Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)
Meter hoch waren. Tiefes Schwarz lag in ihrem Grund. Selbst als wir die Scheinwerfer anschalteten und die Aufbauten abtasteten, konnten wir nicht feststellen, ob sie durch Glas oder anderes Material geschützt waren. Unwillkürlich erwartete man, dass Fledermäuse aus ihnen hervorhuschen oder Spinnweben in ihrer Tiefe wehen würden.
»Scheiße, ist das gruselig«, wimmerte Lambert. »Und da wollen Sie einsteigen?«
»Sehr wohl«, sagte ich. »Wir gehen alle zusammen. Sie haben eine Stunde Zeit, sich fertig zu machen.«
Jennifer konnte natürlich nicht an der Messe vorbeigehen, ohne sich einen Aloe Vera-Drink aus der Maschine zu nehmen. Im Vorraum der Schleusenkammer zog sie den Anzug über, wartete aber noch mit dem Schutzhelm und schlürfte an ihrem Getränk.
»Das regt den Geist an und schärft die Sinne«, sagte sie, als sie meinen angewiderten Gesichtsausdruck bemerkte. »Könnte dir auch nichts schaden.«
Ich streifte den Anzug über und ließ mir von ihr dabei helfen, die Handschuhe einzurasten. Währenddessen versuchte ich in ihren Augen zu lesen. Sie hatte den Trotz abgelegt. Die Sticheleien hatten weiter nichts zu besagen. Sie hatte noch zu Protokoll gegeben, dass sie es für riskant hielt, wenn wir alle vier gingen und niemand auf der ENTHYMESIS bleibe, aber das hatte ich nicht geltenlassen. Zu viert waren wir sicherer. Vor allem konnte man sich trennen und das riesige Schiff in Zweierteams erkunden. Wir wurden flexibler und schneller.
Als sie sah, wie ich ihren Blick suchte und zum Reden ansetzte, fing sie an zu lachen.
»Du brauchst nichts sagen«, kicherte sie und nippte an ihrem Becher aus selbsterhitzendem Elastin. »Oh, wie durchschaubar du bist!«
Ich war verstimmt. Sie konnte wirklich nicht wissen, was ich hatte sagen wollen. Ihre folgenden Worte belehrten mich allerdings eines besseren.
»Ich weiß«, grinste sie, »wir sind jetzt aufeinander angewiesen. Der Einstieg ist zwar nicht riskant, aber auch nicht ungefährlich. Private Fehden sind solange beizulegen.«
»Du bist unmöglich«, entfuhr es mir.
»War es das nicht, was du sagen wolltest?« Sie lachte mich jetzt ganz offen aus.
»Jennifer«, sagte ich, »was soll das. Eben machst du uns alle verrückt, als gingen wir dem sicheren Tod entgegen, und jetzt alberst du herum.«
Sie stellte ihren Becher weg und setzte den Helm auf.
»Meine Warnungen wolltest du nicht geltenlassen«, hörte ich ihre Stimme auf der lokalen Kommunikation. »Dann musst du wenigstens meinen Galgenhumor ertragen!« Sie strahlte mich durch das Visier hindurch an. Ich prüfte routinemäßig den Sitz ihres Helmes und die Dichtigkeit ihres gesamten Anzugs. Dann stimmten wir die Kommunikation aufeinander ab. Zum Glück kamen dann auch schon Lambert, die noch einmal die Toilette aufgesucht hatte, und Taylor, der sein MasterBoard rasch reprogrammiert hatte.
Dann rief Jennifer die Automatik der ENTHYMESIS und dirigierte das Schiff bei Kleiner Fahrt an den rätselhaften Tower des fremden Schiffes heran. Die dunkle Brücke wuchs und wuchs, als wir uns auf ihre düsteren Zinnen zuschoben. Wir kletterten in die Schleusenkammer. Und während die Luft abgepumpt und das Außenschott entriegelt wurde, führte Jennifer mündlich die Feinabstimmung durch. Dann traten wir in den freien Raum hinaus. Wir hangelten uns an der Steuerbordreling entlang und gelangten zur hydraulischen Plattform. Die zweimal zwei Meter große Gitterkonstruktion diente bei der Planetenerkundung für Außeneinsätze. Jetzt übernahm Taylor die Steuerung. Wir klinkten uns an das knapp hüfthohe Geländer, da die Plattform nicht über synthetische Schwerkraft verfügte.
Taylor fuhr den Arm langsam aus. Wie auf einer kleinen Tribüne glitten wir auf die Brücke des fremden Schiffes zu. In unserem Rücken schwebte die ENTHYMESIS. Mehr als hundert Meter unter uns sprangen die Decks des Mittelschiffes wie eine gigantische Freitreppe vor.
»Was für ein Anblick«, japste Lambert. Ihr Atem ging schnell. Ich musste sie anweisen, ihren Kanal etwas herunterzuregeln.
Taylor bediente den Ausleger konzentriert. Er brachte uns bis auf wenige Meter an eine der schießschartenartigen Fensteröffnungen heran. Dann signalisierte ein leichtes Schwanken, das die zulässige Länge erreicht war. Wir befanden uns mehr als fünfzig Meter von der Schleusenkammer der ENTHYMESIS entfernt, mir ihr nur noch durch einen armdicken Kran verbunden. Taylor nickte mir zu.
»Okay«, sagte ich, »den Rest müssen wir eben
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