Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
Dunkelwolken mit dem unseren zusammenhängen.«
»Und da sind wir durchgeflogen«, war Jills Stimme zu vernehmen.
»Haben Sie das quantifiziert?«, fragte Jennifer.
»Selbstverständlich«, blökte Frankel. »Oder glauben Sie, ich trage Ihnen improvisierte Hirngespinste vor, Major?!«
»Das ist interessant«, sagte sie zu sich selbst.
»Freut mich, dass du das so siehst«, sagte ich versöhnlich. »Mir ist zwar noch nicht alles klar und ich weiß auch noch nicht, worin der praktische Nutzen für uns besteht ...«
Sie sah mich schmerzlich an. »Es gibt jemanden, der dir das in wenigen Sätzen sagen könnte.«
Ich war noch zu fasziniert von den Räumen, die Frankel vor uns aufgerissen hatte, als dass ich darauf näher hätte eingehen können. Mir schien, dass ich Rogers Stellvertreter unterschätzt hatte.
»Glauben Sie«, fragte ich, »dass diese Entdeckung für uns von konkretem Wert ist? Oder handelt es sich dabei nur um ein akademisches Problem.«
»Sowohl als auch. Es gibt keine akademischen Probleme, alles hat Rückwirkungen auf unser Leben.«
»Geben Sie mir mal ein Beispiel für eine mögliche Anwendung«, sagte ich.
»Wie wir wissen«, führte er aus, »vermag die Dunkle Materie Energie in beliebiger Menge zu absorbieren.«
Ich nickte. Gleichzeitig fühlte ich Jennifers Blick auf mir brennen.
»Das eröffnet«, fuhr Frankel fort, »hervorragende militärische Möglichkeiten, zumindest als Defensivwaffe.«
In alle Richtungen taten sich gewaltige Perspektiven auf. Ich verstand jetzt Jennifers Blick erst richtig, ebenso wie sich mir im Nachhinein Frankels Interesse an der Sache und sein Triumph in ihrer Tragweite enthüllten. Er konnte so nicht nur Taylor ausstechen, der im Begriff stand, sich zu einem der führenden Wissenschaftler der MARQUIS DE LAPLACE zu mausern. Er konnte auch mich angreifen.
Was die konkrete Nutzanwendung unserer Entdeckung anging, ließ sich die Fähigkeit des sonderbaren nicht-materiellen Materials, Energie aufzunehmen, im defensiven Bereich in Form von Panzerung, Schilden, Puffern einsetzen. Wenn es gelang, die Dunkle Materie in größeren Mengen und über größere Entfernungen zu transportieren, konnte man sie in Wolken ausbringen, die beispielsweise Schutz vor Strahlenwaffen böten.
»Diese Finsternis, diese entsetzliche Finsternis!« Ich drehte mein Glas in den Händen und betrachtete die ölige Pfütze synthetischen Whiskys, die träge darin schwappte. »Du kannst dir das nicht vorstellen. Hier draußen ist es taghell, im Vergleich dazu. Vollkommene Dunkelheit. Wenn wir auf der Brücke standen und zum Vorschiff hinaussahen, war der Bug schon von dieser zähen rauchigen Substanz verhüllt.«
»Wie lange wart ihr dort draußen?«, fragte sie vom Tresen her.
»Beinahe einen Monat lang.«
Sie schaltete die Musik auf einen anderen Kanal. Statt jazzigen Saxophongedudels erklangen nun sanfte Streicherklänge. Dann goß sie sich selbst einen Drink ein, eines dieser bonbonbunten Modegetränke, und kam damit an meinen Platz. »Darf ich?«
Ich nickte nur und rückte ihr den gravimetrischen Stuhl aus Korb-Imitat zurecht, ohne von dem tröstenden Glas aufzusehen. Sie nahm Platz, stieß ihren Drink gegen den meinen und schlürfte geräuschvoll den ersten Schluck Grenadine-Cola oder Baccardi maritim. Dann legte sie die Hand auf meinen Unterarm.
»Bist du immer noch beleidigt«, fragte sie mit Schmollmund, »weil ich nicht bemerkt habe, dass du weg warst?«
Die perfekt dargebotene Naivität, mit der sie das vorbrachte, ließ mich wider Willen lächeln.
»Schon gut«, brummte ich. »Was ist denn auch ein Monat!«
Sie tätschelte meinen Handrücken und widmete sich dann wieder ihrem chemischen Cocktail. Die Musik verbreitete eine Aura von Sehnsucht, Melancholie und tropischer Erotik. Ferne Galaxien zogen jenseits der großen Kuppel dahin. Gedämpftes Licht verwandelte die Palmengruppen in grüne Inseln, die in der alles umspülenden Dunkelheit schwebten.
Xanýa hatte das praktische Jahr inzwischen beendet. Sie besuchte die Akademie. In der Sky Lounge bediente sie nur noch am Wochenende und ab und zu einen Abend unter der Woche. Ich hatte meinen jour fixe. Immer am Sonntag Abend ging ich in die Bar, um die Sperrstunde abzuwarten und anschließend noch ein wenig mit ihr zu plaudern. Sie war mittlerweile wie eine Tochter, die mit der Ehrfurcht und der Respektlosigkeit der Jugend zu mir aufsah. Wo ich mich gehen ließ, machte sie mich lächerlich und holte mich mit zärtlicher
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