Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
Vom Netzwerk:
gestanden«, schmunzelte der Sprecher, »wir haben gerade geschlafen, als Sie hier eintrafen.« Er wirkte wie ein Lausbub, der einen harmlosen Streich ausplaudert. »Wir nennen es: regenerieren.«
    Ein Schauder streifte mich. Ich sah die vollkommen finstere Halle vor mir. Tausende und abertausende dieser rätselhaften Wesen standen dichtgedrängt beieinander in der Dunkelheit und hielten eine Art Stand-By-Schlaf ab. Sie hatten kein Privatleben, keine Wohnung, kein Bett, keine Lebenspartner, keine Kinder. Stattdessen suchten sie zur Nacht eine stillgelegte Fabrikhalle auf und schalteten sich für eine Weile ab. Am Morgen würde das Licht oder ein eingebauter Timer sie wecken. In endlosen Ameisenstraßen würden sie zurück in die City fluten, um dort in den Fabriken und Raffinerien, auf den Raumhäfen und gigantischen Baustellen ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Dabei wurden sie von mürrisch grunzenden und stinkenden Sinesern überwacht, die nicht lange zögern würden, einem von ihnen den Arm oder den Kopf herauszudrehen und ihn zum Schrott zu werfen, wenn sie sich ihren Anweisungen widersetzten oder wenn die abgelieferte Arbeit nicht zur Zufriedenheit der Aufseher ausfiel.
    »Was ist das?«, fragte Lambert, die mit angeekeltem Gesichtsausdruck den Inhalt eines Schälchens prüfte.
    Jennifer streckte die Hand aus und führte ein paar der blauen und grünen Körner zum Mund.
    »Styropor«, sagte sie und kaute vor sich hin. Als sie Jills Vorbehalte sah, setzte sie hinzu: »Wenn Sie uns umbringen wollten, könnten sie das einfacher haben.«
    Ich beeilte mich, ihrem Beispiel zu folgen, um unsere Gastgeber nicht bloßzustellen und um Lamberts Widerstand zu brechen. Das Zeug schmeckte nach überhaupt nichts. Es war wie Plastik oder aufgeschäumtes Elastil. Aber es stillte meinen Hunger fast augenblicklich. Endlich überwand sich auch Jill. Sie flößte Taylor Wasser aus einem der Schüsselchen ein und stopfte sich selbst eine Handvoll Granulat in den Mund.
    »Das ist Rohsubstanz«, erklärte der Tloxi. »Wir synthetisieren daraus die Nahrungsmittel der Sineser. Die fertigen Produkte wären für Sie vermutlich wenig appetitlich, aber so müsste es doch gehen?«
    Ich nickte ihm zu Zeichen, dass das Zeug okay war, zu und untermauert das dadurch, dass ich gleich noch einmal nachfasste. Eine Weile mampften wir genügsam vor uns hin und tranken aus den winzigen Schälchen, die sofort durch neue ersetzt wurden, wenn wir sie geleert hatten. Immerhin war es das erste, was wir seit drei Tagen zu uns nahmen.
    Nachdem die Tloxi unsere Wunden versorgt, unseren Hunger  und unseren Durst gestillt hatten, richteten sie uns in der Tiefe ihrer Halle eine Nische ein, in der wir uns zum Schlafen hinlegen konnten. Einige tausend von ihnen standen Schmiere, während wir unsere zerschlagenen Glieder ausstreckten. Zwar versetzten auch sie sich in den Modus, den sie Regenerieren nannten, aber ich zweifelte nicht daran, dass sie auch in diesem Zustand für außergewöhnliche Vorgänge in der Außenwelt empfänglich blieben. Hatte der eine Tloxi nicht gesagt, sie hätten unsere Flucht durch Sina City verfolgt? Ich stellte mir das als eine Art kollektiven telepathischen Wachtraums dar, in dem sie unseren Funkverkehr mitgehört hatten.
    Taylor stöhnte, als er sich auf die rechte Seite legte. Lambert öffnete den Tornister und entnahm eine Ampulle des Opiats, das die Anzugsautomatik in Gefahrensituationen direkt injizieren konnte. Sie verpasste ihm eine Ladung, die sie ihm in den Handrücken spritzte, und legte sich dann dicht neben ihn, um zu verhindern, dass er sich im Schlaf auf die andere Seite wälzte. Jennifer war die einzige, die sich nicht hinlegte, sondern Meditationshaltung einnahm und sich in Prana-Bindu-Trance versetzte. Sie konnte sich so rascher und tiefer erholen als bei gewöhnlichem Schlaf. Außerdem blieb ihr Bewusstsein durchlässig. Wenn irgendetwas Beunruhigendes vorfallen sollte, wäre sie in Sekundenbruchteilen voll da. Sie war dann nicht einmal schlaftrunken, sondern ausgeruht und geistesgegenwärtig wie ich nur nach neun Stunden Schlaf, einer kalten Dusche und zwei Tassen starken Kaffees.
     
     
    Der Chronist
     
    Die Geschichte ist eine Geschichte der Hilfsvölker. Alexander zog mit Truppen nach Persien, die die unterworfenen griechischen Poleis und andere Stämme stellen mussten. Und als er in Indien einbrach, kämpften persische Bogenschützen und baktrische Infanterie neben der makedonischen Phalanx und der schnellen

Weitere Kostenlose Bücher