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Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition)

Titel: Museumsschiff (Gaugamela Trilogie) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Falke
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Abwechslung. Die meisten legten sich unter der Hand schon zurecht, wie sie am nächsten Tag an einer der vielen Bars davon erzählen würden. Ertappten sich aber dabei, wie sie in Gedanken schon die Geheimhaltungspflicht verletzt hatten. Sie bissen sich auf die Zunge. Aber so wie sie die MARQUIS DE LAPLACE kannten, würde sich so oder so herumsprechen, was sich zugetragen hatte, und dann würden sie auch beim Bier mit dieser ungewöhnlichen Audienz zur Nachtstunde herausrücken können. Wiszewsky, der dankbar Platz genommen hatte, ließ seinerseits die Blicke von einem der Männer zum anderen schweifen. Er kannte keinen von ihnen. Selbst den Namen des Corporals, der ihn eskortierte, zu behalten fiel ihm schwer. Er bemerkte, dass sie alle ihn schweigend und neugierig ansahen, aber seinen Blicken auswichen, wenn er den ihren begegnete. Einer der Männer bot ihm eine Qat-Zigarette an. Wiszewsky lehnte dankend ab.
    »Was glauben Sie, Sir«, nahm sich endlich einer ein Herz, »wie lange kann es dauern?«
    Wiszewsky zuckte die Achseln. »Die Sonde ist in wenigen Minuten dort. Dann hängt es davon ab, was sie dort vorfindet.« Er rang sich ein gequältes Lächeln ab. Dann glitt sein Blick wieder zum offenstehenden Hangartor. Jenseits des blau flimmernden Kraftfeldes dehnte sich der beinahe sternenlose Raum. In unfassbarer Entfernung standen einige kleinere Nebel reglos an Ort und Stelle.
    Die Zeit verging. Die Männer rauchten und begannen sich flüsternd zu unterhalten. Wiszewsky schwieg, leidend, melancholisch, seinen Gedanken nachhängend. Plötzlich überkam ihn große Angst. Was, wenn nun tatsächlich eine Nachricht einträfe und es eine schlechte wäre? Die Unwissenheit war eine Qual, aber nun tauchte die Möglichkeit einer viel größeren Qual auf. Der Verlust der ENTHYMESIS, der Tod Nortons und der anderen war etwas, das Wiszewsky sich vorzustellen weigerte. Unruhig stand er auf. Das Gemurmel der Männer erstarb augenblicklich. Aber er ging nur ein paar Schritte, um sich Bewegung zu machen, und kehrte dann in den Kreis seiner Techniker zurück. Einer der Männer lief zu dem kleinen Büro und kehrte mit selbsterhitzenden Bechern voller Kaffee zurück. Wiszewsky nahm das dampfende Getränk gerne an. Man fragte ihn, ob man etwas Essbares herbeischaffen solle. Das ließ sich bewerkstelligen, ohne das Inkognito des Kommandanten zu gefährden. Die Wachhabenden ließen sich beinahe jede Nacht etwas kommen. Das ergab manchmal auch die Gelegenheit zu einem Flirt mit dem Mädchen, das die Speisen aus einer der kleinen Bars herüberbrachte. Wiszewsky winkte ab. Stellte es den Leuten aber frei, ihren Gewohnheiten zu folgen. Jetzt wollte aber keiner der erste sein, der dem Hunger und der Langeweile nachgab. Die Stunden rannen dahin. Immer wieder sah Wiszewsky nach der Uhr. Mitternacht war längst vorüber. Was würde geschehen, wenn die Frühschicht anträte, ohne dass Nachricht von der ENTHYMESIS eingetroffen war.
    Die Männer schienen seine Gedankengänge nachzuvollziehen. »Was sollen wir tun, Sir«, fragte einer, ein rothaariger, sommersprossiger Sergeant, »wenn unsere Schicht um ist und die Ablösung eintrifft?«
    »Alles geht seinen geregelten Gang«, sagte Wiszewsky ausweichend. »Nur kein Aufsehen. Wir werden Ihre Nachfolger in Kenntnis setzen und sie anhalten, alles für sich zu behalten, bis ich in einem offiziellen Kommuniqué die Situation erklärt habe.«
    Die Männer nickten und fragten sich, was sich hinter diesem Jargon verbergen mochte.
    Wiszewsky erhob sich wieder, um ein paar Schritte zu gehen. Zufällig war er der einzige, der gerade zum Hangartor hinaussah, als es passierte. Die Männer waren wieder zusammengerückt und hatten sich leise darüber besprochen, wie sie sich nun verhalten sollten. Ein lautes Stöhnen des Commodore ließ sie herumfahren. Der Alte stand, als sei er entrückt, in seinem Nachtrock da, hatte die Hand visionär erhoben und deutete in den leeren Raum hinaus. Vor einem der fernen Nebel hob sich undeutlich ein schwacher Lichtpunkt ab. Die Techniker, seit Jahren mit Sondenexperimenten befasst, wussten sofort, was es war. Dieser bläuliche Schimmer, eine irisierende Lichtscheibe, deren Zentrum ausgespart war, war der Ionenstrahl einer Lambda-Drohne, die direkt auf den Betrachter zukam. Dann wuchs das Geschoss rasch heran, und bald waren seine Umrisse mit bloßen Augen wahrzunehmen. Die Sonde drosselte den Antrieb, zündete die Bremsraketen, ging längsseits und schaltete sich der

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