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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 3)
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Hügelkuppe ein Umriss, ein felsiger schwarzer Umriss, der ihnen
entgegenstarrt wie ein Totenkopf.
    Wer von euch Jüngern der Gelehrsamkeit kann mir sagen, was
das ist?, fragt der Druide vergnügt.
    Keiner sagt etwas, dann Barry, mit einer Stimme, als hätte
man ihn hypnotisiert: ein Dolmen.
    Sehr gut. Der Druide ist höchst angetan. Eine der ältesten
Formen einer Grabkammer. Auch Pfortengrab genannt, weil es ein Tor zum Reich
des Todes ist. Beachtet den charakteristischen dreiteiligen Aufbau, der den
drei Aspekten der Göttin entspricht. Er blickt von einem Gesicht zum anderen.
In alten Zeiten wurden hier Opfergaben für die Unsichtbaren dargebracht, sagt
er.
    Einen Moment lang herrscht Ruhe. Dann erwacht Mark mit
einem Ruck zum Leben. Er holt das Päckchen unter seinem Gürtel vor und hält es
dem Druiden hin, doch statt seiner schnappt es sich der Schieläugige. Er reißt
das Papier auf und zählt brummelnd das Geld. Der Druide stützt sich wieder auf
sein Schwert und beobachtet sie leise lächelnd, wie spielende Kinder. Als er
fertig ist, hebt der Schieläugige den Kopf und nickt dem Druiden zu. Der
Druide geht zu dem Dolmen, greift in das Dunkel zwischen den Tragsteinen und
der Deckplatte und zieht eine Tüte heraus. Er wirft sie Mark zu. Mark macht sie
auf. Sie enthält kleinere Tüten mit weißem Pulver, diverse Pillensäckchen,
eine Platte Hasch in Frischhaltefolie; es ist genau wie im Fernsehen. Alles zu
eurer Zufriedenheit?, fragt der Druide.
    Ja, fantastisch, sagt Mark. Vielen Dank. Er sieht zu
Knoxer und zu Ste hin. Ste weist mit dem Kopf Richtung Auto. Tja dann, sagt
Mark.
    Der Druide hat den Kopf in den Nacken gelegt und schaut in
den Himmel. Ihr wollt doch nicht schon gehen?, fragt er.
    Weg hier weg hier weg hier, denkt Carl, denken sie alle,
Mark auch, aber er weiß nicht, was er tun soll.
    Kommt, sagt der Druide. Wir bekommen unsere Freunde so
selten zu sehen. Setzen wir uns ans Feuer.
    Das Lagerfeuer am Fuß des Hügels ist fast
heruntergebrannt. Der Schieläugige gießt aus einem Kanister Benzin hinein. Flammen
schießen empor, der Druide lacht. Setzt euch, setzt euch, sagt er lachend. Sie
setzen sich im Kreis drum herum wie Kinder. Ste versucht Mark auf sich
aufmerksam zu machen, aber der reagiert nicht. Der Druide holt eine Pfeife aus
seinem Umhang, zündet sie an und lässt sie herumgehen. Im Feuerschein sieht
man, dass er noch gar nicht so alt ist, er ist jünger als Carls Dad.
    Einst war dies ganze Land eine Feste der Göttin, sagt er.
Wir sind von magischen Stätten umgeben. Die Schakale unserer Tage haben
natürlich keinen Blick dafür, sie würden den Hügel hier zubetonieren, wenn man
ihnen nur den Hauch einer Chance ließe. Doch wer Ohren hat... Er zieht die
Schultern zusammen. Das Schwert liegt neben ihm am Boden, es zeigt ins Feuer
wie eine goldene Zunge beim Trinken. Man kann sie hören, zischt er. Die Toten.
    Die Pfeife ist bei Carl angelangt. Der Rauch schmeckt seltsam,
vielleicht weil sie hier draußen sind, in den Feldern und Wäldern. Er will
nicht die Toten hören, will nicht an die schwarze Lücke zwischen den
Felsblöcken des Dolmens denken, in die der Druide gegriffen hat.
    Darum mein kleines Unternehmen, sagt der Druide. Ich wurde
von der Göttin auserwählt, um diesen Hügel vor den Schändern zu bewahren.
    Was würden Sie denn so sagen, wie alt er ist?, fragt Mark,
weil der Druide ihn anstarrt. Der Dolmen, meine ich.
    Der Druide wird ganz still, als ob er an die Zeit
zurückdenkt, in der er ihn erbaut hat. Vielleicht ... dreitausend Jahre?
    Deano, der neben Carl sitzt, bricht in Gekicher aus. Es
lässt sich nicht stoppen, wird nur noch immer schlimmer. Er lacht und lacht,
kreischt in den höchsten Tönen wie eine Hyäne, bis er zur Seite kippt. Als er
wieder sprechen kann, sagt er: Tschuldigung ... musste bloß an den Wichser da
denken ... der wollte so ein Scheißskelett nageln ... Weiteres haltloses
Gekicher.
    Der Druide sieht Deano mit unbewegter Miene an. Ist bloß
ein Spiel, das wir auf dem Weg hierher gespielt haben, erklärt Mark. Wenn man
sich eine Frau aussuchen könnte, mit der man, also, zusammen sein möchte. Ste
hat sich Helena von Troja ausgesucht.
    Helena von Troja, ach du Scheiße ... japst Deano. Diese
Trantüte.
    Ste wirkt noch saurer, als hielte er sich nur mit Mühe
zurück, etwas zu sagen.
    Der Druide starrt bloß. Helena von Troja, sagt er.
    Barry reicht Carl wieder die Pfeife. Seine Augen sind wie
die schwarzen Himmel eines verlorenen Ortes. Doch die

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