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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Daten.«
    »Okay«, machte ich zögernd.
    »Sollten sie jedoch einem Unbefugten in die Hände fallen ...« Er brach ab.
    »Dann wäre es eine Katastrophe«, nickte ich.
    Wir standen da, er hatte die Rechte auf meine Schulter gelegt, und betrachteten schweigend den unscheinbaren Chip in meiner zitternden Hand.
    »Oh mein Gott«, sagte ich noch und rang mir ein gespieltes Lächeln ab.
    Ich zog das Medaillon hervor, in dem ich ein Holobild von Jennifer aufbewahrte, und klemmte den Chip in die ovale Fassung. Dann ließ ich die mechanische Verriegelung einrasten und sprach das Codewort für die elektronische Sperrung.
     
    Noch in der selben Nacht verließ die MARQUIS DE LAPLACE die Region Eschata. Da ich jetzt der ranghöchste Offizier der Fliegenden Crew war, oblag es mir, das Manöver zu überwachen. Jennifer, die schon geschlafen hatte, als ich von der Unterredung mit Rogers zurückkam, stand mit mir auf und begleitete mich auf die Brücke. Während wir die geschrumpfte MARQUIS DE LAPLACE bei konventionellem Antrieb aus den Ausläufern des protostellaren Nebel hinausdirigierten, versuchte ich immer wieder in ihrer konzentrierten Miene zu lesen. Ihre Art, mir die kalte Schulter zu zeigen, bekam etwas Angestrengtes. Dazwischen, wenn sie sich unbeobachtet glaubte, flackerte immer wieder wilde Begeisterung über ihr Gesicht.
    Wiszewsky verbrachte die Nacht in seiner Suite, wo die Komarowa seinen zerbrechlichen Schlaf bewachte. Wir waren Herren über das Schiff, das trotz seiner Amputationen immer noch das größte und leistungsstärkste war, das die Menschheit je gebaut hatte. Die feierliche Stimmung der nächtlichen Stunde, bei der die Brücke kaum besetzt war, tat das ihre. Wir konnten uns einbilden, dass die MARQUIS DE LAPLACE ganz allein unseren Kommandos gehorchte. Schweigend steuerten wir ihren noch gut acht Kilometer langen Titancorpus durch die Gravitationsverwirbelungen der Randzone. Nur ab und zu tauschten wir kurze Befehle oder knappe Bemerkungen aus.
    Als wir die gefährlichen Ausläufer des Nebels hinter uns gebracht hatten, aktivierten wir den Warpantrieb, und in einem wenige Minuten dauernden Sprung verlegten wir die MARQUIS DE LAPLACE über mehrere zehntausend Lichtjahre in einen sternenarmen Rückzugsraum. Wir befanden uns jetzt im intergalaktischen Vakuum zwischen den Mitgliedern der Lokalen Gruppe. Milchstraße und Andromeda waren von der Brücke aus mit bloßen Augen auszumachen, und auf fünf Uhr sah man das wattige Gespinst des Orionnebels.
    Es war früher Morgen als wir auf unsere Kabine gingen. In der erschöpften und überwachen Stimmung, in der man von einem langen glühenden Fest heimkehrt, schlossen wir die Tür und zogen uns aus. Dann lagen wir nebeneinander. Der Widerschein einer fernen Galaxie warf ein milchiges Licht an die Decke unserer kleinen Unterkunft. Nach einer Weile tastete Jennifer nach meiner Hand. Später legte sie den Kopf auf meine Schulter. Ich bettete sie auf meinen Arm. Als sie mit tiefen Atemzügen schlief, war ich immer noch wach. Erst als auf den Gängen das Getrappel der Frühschicht zu hören war und das Brummen der Feldgeneratoren anzeigte, dass das Schiff zu seinem Alltagsleben erwachte, nickte auch ich ein und fiel in schwarzen traumlosen Schlaf.
     
    Jetzt begann wieder die Zeit der Routine. Erst im Nachhinein ging uns auf, wie wir das Unterwegssein in der Eschata-Region genossen hatten.
    Es gab schlicht und einfach nichts zu tun. Wir mussten hier draußen ausharren und abwarten. Warten, dass die Kolonien sich stabilisierten und ein Lebenszeichen schickten. Warten, dass der Kontakt zur Erde möglich wurde. Warten, dass die Sineser uns entdeckten. Und selbst letzteres wurde uns allmählich fast zu einer Wunschvorstellung. Alles wäre uns gelegen gekommen, was den Stumpfsinn zu einem Ende gebracht hätte.
    Auf der Suche nach einer sinnvollen Beschäftigung durchstreiften wir das geschrumpfte Schiff, das immer noch weiträumig genug für lange einsame Tagesmärsche war. Am deprimierendsten war es, das Große Drohnendeck zu durchqueren. Als einzig verbliebener Explorer meiner Flotte stand die ENTHYMESIS im vorderen Hangar. Jill und Taylor machten sich an ihr zu schaffen. Manchmal, wenn ich sie bei ihrer stillen Beschäftigung überraschte, schien es mir, als ob die beiden sich auch privat näher kämen. Jedenfalls legte Jill eine auffallende Einsatzbereitschaft an den Tag. Sie führte Taylor kreuz und quer durch den ganzen Explorer, erläuterte ihm seine Funktionen, vom

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