will ihn nicht sehen, will
nicht mit ihm reden. Sie weint. Er haut die Blumentöpfe ihrer Oma kaputt. Sie
fleht ihn an, damit aufzuhören. Sie sagt, das legt sich mit der Zeit, Lori
wird schon wieder, sie wird mit ihr reden. Sie sagt, du darfst dir nicht die
Schuld dafür geben, Carl! Sie grabbelt sich immer wieder an seinem Bein hoch
und versucht ihn zu küssen, und er stößt sie jedes Mal weg, aber dann ist sie
irgendwann doch nah genug an ihm dran, dass er etwas sieht. Ich liebe dich,
sagt sie, aber er hört es nicht, er starrt ihr tief in die Augen.
Der
Weitere Kostenlose Bücher