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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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sehr schnell hintereinander. Derzeit etwa eintausend Mal in jeder Sekunde.«
    Mir schwirrte der Kopf. »Und wielange machen unsere Energievorräte das mit?«, fragte ich.
    Sie schob gleichmütig die Unterlippe vor. »Lange«, sagte sie lapidar. »Das ist ja der Clou an dieser Technologie. Der Energieaufwand bei Warpsprüngen steigt im Quadrat der Entfernung. Für die doppelte Strecke benötigt man die vierfache Energie.«
    Ich winkte ab. Mit den Grundzügen der Exponentialrechnung war ich vertraut.
    »Deshalb kamen unsere Sonden auch nie über eine gewisse Grenze hinweg. Nur die MARQUIS DE LAPLACE hat Reaktoren, die stark genug sind, solche Energien auf einmal zu erzeugen und freizusetzen. Bei kleineren Schiffen muss man sich mit dem Oszillationsprinzip behelfen.«
    Sie schnurrte das mit solcher Selbstverständlichkeit herunter, als erläutere sie mir die Grundzüge der Dampfmaschine oder des Verbrennungsmotors. Ich sah zur polarisierenden Scheibe des Backbordfensters hinaus, wo der Andromedanebel träge im Schwarz schwebte.
    »Da hätte Reynolds auch von selbst drauf kommen können«, sagte sie noch.
    Unwillkürlich spähte ich nach steuerbord. In einer Distanz, die schon gar nicht mehr so unüberwindlich schien, glitten die Randbereiche unserer Heimatgalaxie dahin, in der die Erde und die Eschataregion lagen. Sie waren nicht unerreichbar. Aber wir durften uns nicht einmal in Gedanken dorthin wenden.
    »Glaubst du, wir haben sie abgehängt«, fragte ich.
    Immer noch zuckte meine Aufmerksamkeit zu den nach rückwärts gerichteten Monitoren, und als gehörten sie nicht zu mir, spielten meine Hände nervös mit dem Auslöser der Bordkanone. Jennifer studierte ihre Instrumente.
    »Nicht unbedingt«, sagte sie trocken. »Die Fehlzündungen haben ein halbes Dutzend Warpkorridore geöffnet. Es wird eine Weile dauern, bis sie herausgefunden haben, in welchen wir eingeflogen sind. Aber dann steht ihnen das gleiche Prinzip zur Verfügung. Wir müssen davon ausgehen, dass auch ihre schweren Schiffe mit oszillierendem Warp ausgerüstet sind.«
    Ich lauschte dem lautlosen Arbeiten der Feldgeneratoren. Mit der Verlässlichkeit eines Dieselaggregats, das einen Kutter durch die nächtliche See stampfen lässt, schossen sie uns durch unermessliche Räume. Nur ein leises Blubbern war zu hören, ein gleichmäßiges tiefes Rollen.
    »Sie können unseren Signaturen bis hierher folgen?«, fragte ich ungläubig.
    Jennifer zog sie Achseln hoch. »Wir springen durch den Raum wie ein Kiesel, den man übers flache Wasser titschen lässt. Da wir zwischen den einzelnen Sprüngen nicht navigieren, gehen die Signaturen linear auseinander hervor. Sie liegen wir Perlen an einer Kette. Wenn sie unsere Spur erst einmal aufgenommen haben ...«
    Sie kam nicht mehr dazu, den Satz zu beenden. Auf unseren Armaturen blinkte eine Anzeige, und obwohl ich nicht in der Lage war, die sinesischen Hieroglyphen zu entziffern, wusste ich sofort, was sie bedeuteten. Dann sahen wir es auch mit unseren eigenen Augen.
    »Da sind sie schon«, sagte Jennifer.
    Ich drückte mich unwillkürlich tiefer in den gravimetrischen Sessel. Als könne ich mich dadurch unsichtbar machen, wo doch lichtjahrweite Finsternis und eine apokalyptische Geschwindigkeit uns nicht verbergen konnten. Schaudernd sah ich zum Heckfenster simulierenden Monitor. Der Anblick war grauenerregend.
    Der sinesische Kreuzer schob sich von achtern heran. Es war ein Bild aus einem Albtraum oder aus einem besonders blutrünstigen HoloFilm. Wie ein Geisterschiff, das schemenhaft aus Nacht und Nebel auftaucht, leuchtete und flackerte das riesige Schiff in der Dunkelheit des Kosmos. Die Oszillationen waren zu schnell, als dass wir die einzelnen Intervalle des Verschwindens, Unsichtbarwerdens und erneuten Auftauchens hätten unterscheiden können. Dass wir nicht stabil nebeneinander lagen, sondern einander bei unbegreiflichen Geschwindigkeiten durch die Leere hetzten, war nur daran kenntlich, dass das Bild des Kreuzers etwas Graues und Verwischtes hatte. Wie die Übertragung auf einem Monitor, dessen Empfang gestört war, glitt das Gespensterschiff an unserer Seite durch die kosmische Nacht. Es war, als schossen zwei schnelle Jäger durch die oberen Wolkenschichten eines dämmernden Planeten, die die freie Sicht immer wieder verdeckten. Der Feind wurde immer nur einen Herzschlag lang sichtbar und verhüllte sich dann wieder in die verborgene, aber ebenso tödliche Gegenwart.
    »Hat das Ding keinen Turbo?«,

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