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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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weniger Organisches Belebtes, Bewusstes vorhanden war, um so reiner schien sich die Schöpfung in ihrer unmenschlichen Gewalt auszusprechen.
    Jennifer war aufgestanden und zum Shuttle gegangen. Mit einem Kanister voll geschmacklosem Tloxi-Granulat und einer Wasserflasche kam sie zurück und hockte sich wieder neben mich in den roten Staub. Wir labten uns an dem frugalen Mahl, das auch nicht eine einzige Geschmackszelle zu affizieren geeignet war. Immerhin stillte es unseren Hunger und löste etwas die Zerschlagenheit, in der wir uns nach der durchgestandenen Flucht befanden. Ich ließ die Blicke über die brennende Ebene schweifen. Der Planet rotierte langsam, wir würden uns noch einige Stunden am Tageslicht und seinem Farbenspiel weiden können. Irgendwann würde aber auch hier die Nacht kommen. Unsere Körper würden nach Schlaf verlangen. Wir mussten abwechselnd wachen, um vor Überraschungen gefeit zu sein.
    »Langsam habe ich dieses Kriegspielen satt«, seufzte ich. »Ich bin urlaubsreif.«
    Jennifer warf mir eine Handvoll blauen und grünen Granulats ins Gesicht. »Waschlappen«, kicherte sie.
    Da ich gerade die Elastilflasche in der Hand hatte, spritzte ich ihr einen Schwall Wasser entgegen. Aber dann besannen wir uns eines sparsameren Umgangs mit unseren kostbaren Ressourcen.
    »Im Ernst«, lachte ich. »Ich möchte eine Nacht wieder richtig schlafen!«
    Jennifer stopfte sich noch ein paar Körner in den Mund und stellte den Kanister weg. »Ich übernehme die erste Nachtwache«, sagte sie.
    So hatte ich es zwar nicht gemeint, aber da ich die unermüdliche Energie in ihren Augen funkeln sah, erhob ich mich kurz darauf, klemmte mir unsere bescheidenen Vorräte unter den Arm, warf einen letzten Blick in die Ebene hinunter, die immer noch in flimmerndem roten Licht dalag, und stapfte nach hinten. Schon als ich in die große Höhlenkammer stolperte, spürte ich die Wärme, die unser Gefährt ausstrahlte. In dem kleinen Seitengang, in dem das Shuttle stand, war die Luft so heiß, dass mir eine warme trockene Strömung entgegenkam. Ich kletterte in das Shuttle, dessen Inneres angenehm temperiert war, und streckte mich auf der rückwärtigen Sitzbank aus. Wenn es mit vier Personen besetzt war, durfte man nicht klaustrophobisch veranlagt sein. Und in diesem Ding waren wir durch die halbe Galaxie geflogen und hatten der Verfolgung durch einen interstellaren Kreuzer getrotzt.
     
    Ich schlief zwei Stunden. Dann stand ich auf und tappte wieder nach vorne, zum Höhleneingang. Jennifer saß unbewegt da. Reglos, wie eine Statue, die Pilger einer vergessenen Religion vor ihrem Tempel errichtet hatten, hockte sie in Meditationshaltung halb hinter einem Felsblock und spähte mit Augen, die niemals blinzelten, über die Ebene hinaus. Die Sonne dieses trägen Planeten war soeben untergegangen. Ein kalter Nachtwind wehte über das felsige Land, das im starren Sternenlicht wie frischgefallener Schnee glitzerte. Ein kühles blaues Schweigen lag über der Szenerie. Ab und zu zog ein Meteorit seine lautlose funkensprühende Bahn.
    Jennifer hatte mich kommen gehört. Ich berührte sie leicht an der Schulter und setzte mich neben sie. Sie schloss die Augen und vertiefte ihre Trance, um sich zu regenerieren. Solange harrte ich an ihrer Seite aus. Die Nacht war frisch auf dieser lebensfernen steinernen Welt. Ich war froh um die sensorielle Fütterung des Anzuges, die sich selbsttätig erwärmte, ehe ich zu frösteln begann. Die Stille, die sich vor uns dehnte, wuchs wie ein Dom, dessen Pfeiler die vulkanischen Ruinen einer unentdeckten Welt und dessen Kuppel der Kosmos war. Ich war von dem kurzen Schlaf erfrischt, aber dennoch in einer nächtlichen, wortkargen Stimmung. In den Anzug gemummelt, der mich vor dem eisigen Anhauch dieser Öde schützte, saß ich da und war für eine Stunde nichts als ein Spiegel, in das Bild der Welt fiel, ohne sich zu trüben.
    Wie viele Planeten gab es in unserer Galaxie? Und welche Einsamkeit lastete auf dieser Flut ungeschauter Körper? Millionen Systeme, Milliarden von Gebirgen, Ebenen, Tälern und Canyons. Von keinem Gott erschaffen, von keinem Menschen betreten, von keinem Floh bewohnt. Was für eine herzerstickende Verlassenheit. Und wenn einmal ein Schiff im Orbit einer solchen Welt vor Anker ging und die Stiefel fremdartiger Wesen ihren Staub aufwühlten, geschah es in kriegerischer Absicht, und Aggression oder Todesangst schwitzte aus den Poren der Eroberer. Was war dieser Kosmos als die Ausgeburt

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