Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
Lichtjahren Entfernung auf 192 Grad. Allerdings wird sie erst in neun Jahren und acht Monaten auf unseren Schirmen erscheinen.«
Sie ließ ihre Konsole auf Automatik gehen und warf sich in ihrem schwenkbaren Sessel herum. Ihr Strahlen brachte mich in die Gegenwart zurück.
»Mein Gott«, stöhnte ich. In gespielter Drohgebärde schüttelte ich die Faust gegen Reynolds. »Wenn Ihre Dinger nicht funktionieren, sind wir geliefert!«
»Sie werden funktionieren«, lächelte er gleichmütig.
»Und auf die ENTHYMESIS können wir uns verlassen«, warf Jennifer ein. »Das hat sie wieder einmal unter Beweis gestellt.«
Mit einem Ruck stand Taylor auf, sah energiegeladen von einem zum anderen und sagte markig: »Los, Mädels! An die Arbeit!«
Damit stiefelte er davon. Wir hörten, wie er den Gang zum Drohnendeck hinunterstapfte, und blickten uns dabei amüsiert an. Ich überlegte, ob ich ihn zurückpfeifen und ermahnen sollte. Zum einen hatte er sich, wenn er Offizier werden wollte, seinen Baustellenjargon abzugewöhnen, zum anderen musste er sich damit abfinden, dass auf einem Schiff der Kommandant die Kommandos zu geben pflegte. Aber ich mochte ihn, seit uns die Ereignisse von Pensacola zusammengeschweißt hatten, viel zu sehr und verfolgte seinen ehrgeizigen Aufstieg mit zu viel Wohlwollen, als dass ich es fertiggebracht hatte, ihn wegen guter Laune und Arbeitseifer zu maßregeln.
»Ihr habt’s gehört«, sagte ich. »Keine Zeit verlieren!«
Reynolds verzog die schmalen Lippen zu einem väterlichen Grinsen und entfernte sich dann. Lambert meldete sich förmlich ab und lief ebenfalls davon. Ich blieb mit Jennifer auf der Brücke zurück.
»Bist du okay?«, fragte sie. In ihrer Stimme schwang Belustigung.
»Klar«, machte ich.
Sie ließ ihre Konsole, die sie schon an die Automatik übergeben hatte, noch einmal online gehen und führte ein Drehmanöver um 180 Grad aus. Langsam glitten die Spiralnebel und Kugelsternhaufen der Lokalen Gruppe vor uns vorbei, bis die stumpfe Schnauze der ENTHYMESIS in die Richtung wies, aus der wir gekommen waren. Rechterhand dehnte sich die opaleszierende Struktur der Großen Mauer.
»Hier draußen ist es doch was anderes«, sagte Jennifer.
»Ich glaube, ich werde langsam zu alt für sowas«, gab ich zurück und versuchte zu lächeln.
Sie sah mich an. Dabei glitzerte in ihren Augen der Triumph. Sie hatten ihren fliegerischen Meisterleistungen eine weitere hinzugefügt. Vermutlich sah sie schon den Orden vor sich, den sie für diese Mission erhalten würde. Der erste Explorerflug im Lichtjahrbereich!
Ich begab mich in die Messe und trank ein Glas Wasser. Aber als ich auf die Brücke zurückkehrte, ließ ich mich neben Jennifer auf den Platz der Zweiten Pilotin nieder und rief Reynolds und die anderen im Drohnendeck. »Hier spricht der Kommandant. Fertigmachen zum Ausklinken der Sonde. Übergabe an Automatik der Hauptsteuerung in fünf Minuten.«
Auf einem Bildschirm verfolgten wir, wie Taylor mit dem Schwebekran hantierte und die Ionensonde aus ihrer Verankerung hievte. Im Generatorfeld des Kranes hängend, wurde sie dann zur Schleusenkammer bugsiert. Reynolds und Lambert überwachten den Vorgang. Unser WO setzte Markierungen auf seinem MasterBoard. Er sah auf dem kleinen Monitor der Deckkamera wie ein beliebiger Vorarbeiter aus, der einen untergeordneten Baustellenabschnitt leitete. Konzentriert studierte er seine Anzeigetafel, tauschte sich halblaut mit Jill aus, gab Taylor einige Anweisungen und machte dann mit unbewegter Miene das Good-to-Go-Zeichen zur Kamera hin.
An Jennifers Konsole blinkte ein rotes Kontrolllicht auf, als die Sonde in die Schleusenkammer geglitten und die Luft aus der Schleuse gepumpt worden war. Ich nickte ihr zur Bestätigung der Freigabe zu, dann öffnete sie die Außenklappe. Die ENTHYMESIS hob die rechte Flügeldecke. Auf den Bildern der Außenkameras sahen wir, wie der schwarze Zylinder ins Freie schwebte. Gerade eben, als Taylor mit dem turmhohen Geschoss hantiert hatte, hatte es noch mächtig und eindrucksvoll gewirkt. Jetzt, als die Kameras es neben den wuchtigen Leitwerken der ENTHYMESIS zeigten, war es auf einmal klein und zerbrechlich. Ein kleines Metallstiftchen, das sich von den Antennen, Instrumenten und Aufbauten des Explorers gelöst zu haben schien und langsam in der Schwerelosigkeit davonglitt.
Jennifer aktivierte die Zündungssequenz. Das Ionentriebwerk glühte auf. Die Sonde, die wir der Übersichtlichkeit halber Lambda I genannt
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