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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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unseres einzigen Vorteils, der Unsichtbarkeit, die wir der endlosen Leere verdanken.«
    »Wir können nicht ewig hier bleiben«, entgegnete ich.
    Über unseren Köpfen ging die Große Mauer auf, um kurz danach seitlich wegzuknicken und wieder unter den Horizont zu sinken. Die MARQUIS DE LAPLACE hatte eine Rolle rückwärts zelebriert.
    Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse, sagte aber vorläufig nichts. Nach einer Weile des Schweigens fragte er listig: »Hast du eigentlich nichts zu tun?«
    Ich lächelte der Ordonnanz zu, die hinter ihrer Bar damit beschäftigt war, die Gläser und Flaschen in die erschütterungsfreien, von Feldgeneratoren stabilisierten Schränke zu räumen.
    »Nein«, sagte ich. »Die Explorerflotte ist gesichert. Die Tanks sind leergepumpt, Sekundärsysteme wie Sonden, Drohnen und so weiter sind verstaut, die Automatik ist online mit dem Hautrechner des Mutterschiffs, der die Generatorfelder koordiniert.« Ich prostete ihm zu. »Wir können nur noch warten.«
    Er nickte und widmete sich seinem Glas. »Hoffen wir, dass alles gut geht.«
    »Wir benötigen Rohstoffe«, sagte ich, auf seine anfängliche Frage zurückkommend. »Plasma und schwere Elemente. Was sollen wir denn hier draußen?«
    »Ich fürchte, du hast recht«, erwiderte er müde. »Und ich fürchte, dass diese Unfähigkeit, in der Verborgenheit auszuharren, uns noch so manche Verwicklung bescheren wird.«
    Wenig später kam die Ordonnanz an unseren Tisch und teilte uns mit, dass die Bar jetzt geschlossen werde.
    »Warum denn?«, fragte ich in gespielter Ahnungslosigkeit. »Es ist doch noch früh am Tag.«
    »Sir«, sagte die Kleine artig. »Die MARQUIS DE LAPLACE wird verlegt. Das ist doch wirklich kein Geheimnis.“
    Ich leerte mein Glas und blinzelte nach ihrem Namensschild, das sie als Xanýa auswies. Das wusste ich natürlich längst, auch wenn es heute der erste Besuch in der Sky Lounge seit unseren Sondenversuchen war. Weil ich in störrischer Stimmung war, die ich mir selbst nicht erklären konnte, beschloss ich, es ihr zu sagen.
    »Mehrere Monate lang habe ich mich dort draußen herumgetrieben«, brummte ich und nickte zur großen Panoramakuppel. »Und statt sich zu freuen, mich heil und gesund wiederzusehen, weisen Sie mich ab.«
    Sie war viel zu erfahren im Umgang mit Angetrunkenen, als dass sie sich etwas hätte anmerken lassen. »Commander«, sagte sie lächelnd, »ich mache Sie lediglich darauf aufmerksam, dass sämtliche Erholungs- und Vergnügungseinrichtungen an Bord dieses Schiffes in spätestens fünf Minuten geschlossen sein müssen.«
    »Das ist aber schade«, schmollte ich.
    Sie legte uns die Chips vor, auf denen wir unsere Rechnung mit unseren IDs quittieren mussten. Die Mischung aus professionellem Lächeln und charmanter Strenge, die durch die makellose weiße Uniform, den blonden Zopf und die stahlblauen Augen unterstrichen wurde, versetzte mich in aufgestachelte Stimmung, die ich nicht mehr allein dem Whisky zuschreiben konnte.
    »Wenn Sie alles so genau wissen«, reizte ich sie, »Xanýa, dann sagen Sie uns doch mal, wo wir hinfliegen!«
    Ein winziges Zucken ihrer Mundwinkel teilte mir mit, dass ihr Lächeln um eine Nuance angestrengter wurde, aber sie gab es nicht auf. »M 42«, gab sie Auskunft. Dann verschob sich ihre Stimme noch um ein paar Grad zum Geschäftsmäßigen hin. »Aber mit Verlaub, meine Herren, ich muss jetzt wirklich schließen.«
    »Was sollen wir denn in M 42?!«, entfuhr es mir. »Warum nicht M 53?«
    Laertes legte mir die Hand auf den Arm. Auch er wahrte noch die Maske des amüsierten Schmunzelns, aber in seinen Augen las ich, dass ich dabei war, den Bogen zu überspannen.
    Die Kleine hatte unsere Chips eingesteckt und Haltung angenommen. Ihr Gesicht war förmlich, ihre Blicke gingen ins Leere wie bei einem Soldaten, der strammsteht, um neue Befehle entgegenzunehmen.
    »Xanýa«, hörte ich mich sagen, »ich habe Sie etwas gefragt.«
    Die Kleine stand in tadelloser Haltung da, ohne etwas zu erwidern. Aber ich sah, wie sie unter der peinlichen Situation litt. Ihr Atem ging schwer, und ihre Wangen lagen unter einem Anflug von Röte. Ihr Gesicht war plötzlich ganz nackt. Das Mädchen war von schmerzhafter blasser Schönheit. Die enggeschnittene Uniform brachte ihre schlanke Figur zur Geltung. Die Linie, die von der Andeutung ihrer Brust über die Taille und die schmalen Hüften lief, versetzte mich in Selbstmitleid. Ich musste den letzten Rest an Selbstbeherrschung aufwenden, um mich

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