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Murray, Paul

Murray, Paul

Titel: Murray, Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Skippy stirbt (Teil 3)
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Menagerie
ungeheuerlicher Bestien auf Raubzug durch unsere Realität, durchsetzt von körperlosen,
roboterhaften Stimmen, wie eine außer Rand und Band geratene
Pfingstwundermaschine ...
    Zu viel für die Zuhörer; sie flohen Richtung Ausgang. In
dem Gedränge gingen Hüte verloren, Brillen zu Bruch, Frauen zu Boden; sie
gaben Fersengeld, bis der Zugang zum Parkplatz erreicht war, von dem sie aus
sicherer Entfernung die immer noch von unirdischem Geheul erfüllte Turnhalle
betrachteten, wie in Erwartung, sie werde implodieren oder in den Nachthimmel
emporsteigen. Nichts dergleichen; stattdessen wurde es kurz darauf schlagartig
still, als ein Kurzschluss das Mischpult und mit ihm die Stromversorgung der
Schule lahmlegte, woraufhin ein nicht unbeträchtlicher Teil der Flüchtlinge
zurück in die Halle stürmte, um sich des Automators zu bemächtigen und Antwort
auf die Frage zu verlangen, was hier in
drei Teufels Namen eigentlich gespielt werde.
    »Ich zahle Ihnen doch nicht zehntausend Piepen pro Jahr,
damit Sie aus meinem Sohn einen Terroristen machen -«
»So etwas wäre
zu Pater Furlongs Zeiten nie passiert!«
    Fast eine Stunde lang galt es, die aufgebrachten Gemüter
zu besänftigen und Öl auf die Wogen zu gießen, erst dann konnte der Automator
zurück in sein Büro, wo das Quartett festgesetzt worden war. Er gab sich keine
große Mühe, mit seiner Wut hinterm Berg zu halten. Er wetterte, er wütete, er
hieb auf den Schreibtisch, dass Fotografien und Briefbeschwerer nur so auseinanderstoben.
In seiner Stimme schwang ein neuer Ton mit. Bis dahin war er mit den vieren so
umgegangen wie mit allen Jungen - als wären sie läppische, nicht weiter
erwähnenswerte Insekten. An diesem Abend erklärte er ihnen den Krieg.
    Ruprecht bekam das meiste ab. Ruprecht, der eine Verirrung
der Natur darstellte und nichts als Schande über seine Eltern gebracht hatte;
Ruprecht, unter dessen brillantem Intellekt sich eine tief verwurzelte
Degeneriertheit versteckte, von der dieses Affentheater lediglich als jüngstes
Beispiel zeugte. Du weißt, wovon ich spreche, Van Doren. Der kommissarische
Direktor starrte ihn über den Schreibtisch hinweg an, wie ein ausgehungertes
Tier durch die Gitterstäbe seines Käfigs. Jetzt ist mir so einiges klar, sagte
er, o ja.
    Die anderen drei weinten, doch Ruprecht stand bloß mit gesenktem
Kopf da, während die Worte ihn trafen wie Axthiebe.
    Ich will ganz offen mit euch sein, Jungs, sagte der
Automator abschließend. Aus verschiedenen rechtlichen Gründen lässt sich eine
Verweisung von der Schule heutzutage nicht mehr so leicht bewerkstelligen. Mag
sein, dass ihr mit einem langen Unterrichtsausschluss davonkommt. In gewisser
Weise hoffe ich das sogar. Denn das heißt, dass ich euch die nächsten
viereinhalb Jahre das Leben zur Hölle machen kann. Ihr werdet die Hölle auf
Erden erleben. Ihr Arschlöcher.
    »Mamma mia«, kommt es jetzt von Mario.
    »Soll er doch reden, was er will«, kontert Dennis. »Damit
sind wir jedenfalls in die Geschichte von Seabrook eingegangen. Ich meine,
davon werden die Leute noch in Jahrzehnten reden.«
Der Mond lugt hinter einer Wolke hervor, und Dennis wird von einer
schleichenden Euphorie befallen. »Das Gesicht von meiner Mum! Oh, Van Bonzo, du
bist eben doch ein Genie!« Ihm kommt ein Gedanke. »Hey!, wenn ich von der
Schule verwiesen werde, könnte ich ja vielleicht seine Biografie schreiben. Was
meint ihr? Der große Schwachkopf: Die Geschichte
des Ruprecht Van Doren.«
    »Wo steckt er denn
eigentlich?«, fragt Mario. »In seinem Zimmer ist er nicht.«
    »Er hat ziemlich geknickt ausgesehen«, merkt Geoff
vorsichtig an.
    »Na, was hat er denn erwartet?«, sagt Dennis. »Dass Skippy
in einer Riesenlichtkugel auftaucht und uns alle abklatscht?«
    »Ich hab das Ruprecht vorher lieber nicht gesagt, aber
wenn ich im Himmel wäre und einen sexy Engel zum Vernaschen hätte, würde ich
nie im Leben für so ein schwules Schulkonzert wieder zurückkommen«, sagt Mario
und erhebt sich gähnend von der Bank. »Das war jetzt jedenfalls genug
Schwachsinn für einen Abend. Nur der Vollständigkeit halber, ich hoffe, ihr
werdet nicht von der Schule verwiesen. Ihr würdet mir fehlen, was nicht heißen
soll, dass ich ein Homo bin.«
»Nacht, Mario.«
    »Jaja, ihr mich auch.« Die Tür schließt sich mit einem
hydraulischen Pfeifen hinter ihm. Eine Weile sitzen die restlichen beiden
schweigend und in Gedanken versunken da, Geoff mit Blick aufs Fenster, als
hoffte er, im schwachen

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