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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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und wiederholte die dumpfen Explosionen noch drei oder vier Mal. Das Schiff hopste und bockte, es musste jeden Augenblick in sämtliche Einzelteile auseinander fliegen.
    Während ich mich krampfhaft an meinem gravimetrischen Sessel festhielt, der in der Verankerung ächzte, versuchte ich den Sineser im Auge zu behalten, dessen Bild in abrupten Sprüngen über den zitternden Monitor wanderte.
    »Warte Mal«, brummte Jennifer vor sich hin. »Er sagte doch etwas von einem Turbo ...«
    Sie beugte sich inmitten des Tumultes seelenruhig über ihre Anzeigen und studierte sie. Dabei wirkte sie wie eine zerstreute Archäologin, die sich während eines Erdbebens ihren Hieroglyphen widmet. Ich rechnete jeden Augenblick damit, dass der Sineser das Feuer eröffnete. Im Grunde konnte ich mir nicht erklären, warum es das nicht längst getan hatte. Ich konnte mir aber auch nur ungefähr vorstellen, wie die Manöver, die wir gerade ausführten, von außen aussahen. Vermutlich wartete der Kommandant einfach, bis wir wieder ruhiger auf unserem Kurs lagen - oder bis wir von selbst in die Luft geflogen waren.
    Jennifer fuhr mit dem Finger über die Konsole, als buchstabiere sie mühsam die fremdartigen Schriftzeichen. Konnte sie Sinesisch? Der Tloxi, der uns am Raumhafen in dieses erbärmliche Gefährt gesetzt hatte, hatte ihr eine Unterweisung im Schnelldurchlauf verpasst, aber befähigte sie das, sich selbständig auch mit den Funktionen vertraut zu machen, die er ihr nicht erklärt hatte?
    »Ich habs«, jubelte sie. »Festhalten!«
    Ich tat seit geraumer Zeit nichts anderes, und eigentlich war ich der Meinung, schlimmere Turbulenzen könnten nicht mehr vorkommen. Es war bereits ein unfassbares Wunder, dass das Shuttle noch in einem Stück war. Ich verneigte mich in Ehrfurcht vor den sinesischen Konstrukteuren. Aber offenbar hatte Jennifer einen Notschalter gefunden, der mir neuerliches Erstaunen abnötigte.
    »Puh«, machte sie und ließ sich in die Lehne zurücksinken.
    Ich begriff nicht, was geschah. Der Planet war verschwunden, ebenso der Kreuzer. Aber die Sterne lösten sich nicht in der warptypischen Weise auf. Sie blieben sichtbar. Dennoch veränderten sie sich. Sie bewegten sich. In gemächlicher und schwindelerregender Geschwindigkeit zogen sie über unsere Schirme und durch unser Bugfenster. Ich hatte so etwas bisher nur ein einziges Mal erlebt.
    Jennifer zog den Helm ab und strich das verschwitzte Haar aus der Stirn. Übermenschlicher Triumph loderte in ihrer glühenden Miene.
    »Oszillierender Warp«, verkündete sie feierlich. »Jetzt habe ich es endlich kapiert.«
    Ich richtete mich behutsam in meinem Sessel auf, in den ich mich bei dem fulminanten Start unwillkürlich verkrochen hatte. Fassungslos schaute ich erst sie an – und dann in den Raum hinaus. Das Shuttle lag jetzt vollkommen still auf seiner Bahn. Auf der Backbordseite sah ich den östlichen Spiralarm unserer Galaxis. Er glitt neben uns dahin und fiel dann rasch hinter uns zurück. Nur an Bord des Museumsschiffs waren wir mit dem unbegreiflichen Phänomen einer solchen Geschwindigkeit konfrontiert worden. Physikalisch hatte ich sie mir schon damals nicht erklären können. Und jetzt befanden wir uns in einem Shuttle von der Größe einer Aufklärungsdrohne. Die Erbauer waren Götter.
    Ich wandte mich um und sah nach achtern, wo sich allmählich das Bild der Milchstraße zusammenfügte, deren Außenregionen wir hinter uns ließen, und dann als Ganzes zurückfiel. Wir flogen in den Kleinen Korridor ein. Jennifer drehte links bei und steuerte den Großen Korridor an. Wie auf einem gewaltigen Highway zogen wir über diese unfasslichen Abgründe hinweg.
    »Wie schnell sind wir?«, fragte ich stammelnd.
    Jennifer beugte sich beflissen vor und las ihre Anzeigen ab. Sie runzelte die Stirn und bewegte lautlos die Lippen, als sie die sinesischen Schriftzeichen übersetzte und die fremden Maße umrechnete.
    »Tausend Lichtjahre«, sagte sie dann, und während ich nach Luft schnappte, setzte sie noch hinzu: »Pro Sekunde!«
    Ich sah wattige Sterne vor meinen Augen tanzen. »Mein Gott«, stöhnte ich. »Wie ist das möglich?«
    Sie studierte wieder ihre Konsole, die das Unbegreifliche in elektronischer Präzision protokollierte. Dann schüttelte sie ihr Haar nach hinten. »Oszillierender Warp«, erklärte sie. »Das gleiche Prinzip wie bei dem großen Schiff. Taylor war dicht dran, es physikalisch herzuleiten. Wir fliegen nicht so ruhig, wie es scheint, sondern springen

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