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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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waren zu rätselhaft, als dass wir ihnen unbeteiligt hätten folgen können.
    Die beiden Sineser in ihren graugrünen Uniformen hatten die Inspektion der Figurengruppen beendet. Sie verschwanden wieder am Fuß der Treppe. Irgendetwas nahmen sie dort vor. Wir nahmen atemlos an einem Schauspiel teil, das unser Begreifen überstieg. Zunächst schien es, als hätten sie einfach nur ein paar falsche Knöpfe gedrückt. Die türkisgrünen Lichtbögen, die sich während des Fluges quer durch die Halle gespannt hatten und die bei der Landung erloschen waren, flammten wieder auf, um gleich darauf erneut in sich zusammenzusacken. Am Widerschein, der die Hallendecke färbte, konnten wir ablesen, dass auch die blutroten Lichtfluten, die die Terrassen und das rückwärtige Maßwerk illuminiert hatten, an- und abgeschaltet und in ihrer Intensität reguliert wurden. Schließlich flackerten die großen Umrandungen der Bullaugen an den Wänden auf, zerrieselten zu roten Farbmustern und bildeten sich erneut. Was fummelten sie denn da vorne herum? Aber während wir uns noch fragten, wo sie fremden Apparaturen gegenüberstanden, die sie auf gut Glück ausprobierten, oder ob sie eine vertraute Anlage durchcheckten, die nach einer langen Mission wieder in den Heimathafen zurückgekehrt war, ging etwas noch viel Rätselhafteres vor.
    Stirn- und Seitenwand flackerten in roten und weißen Reflexen. Dann wurden sie wieder unsichtbar, wie es während des Fluges der Fall gewesen war. Statt des offenen Kosmos sahen wir den steingrauen sinesischen Himmel durch die transparenten Stahlwände. Die Sonne war nicht zu erkennen, und von unserem Versteck aus konnten wir auch die Umgebung nicht einsehen, da wir viel niedriger standen als der durchsichtig gewordene Bereich. In steilem Winkel starrten wir in die kalte Wolkendecke hinauf, die Sina City überspannte. Aber dann ging uns noch etwas auf. Irgend etwas stimmte nicht.
    An einer fast unsichtbaren Trennlinie, die mit hydraulischem Stöhnen nach unten sank, konnten wir feststellen, dass die Wände als ganze heruntergefahren worden waren. Wir sahen den Himmel gar nicht wie auf riesigen Bildschirmen, wir sahen ihn unmittelbar. Ölige Schlieren kräuselten die Unterseiten der Wolken. Stumpfe Braun- und Violett-Töne maserten die graue Steppe, die über die ganze Stadt gestülpt war.
    Und was war mit der Hallendecke? Aber noch ehe ich den Gedanken zuende denken konnte, wurden wir von den Ereignissen überrumpelt. Kaum, dass die Wände in den Seitendecks versenkt worden waren, begann auch die Decke der riesigen Hallenkonstruktion nach hinten zu gleiten. Die kilometerweit auskragende Stahlfläche fuhr nach achtern weg, wo sie, für uns unsichtbar, irgendwie in der Brücke verstaut wurde. Vermutlich wurde sie wie eine gigantische Jalousie eingerollt und in den Hohlräumen, durch die wir uns heruntergehangelt hatten, untergebracht.
    »Sie nehmen das Verdeck herunter«, stellte Jennifer fest.
    Wir standen wie am Grunde einer tiefen Schlucht, die sich nach vorne allmählich verbreiterte und über der ein matter, winterlich wirkender Himmel sichtbar geworden war. Die beiden Sineser tauchten jetzt wieder am gegenüberliegenden Ende des Ganges auf und machten sich erneut an den Figuren zu schaffen. Sie schoben oder rollten sie umher. Aus dem kleinen Ausschnitt, den wir einsehen konnten, hatte es den Anschein, als ordneten sie die Skulpturen in einer Reihe am Fuß der Treppe an. Wie sie das alles bewerkstelligten, blieb uns verborgen. Und was das ganze zu bedeuten hatte, entzog sich unseren kühnsten Spekulationen. Vorübergehend waren wir so im staunenden Schauen befangen, dass wir unsere Situation vollkommen vergaßen. Dazu mochte beitragen, dass die Sineser sich ihrerseits nicht um uns kümmerten. Es war Jennifer, die das als erste so aussprach.
    »Fällt euch etwas auf«, flüsterte sie. »Sie suchen gar nicht nach uns.«
    Das stimmte. Obwohl sie mit dem fremden Schiff vertraut waren, was darauf hindeutete, dass es in einer sinesischen Mission unterwegs gewesen war, unternahmen sie nichts, um nach den blinden Passagieren zu fahnden, die ihnen ins Netz gegangen waren.
    »Dann war es doch keine Falle«, mutmaßte Taylor. »Zumindest keine, die auf uns berechnet war.«
    Er konnte recht haben. Zumindest dem Augenschein nach waren die Sineser mehr an den sonderbaren Skulpturen interessiert, die zum ursprünglichen Inventar des Schiffes gehörten, als an uns. Die beiden schwerfälligen, massigen Wesen wirkten auch

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