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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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auch nicht mehr tun, selbst wenn sie noch einige Jahrmilliarden um ihre heiße, helle Zentralsonne rollen würde. Im Stillen musste ich seufzen. Wir waren einmal Wissenschaftsoffiziere gewesen, die sich der zivilen Exploration des Weltalls verschrieben hatten. Wie schön wäre es, die Geologie und Geschichte dieses Planeten ergründen zu können, sich monatelang seinen Gesteinen, seiner Atmosphäre, seinen meteorologischen Phänomenen widmen zu können, um die junge und sinnlose Disziplin der Exogeologie um ein paar Einträge zu bereichern.
    Wie schön wäre es auch, dachte ich, während ich mich an den Höhleneingang heranpirschte, hier zu sitzen und hinauszuschauen. Im Schatten des Höhlenausgangs kauernd, konnte man sich beinahe vorstellen, wie exotische Tierherden durch die riesigen Ebenen zogen, von kleinen Horden urtümlicher Jäger und Sammler umschwärmt, die, hinter Felsbrocken geduckt, ihrer Beute auflauerten.
    Auf Dutzenden von Welten hatten wir so gesessen. Jede hatte ihr eigenes Licht, ihren eigenen Geruch, ihre eigene Seele. Diese erschloss sich nicht dem Wissenschaftler, der seine Speicher mit Terabyte an physikalischen Daten volllud. Man musste den ganzen Wust an Informationen wieder vergessen und sich in die Landschaften eines solchen Planeten versenken, in seine Wolkenformationen, seine Sonnenuntergänge. Dann erst bekam die wissenschaftliche Erkundung einen Sinn, dann erst, wenn wir unsere Sinne und unsere Seele öffneten und unseren Verstand schweigen ließen, waren wir wahrhaft angekommen und konnten eine Welt in unseren Besitz nehmen. Wir hatten uns, in den besten Jahren, diese Welten innerlich angeeignet, wie man sich ein Kunstwerk aneignet, einen Roman oder eine Symphonie.
    Ich sog resigniert die kalte harte Luft ein, die nach Feuerstein und vulkanischer Schlacke schmeckte. Stattdessen, dachte ich, mussten wir uns hier verstecken. In einem kosmischen Räuber und Gendarm-Spiel waren wir untergetaucht, wobei uns klar sein musste, dass uns höchstens eine Atempause vergönnt war. In Sicherheit, in Freiheit waren wir nicht.
    Jennifers Schritte näherten sich im kollernden Geröll, das unter ihren Stiefeln knirschte. Sie kam zum Höhlenausgang, legte mir die Hand auf die Schulter und ging neben mir in die Knie.
    »Träumst du?«, fragte sie mit sanftem Spott.
    »Es könnte so schön sein«, sagte ich melancholisch.
    Ich wies über die Ebene hinaus, die sich unter meinem Blick zu beleben schien. Im Weichbild meiner Aufmerksamkeit wurden die Felsblöcke zu Sträuchern, die im böigen Winde schwankten. Große Herden zogen durch die Einöde, dabei waren es nur dünne stratosphärische Zirrus, deren Schatten die Ebene fleckten. Am Horizont wirbelte ein Sturm den Staub auf, dort konnte man sich vorstellen, dass ein feindliches Heer anrückte, mit flammenden Bannern und schweren Rüstungen.
    »Was glaubst du, wie viel Zeit wir haben?«, fragte ich.
    Die Ebene begann von innen her in feinen hämatitroten und sulphatgelben Farbtönen zu leuchten. Der Wind frischte auf und trieb kleine Staubteufel über die Landschaft. Der Himmel entzündete ein Widerspiel pastellfarbener Schraffuren.
    »Mir ist etwas aufgefallen«, sagte sie. »Sie haben nie direkt auf uns gezielt.«
    Ich musste laut loslachen. »Haben sie nicht? Da bin ich aber froh!«
    Jennifer lächelte. Auch sie ließ sich vom Zauber der Abendstimmung auf dieser kargen Welt gefangen nehmen und sah mit verklärter Miene über die Ebene hinaus. »Ich bin mir ziemlich sicher«, meinte sie. »Sie hätten mehrfach die Gelegenheit gehabt, uns zu vernichten, aber sie haben Katz und Maus mit uns gespielt.«
    Ich hatte eine Handvoll Sand aufgenommen und ließ ihn aus der Faust auf den Boden rinnen, eine Sanduhr, die von sterblichem Fleisch gebildet wurde. Der Sand war kalt und rauh, kristallisch. Feinster roter Staub stieg von ihm auf, der nach Schwefel und Phosphor roch.
    »Und ich dachte«, sagte ich, »dass wir noch am Leben sind, haben wir deinem fliegerischen Können zu verdanken.«
    »Im Komplimentemachen warst du noch nie besonders gut.« Sie folgte meinem Beispiel und ließ geistesabwesend roten Sand von einer Hand in die andere rieseln. »Sie wollen uns lebend«, sagte sie. »Zumindest wollen sie unsere Überreste.«
    Ich konzentrierte mich unwillkürlich auf meine Brust, wo ich den kühlen Widerstand des Medaillons spürte. Wussten die Sineser von der Existenz des Chips?
    »Ist das nun von Vorteil für uns?«
    Jennifer sah nicht von ihrer

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