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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Versuch unternahmen, hinter das Rätsel der Tloxi zu kommen. Vermutlich war es jeden Tag ein anderer, für uns war das nicht von Belang. Es wurde uns nach kürzester Zeit gleichgültig, und wir gewöhnten uns daran, aus der anonymen Masse einen beliebigen Tloxi herauszugreifen und ihn etwas zu fragen oder einen Wunsch an ihn zu richten. Sie wussten immer schon bescheid. Wir mussten nie erklären, worum es ging. In einer geheimnisvollen telepathischen Gemeinschaft schienen sie alle Eingeweihte zu sein. Sie waren wie kommunizierende Röhren. Wenn man Wasser in die eine goss, stieg der Spiegel auch in allen anderen an.
    Manchmal trat einer von ihnen an uns heran und überbrachte eine Meldung. Ihre Späher waren überall. Sie forschten jeden Schritt der Sineser aus und waren über jeden ihrer Schachzüge unterrichtet. Man suchte in der Tat nach uns. Sinesische Stoßtrupps brachen mal hier, mal dort in die Tloxi-Städte ein, scheiterten aber an der uniformierten Masse ihres Sklavenvolkes. Es kam auch zu Geiselnahmen und Folterungen. Mit Sicherheit war es ja auch den Sinesern nicht entgangen, dass die Tloxi über eine Art von kollektivem Bewusstsein verfügten. Sie griffen also wahllos den einen oder anderen aus ihrer Population heraus, und warfen ihn auf den Seziertisch. Auf unsere Bestürzung antwortete der Späher, der uns davon berichtete, mit Schulterzucken. Viel bekamen wir nicht aus ihm heraus. Aber offenbar waren die Tloxi in der Lage, sich selbst abzuschalten und den Inhalt ihres intellektuellen Speichers zu löschen. Sie starben dann, sozusagen, und ihre Peiniger hielten eine leere Matrix in Händen. Wir verliehen unserer Betroffenheit über diese Opfer Ausdruck, fragten, ob derlei nicht zu einer schlechten Stimmung uns gegenüber führen müsse, und ob es nicht auch Überrumpelungen geben konnte, bei denen ein Häscher eine Selbstabschaltung verhinderte. Aber unser Informant lächelte nur.
    »Machen Sie sich deswegen keine Sorgen!«
    Das war der Satz, den wir seit unserer Ankunft auf Sina am häufigsten gehört hatten, und je öfter wir ihn zu hören bekamen, umso mehr Sorgen machten wir uns. Zwar hatten wir uns mit der Zeit davon überzeugt, dass unsere Entdeckung oder Auslieferung nicht zu befürchten stand. Aber was war die Option darüber hinaus? Und konnte sich dieses genügsame Arbeitsvolk überhaupt vorstellen, dass es jenseits vom nackten Dasein, dass es außer Arbeiten und »Regenerieren« noch etwas anderes gab? Kamen Begriffe wie Sinn, Freiheit, Aufgabe und historische Mission in ihrem Wortschatz vor? Unsere diesbezüglichen Vorstöße scheiterten an der Fassade höflich lächelnder Ausflüchte und ausweichender Antworten. Ab und zu blitzte jedoch auch etwas wie Menschlichkeit zwischen ihren automatischen Verrichtungen auf.
    So gestand uns ein Tloxi, der uns an riesigen Halden voller Schrott und Bauquarztrümmern zu einem neuen Quartier geleitet hatte, ganz lapidar, dass eine ihrer Legenden die Ankunft von Wesen aus der Außenwelt vorhergesagt habe, die seinem Volk die Freiheit bringen würden.
    Diese Mitteilung bestürzte uns kaum weniger als die vom Opfertod einzelner Tloxi. War es möglich, dass diese Population von Robotern Legenden und Prophezeiungen besaß? Wie sollten sie zu einer Vision von Freiheit gekommen sein? Und was sollten wir davon halten, dass sie diese auf uns zu projizieren im Begriff standen?
    »Sehen sie uns als ihren Messias an?«, fragte Lambert, als der Tloxi wieder in die anonyme Masse eingeschmolzen war und wir uns der Illusion hingaben, unter uns zu sein.
    Faktisch waren wir von mehreren tausend Tloxi umgeben, die in ihren Bettchen lagen und schlummerten. Jill hatte Taylors Wunde versorgt. Wir kauten klatschmohnrotes Granulat und schlürften Wasser, das heute einen leichten Fenchelgeschmack hatte. Nach Wochen der völligen Entwöhnung kam das einer sinnlichen Offenbarung gleich.
    »Das wäre endlich einmal eine gute Nachricht«, brummte Jennifer. »Wir müssen sie benutzen!«
    Lambert sah sie entgeistert an. »Du willst diese Wesen hintergehen?«, rief sie in mühsam unterdrückter Wut aus. »Sie haben uns das Leben gerettet, sie füttern uns durch, und du willst sie benutzen?«
    Jennifer öffnete den Mund und warf sich mit einer knappen Bewegung aus dem Handgelenk einzelne Granulatkörnchen hinein. »Ihre Legende will ich benutzen«, sagte sie. »Sie selbst natürlich auch. Wir geben ihnen, was sie sich wünschen. Dafür müssen sie dann auch etwas tun.«
    Jill hatte

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