Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
Gravitationskräften der Sterne eingeschlungen werden. Und auch von den fünf Feuerbällen, die da scheinbar so gemächlich ihren Reigen miteinander drehten, würden in einigen zehn- oder hunderttausend Jahren schwerlich mehr als zwei, vermutlich sogar nur ein einziger übrig sein. Denn lange Plasmaschnüre zogen sich in einem komplizierten Gespinst von einem zum anderen. Ultima I saugte Materie aus Ultima II heraus, die ihrerseits einige Millionen Tonnen pro Sekunde von Ultima III und IV erhielt. Ultima V erhielt Nahrung von Ultima II, musste aber Substanz an Ultima I abgeben. Dieser Stern war heute schon der schwerste und hellste. Er würde sich langfristig durchsetzen.
Einige tausend Jahre würde das System stabil bleiben. Darauf kam es an, denn länger beabsichtigten wir nicht zu bleiben.
Ein anderes Dilemma kam hinzu; die Kolonien würden dichter beieinanderstehen, als es unserer Absicht einer möglichst weiten Streuung entsprach. Es war niemand geringeres als Dr. Rogers persönlich, der mich in der entscheidenden Sitzung überstimmte. Den Imperativ der Streuung hebelte er damit aus, dass er verfügte, sie dürfe nicht zu einer Fessel werden.
»Solange«, erklärte er, »die Kommunikations- und Transportkapazitäten so sind, wie sie sind, schaden wir uns selbst und schränken unsere Handlungsfähigkeit ein, wenn wir unsere Basen über ein so großes Gebiet verteilen, dass womöglich Monate vergehen, ehe die eine etwas von der anderen erfährt.«
Mein Einspruch, dass es ursprünglich der Leitgedanke der Kolonisierung gewesen sei, die Basen so breit zu streuen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten, und dass dabei ganz bewusst auch ihre Isolierung in Kauf genommen werden musste, wischte er mit einem Papperlapapp vom Tisch.
»Seien Sie nicht starrsinnig, Frank«, brummte er. »So gute Arbeitsbedingungen wie hier finden wir im Umkreis von tausend Lichtjahren nicht mehr. Wir haben die ganze Region gescannt. Das System ist jung. Es bietet alle Elemente des Periodensystems. Warum sollen wir uns zu Sklaven einer Richtlinie machen, die wir selbst erlassen haben, als wir von diesem Paradies noch nichts wissen konnten?!«
Ich gab nach, denn auf der argumentativen Ebene war ihm wenig entgegenzusetzen. Ein Risiko blieb es allemal, zumal hier mit über dreitausend Mann die größte Gruppe der Kolonisatoren ausgesetzt werden sollte.
Wo der Hase aber wirklich im Pfeffer lag, das kam erst heraus, als das Vorhaben von Commodore Wiszewsky genehmigt war und es an die praktische Umsetzung dieses ehrgeizigsten unter den Kolonisierungsprogrammen ging. Jetzt verkündete Rogers nämlich, er selbst werde hier zurückbleiben. Das erklärte mit einem Schlag alles. Denn er war ein bekennender Gegner spartanischer Selbstbeschränkung.
»Ich bin vor Persephone im Feld gelegen«, pflegte er zu sagen, »als die meisten von Ihnen noch nicht geboren waren. In dieser Hinsicht muss ich mir nichts mehr beweisen.«
Er hatte also vor, sich hier in großem Stil häuslich niederzulassen. Und was er dazu aufbot, war durchaus fürstlich. Segment III wurde aus dem geschrumpften Leib der MARQUIS DE LAPLACE herausgelöst. Es beherbergte die Planetarische Abteilung, deren Leiter Rogers seit drei Jahrzehnten war, und einen Großteil der wissenschaftlichen Institute.
»Im operativen Einsatz«, führte er aus, »sind diese Module nur Ballast für das Mutterschiff.«
Er selbst bezog ein Deck, das er zur Kommunikationszentrale des ganzen Systems ausbauen ließ. Das Segment wurde auf eine separate Umlaufbahn gebracht. Dabei bestrich Rogers, wie der Zeiger einer riesigen Uhr, das Zifferblatt des Asteroidengürtels, in dem in den nächsten Monaten die Kolonien Eschata VI bis X gegründet wurden.
Jede dieser Basen umfasste drei- bis fünfhundert Mann. Einige Hundertschaften blieben auf dem Gefechtsstand, wie Rogers die Planetarische Abteilung titulierte. Die Endeavour unter dem Kommando Colonel Kurtz musste die Kärrnerarbeit machen und einen Pendelverkehr einrichten. Auf den Asteroiden wurden Minen und Werften gegründet.
Rogers schien entschlossen, ein zweiter Themistokles zu werden, der eine neue Flotte aus dem Boden stampfte.
»Glück auf«, grinste er mit dem Gruß eines Kohlekumpels, als wir zum letzten Mal miteinander sprachen.
Er überreichte mir weitreichende Vollmachten und teilte mir noch einige Dinge im Vertrauen mit. Nach seinem Ausscheiden war ich, nach Commodore Wiszewsky, der ranghöchste Offizier an Bord der MARQUIS DE LAPLACE. Auch wenn
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