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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 3)
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gewesen wärst
zu beweisen, was für ein Superwissenschaftler du bist?«
    Ruprecht sackt in sich zusammen, sein zweites Kinn
versinkt im dritten und vierten.
    Dennis hält den Blick unverwandt auf ihn gerichtet; dann sagt
er: »Du kannst mich mal« und stolziert davon.
    Ruprecht sieht ihm gequält nach, als würde auch Dennis im
nächsten Moment hinter dem Schleier verschwinden; seine Lippen zittern,
kämpfen mit Worten, die er nicht herausbringt - und dann endlich kläfft er los,
es klingt wie ein Kanonenschuss: »Ich hatte keinen Privatlehrer.«
    Dennis bleibt stehen.
    Ruprecht wirkt benommen, als wüsste er selbst nicht, wo
die Worte hergekommen sind. Doch dann sagt er es widerwillig noch mal: »Ich
hatte keinen Privatlehrer. Stimmt, das hab ich mir ausgedacht. Ich war auf
einem Internat in Roscommon. Meine Eltern haben mich da runtergenommen und nach
Seabrook geschickt, weil ich ... ich ...« Er holt tief Luft. »Eines Tages nach
dem Schwimmen hatte ich unter der Dusche eine Erektion.«
    Das Meer schickt einen Schwall nach dem anderen zu ihnen
her, ein Trommelfeuer von weißem Rauschen, gewaltige leere Schiffsladungen, die
an die Küste donnern.
    »Es ist einfach passiert«, sagt Ruprecht kläglich. Er
lässt den Kopf hängen, gestrandet im Gras wie ein abgewracktes Atoll.
    Dennis kehrt ihm immer noch den Rücken zu. Lange Zeit
spricht er kein Wort; aber dann sieht Geoff, wie seine Schultern anfangen zu
zucken. Einen Augenblick später lässt er über Wind und Wellen hinweg die ersten
Kicherlaute vernehmen. »Ein Ständer unter der Dusche ...« Er wirft den Kopf in
den Nacken und wiehert los. »Ein Ständer unter der Dusche ...« Er lacht und
lacht, krümmt sich vor Lachen, bis ihm Tränen über die Wangen rinnen. Dann,
wieder ernst, richtet er sich auf und mustert Ruprecht eingehend, den
flehentlichen Blick seiner glänzenden Knopfaugen in dem teigigen Mondgesicht
»Du armer Scheißer«, sagt er schließlich. »Du armer, fetter Scheißer.«
    Am Nachmittag weiß bereits die ganze Schule, dass Ruprecht
Van Doren und sein Quartett wieder ins Konzertprogramm aufgenommen worden
sind. Titch Fitzpatrick, der Conferencier, probte gerade seine Auftritte in
der Jubilee Hall und war leibhaftig dabei, als Ruprecht und der Rest
hereinmarschiert kamen. Entgegen anderslautenden Berichten gab es keine Tränen
oder Erklärungen, ja kaum so etwas wie eine Entschuldigung; Ruprecht sagte
lediglich, sie seien wieder bereit zu spielen, und ob es noch einen Platz für
sie gebe. Noch einen Platz? Pater Laughton hätte ihn vor Freude beinahe mit
Haut und Haaren gefressen. Es war wie in dieser Bibelgeschichte, wo so ein Kerl
von weiß Gott wo zurückkommt und sie ein Mordsfest veranstalten, obwohl der
Kerl ganz schön was auf dem Kerbholz hat.
    Damit man ihn nicht falsch versteht, Titch ist ein großer
Fan von Ruprechts Künsten auf dem Waldhorn. Aber nach all dem, was vorgefallen
ist, muss man sich doch wohl fragen, ob es klug ist, ihn einfach so wieder mit
offenen Armen aufzunehmen. Nicht dass er sich aufs hohe Ross setzen wollte oder
so, aber nach Titchs Meinung hat Ruprecht nicht die Einstellung an den Tag gelegt,
um die es bei diesem Konzert zur 140-Jahr-Feier geht. Entscheidender noch: Wie
will das Quartett rechtzeitig mit den Proben fertig werden? Das Konzert ist morgen! Morgen!
    Sinnlos, diese Vorbehalte gegenüber Connie Laughton zur
Sprache zu bringen, der hüpft durch die Gegend wie frisch verliebt. Darum hat
es Titch in seiner Eigenschaft als Conferencier auf sich genommen, den Lauscher
an der Wand zu spielen. Und sieh einer an, was da von dem Quartett durch die
Tür des Probenraums zu hören ist, klingt nicht nach klassischer Musik. Obwohl,
manche Teile schon. Aber die werden von anderen übertönt, die sich anhören wie
die Explosion des Todessterns. Und während er noch versteckt in seiner Nische
auf dem Posten steht, wanken Mario und Niall vorbei, beladen mit a) einem
Computer und b) einer Art Satellitenschüssel ...?
    Das Ganze stinkt zum Himmel, schlimmer als die Feuerfürze
von Trevor. Titch beschließt, die Sache unverzüglich auf höchster Ebene
vorzutragen, sprich, bei Mr. Costigan.
»Hab hier
gerade eine Menge um die Ohren, Fitzpatrick -«
    »Ja, Sir, aber es ist wichtig.« Er erläutert seine
Bedenken wegen der Wiederzulassung des Quartetts und der seltsamen Geräusche,
die er aus dem Probenraum vernommen hat -
    »Todesstern? Fitzpatrick, um Himmels willen, worauf willst
du -« Da klingelt das Telefon. »Costigan

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