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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Beschäftigung auf. »Im Grunde schon«, sagte sie leise. »Sie müssen sich eine gewisse Zurückhaltung auferlegen.«
    Mir wurde bewusst, wie absurd unsere Situation war. Wir saßen im Höhleneingang eines zerklüfteten Bergmassivs auf einer Welt, die in keiner Sternenkarte der Union verzeichnet war, und schaufelten roten Sand von einer Hand in die andere. Die prähistorische Romantik dieser Szene war grotesk. Denn gleichzeitig wussten wir, dass ein intergalaktischer Kreuzer auf unseren Fersen war, der uns quer durch die halbe Milchstraße gehetzt hatte und der uns über kurz oder lang auch in diesem steinzeitlichen Versteck aufstöbern würde.
    »Das Shuttle strahlt noch viel Energie ab«, sagte Jennifer, als habe sie meine Gedanken gelesen. »Die Bugschilde waren überhitzt, und der Feldgenerator war sowieso im roten Bereich.« Ein zufriedenes Grinsen malte sich auf ihr Gesicht. Sie hatte wirklich alles aus der Kiste herausgeholt, und noch ein bisschen mehr.
    »Du meinst, sie können uns orten?«
    Sie schichtete konzentriert kleine Pyramiden aus feinkörnigem Staub auf, zwischen denen sie mit dem Finger Linien und Kreise zeichnete. Es war wirklich schade, durchfuhr es mich, dass es hier kein Wild gab. Wir hätten eine Sandgazelle oder einen Felspuma erlegen und mit dem Blut das Höhleninnere ausmalen können.  
    »Das Massiv schirmt viel ab«, antwortete sie. »Aus dem Orbit können sie nichts sehen.«
    Sie führte den Gedankengang nicht weiter aus. Ich wusste, was er bedeutete. Die Frage war weniger, ob sie uns finden konnten, als vielmehr, warum sie nicht längst hier waren.
    Jennifer widmete sich weiter ihrem Spieltrieb. Sie hatte eine Gruppe kleiner Pyramiden aufgeschichtet. Jeden der Sandhaufen krönte sie mit einem etwas größeren Kiesel, den sie auf die Spitze pflanzte. Zwischen den faustgroßen Bauwerken legte sie Verbindungen und Zufahrtsstraßen an. Es war ein Modell des Freilichtmuseums von Sina City, das sie da aus dem Staub zusammenhäufelte. Und eines der kirschkerngroßen Steinchen, das sie auf eine der Pyramiden gesetzt hatte, war das Museumsschiff, mit dem wir in die Höhle des Löwen gelockt worden waren.
    »Was glaubst du«, fragte ich, »was die Sineser wirklich sind.«
    Jennifer fuhr mit der flachen Hand durch ihr kleines Kunstwerk und wischte es aus. Sie sah mich offen an. Ihr Gesicht leuchtete im Widerschein des warmen Nachmittagslichtes, als hätte sie Rouge aufgelegt. Ihr Augen schienen eher golden als braun zu sein. Die eigentümliche Farbstimmung hob sie scharf vom dunklen Höhleninneren ab.
    »Hast du«, sagte sie ruhig, »einmal darüber nachgedacht, dass sie Götter sein könnten?!«
    Ich musste schlucken.
    »Ihre Technologie ist der unseren weit überlegen«, führte sie aus. »Ihr Warp erlaubt ihnen, sich praktisch im ganzen Universum zu bewegen. Es gibt im bekannten Kosmos keine Grenzen für sie. Sie sind allmächtig.«
    Ich starrte auf die Sandfläche zwischen uns, wo sie das Nachbild der sinesischen Triumphstätte ebenso rasch und gleichmütig erschaffen wie wieder eingeebnet hatte.
    »Und sie ziehen durch das All«, sagte ich nachdenklich, »und säen Kulturen aus und ernten sie wieder ein. Wo sie Zivilisationen vorfinden, die sich unabhängig von ihnen entwickelt haben, rotten sie sie aus, oder sie bomben sie auf einen Standard zurück, auf dem sie ihnen nicht mehr gefährlich werden können.«
    Jennifer nickte. »Die Galaxie ist ein großes Schutzgebiet, in dem sie das Wild hegen, das sie für ihre Jagdausflüge brauchen.«
    »Und die Trophäen davon«, fiel ich ein, »hängen sie sich daheim über den Kamin, wie andere Leute Hirschgeweihe oder Tigerfelle.«
    Jennifer klopfte sich den roten Staub von den Händen. Sie musste niesen, zog die Nase hoch und schüttelte sich. »Die höchsten Hervorbringungen fremder Kulturen sind für sie nur eine Art Nippes«, sagte sie. »Den ganzen Raum diesseits der Großen Mauer betrachten sie als Reservat, wo sie Biotope anlegen und wieder auslöschen, wo sie Welten gründen, Systeme besiedeln und sich die Erzeugnisse der Zivilisationen, die durch den Rost gefallen sind, an die Brust stecken.«
    Wir schwiegen und sahen über die Ebene hinaus, deren Farbenspiel sich immer noch intensivierte. Eine entrückte Glut, eine übersinnliche, tödliche Pracht loderte über der Steinwüste. Wieder fiel mir auf, dass die Natur dort am schönsten war, wo sie von allem Leben am weitesten entfernt war. Gletscher, Vulkane, Ringplaneten, Supernovae – je

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