Murray, Paul
Tapetenwechsel zumute ist.
Mit geschärfteren Sinnen hätte er sich von dem
verräterischen Rauchgeruch, der unter der Tür hervordringt, zu den Toiletten
eine Treppe tiefer leiten lassen, aber er merkt nichts, stapft hinein - und
steht Lionel gegenüber, der lässig auf einer Klobrille lümmelt und eben eine
Lunge voll Rauch inhaliert; dass er mit jedem Zug den Gestank von Pisse in sich
einsaugt, scheint ihn nicht stören, ihm vielleicht sogar zu behagen - ein
niederträchtiger Schwarzer Fürst an seinem übel riechenden Marmorhof, auf
einen Unglücksseligen lauernd, an dem er seine Langeweile auslassen kann.
»So, so«, heißt er Ruprecht heiter willkommen und schnippt
seine Zigarette in das Pissoir. »So, so.«
Da erfreulicherweise keine Autoritätspersonen anwesend
sind, kann Lionel sich Zeit lassen und hat überdies freie Auswahl zwischen
sechs verschiedenen Kabinen, wodurch die nervige Warterei wegfällt, bis der
Spülkasten wieder voll ist. Das einzige Hindernis für die ultimative Klowäsche
ist Ruprechts nicht unbeträchtliches Gewicht, das Lionel von einer Toilette
zur nächsten schleifen muss, eine Aufgabe, die er jedoch mannhaft meistert,
sodass Ruprecht alsbald einem Neugeborenen gleicht - verheult, blaurot im
Gesicht, aus winzigkleinen Äugelchen verzweifelt ins Nichts blinzelnd, den Mund
zu lautem Geheul über die Rohheit der Welt verzogen, mit der er soeben
Bekanntschaft geschlossen hat. »Was ist?« Lionel beugt sich zu Ruprecht
hinunter, der keuchend etwas hervorstößt. »Dein Asthmainhalator? Hmm, ich sehe
ihn nirgends, vielleicht ist er ja da unten ...«
Wieder wird er unter die Wasseroberfläche gedrückt, bis
Kehle und Lunge final dicht zu machen scheinen; und nun verebbt der Sturzbach
aus schalem Wasser und billigem Reinigungsmittel allmählich, weicht einem Sternenlosen Dunkel, das mit gierigen Händen
nach Ruprecht greift, die tintenschwarzen Finger um sein Herz, um seine Lunge
schließt und zudrückt, immer weiter zudrückt ...
Und dann hört er etwas, von fern, wie aus jenem Dunkel heraus.
Im nächsten Moment ist der Druck auf seinem Nacken verschwunden, und er hört
eilig sich entfernende Schritte. Mit letzter Kraft hebt Ruprecht seinen Kopf
aus der Toilettenschüssel und sackt japsend gegen die Tür der Kabine. Ein
unmelodisches Pfeifen hallt durch den Flur: Mr. Tömms, auf einem seiner
seltenen nächtlichen Patrouillengänge. Ruprecht lauscht dem lauter und wieder
schwächer werdenden Klang. Und dann überkommt ihn die Erleuchtung.
Musik.
Donnerstag: Noch zwei Tage, bis der Vorhang sich zum
Konzert anlässlich der 140-Jahr-Feier hebt. Die Hochstimmung in der Schule ist
mit Händen zu greifen; tief unten in den grausigen Minen von Mythia jedoch
geht alles seinen gewohnten Gang. Vor Kurzem hat sich der wackeren Schar -
Blüdigör Äxehand (V. Hero), Thothonathothon dem Mächtigen (B. Shambles) und
Barg dem Zwerg (H. Lafayette) - auf dem Pfad des legendären Onyxamuletts ein
draufgängerischer neuer Gefährte angeschlossen, Mejisto der Elf (G. Sproke),
Träger des sagenumwobenen Schilds des Styx, der seinen Besitzer über die reißendsten
Strömungen hinwegbefördert. Eben hat das furchtlose Quartett den Schlüssel zu
dem geheimnisvollen Quarzhelm gefunden, in dessen Inneren sich jedoch eine
unangenehme Überraschung versteckt: ein Paar Höllenwürmer, nach Fleisch
gierend, die sich des unglücklichen Elfen Mejisto bemächtigen!
»Wer ist noch mal der Elf?«
»Du«, ertönen
vier genervte Stimmen im Chor.
»Ach ja, richtig.«
Thothonathothon, Blüdigör und Barg kommen ihrem bedrängten
Elfenfreund tapfer zu Hilfe und erledigen die Höllenwürmer mit Hellebarde
(Trefferpunkte: 2W6), Breitschwert (1W10) und Flintspieß (3W4). Doch schon
wartet neuer Schrecken auf unser mutiges Trüppchen - ein unterirdischer Fluss,
zu ungebärdig, um ihn mit gewöhnlichen Mitteln zu überwinden, und die Zugbrücke
am anderen Ufer ist hochgeklappt!
»Wow, wie sollen wir da denn rüber?«, fragt Mejisto der
Elf.
»Er ist zu ungebärdig, um ihn mit gewöhnlichen Mitteln zu
überwinden«, wiederholt Valdor, der Herr des Verlieses (L. Rexroth).
»Wow«, sagt Mejisto noch mal und schüttelt den Kopf.
»Mit gewöhnlichen Mitteln«,
sagt Valdor. Die übrigen Mitglieder der Gruppe tauschen bezeichnende Blicke.
»Hmm«, sagt Mejisto.
Barg der Zwerg fährt mit der Hand über sein Gesicht und
massiert sich die Schläfen.
»Der Schild!«, plärrt Blüdigör Äxehand schließlich los, in
der Hoffnung,
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