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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Wache übernommen hatte und stundenlang auf der winzigen Brücke unseres Shuttles saß. Die Parade flirrender, jadegrüner oder alabasterfarbener Leuchtkörper nahm kein Ende. Jennifer versuchte mich zu beruhigen. Selbst wenn die Struktur einer Krümmung unterlag, würde unsere Reise ganz von selbst der Krümmung folgen, wie ein Wanderer auf der Erde gar nicht umhin kann, der Erdkrümmung nachzugeben. Aber ich war da nicht so sicher. Das Gefühl, in einer wo nicht unendlichen, so doch endlosen Wüstenei aus Abermilliarden Sonnen gestrandet zu sein, aus der es kein Entkommen gab, wurde mit jedem Tag bedrückender.
    Anfangs hatte Jennifer versucht, die Regionen, die wir durchreisten, zu vermessen und zu katalogisieren. Sie nahm den Warpzähler unseres Feldgenerators als Anhaltspunkt. Unsere Route musste als eine der Achsen herhalten, um die sie die Ergebnisse gruppierte. Sie peilte einzelne markante Objekte an, besonders lichtstarke Nebel oder große Quasare, und nahm diese als Fixpunkte, um das gewaltige Galaxienfeld abzutasten. Aber die Instrumente des Shuttles waren nicht leistungsfähig genug. Die millisekundenkurzen Aufenthalte an den Sprungpunkten reichten nicht hin, umfassende Scans und spektrometrische Erfassungen vorzunehmen. Das Deepfield konnten wir unter Warpbedingungen nicht nutzen. Schließlich waren auch die Speicherkapazitäten des Shuttles erschöpft. Terabyte um Terabyte hatten wir in die Quantenchips geladen. Jennifer verkünstelte sich bei dem Versuch, die Daten zu komprimieren. Sie nahm die Speicher ihre MasterBoards zuhilfe. Aber irgendwann war selbst sie mit ihrem Latein am Ende. Wir hätten der Speicher der MARQUIS DE LAPLACE bedurft, um dieser Inflation an Information beizukommen. Wir begnügten uns damit, hochauflösende HoloBilder im optischen Spektrum aufzunehmen. Wenn wir jemals wieder in die Gefilde der Zivilisation zurückkehren sollten, konnten sich die Freaks von der Planetarischen damit beschäftigen, diese Schnipsel zusammenzusetzen und eine HoloKarte des Großen Manifests daraus zu erstellen.
    Seit einigen Tagen hatte Jennifer die Nahrungsaufnahme eingestellt. Sie begnügte sich mit ein paar Schlucken Wasser am Tag und verbrachte einen Großteil ihrer Zeit in Trance, in der sie ihre Körperfunktionen auf einen energiesparenden Modus absenken konnte. Die verbleibenden Vorräte überließ sie mir. Aber es reichte nur noch für eine der inzwischen ziemlich verschrumpelten Feigen und ein paar Krümel Tloxi-Granulat am Tag. Eben genug, um das nagende Hungergefühl für ein paar Stunden zu übertönen und zu verhindern, dass mein Magen sich selbst verdaute. Aber meinen Kalorienbedarf konnte ich so nicht mehr decken. Wir zehrten an unserer eigenen Substanz. Und die größte seelische Steigerung, die gewaltigste Erweiterung ihres geistigen Horizontes, die Menschen jemals gegönnt worden war, ging mit dem körperlichen Verfall einher. Ich versuchte viel zu schlafen, wurde aber immer gereizter, sodass ich nur wach lag und mich auf der schmalen Matratze wälzte. Wir stellten die Liebesspiele ein, und die Gespräche ebenso. Tag für Tag lebten wir nebeneinander her, schweigend, brummend, stöhnend, wie ein greises Ehepaar das nur noch darauf wartet, wer von ihnen als erster stirbt. Jennifer war weniger mürrisch als ich. Aber auch sie tauchte in einer andauernden Konzentration ab, einer Wachtrance, in der sie immer weniger zu erreichen war.
    Aber irgendwann ergab sich doch eine Veränderung. Ob zum bessern mussten wir dahingestellt sein lassen. Die Korridore zwischen den Milchstraßen wurden nicht nur unmerklich breiter, es öffneten sich zunehmend mehrere, die sich als Flugrouten anboten. Unsere Reise erfolgte zwar geradlinig, aber die körnige Struktur der Galaxienfelder brachte es mit sich, dass wir nicht immer den Kurs halten konnten. Große Materiekonzentrationen, Nebel oder Schwarze Löcher, zwangen uns zum Ausweichen, und dabei ergaben sich nun immer häufiger variierende Möglichkeiten. Als uns das auffiel, stellten wir Tiefenscans an. Bei einem der nächsten Tankstops, als wir einen ganzen Tag lang an einer Protonenwolke Halt machten, aktivierten wir das Deepfield und ließen die Umgebung in einer Schärfe durchleuchten, die während des Fluges nicht möglich war. Es ergab sich, dass sich die mittlere Materieverteilung zu verringern begann. Die statistische Anzahl der Galaxien pro Kubikvolumen nahm allmählich ab. Das Große Manifest, das abrupt begonnen hatte, als dichte, kompakte

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