Muss ich denn schon wieder verreisen?
reimte, brauchte ich mein Taschentuch.
Errötend, doch sichtlich geschmeichelt, nahmen die beiden Damen den aufbrandenden Beifall entgegen. Sie hatten ihn redlich verdient.
Im Hintergrund knallten Korken. Der Barkeeper goß die vor ihm aufgereihten Gläser voll, die Meltzarit verteilte sie. Als jeder eins in der Hand hielt, obwohl niemand Sekt bestellt hatte, stand Uwe auf. »Ich habe auch noch was zu sagen.«
Man hätte die sprichwörtliche Nadel zu Boden fallen hören können, so still war es geworden. »Ja, also ihr habt ja alle mitgekriegt, was mit mir und der Claudia losgewesen ist, aber das ist nun vorbei. Da haben wir uns gedacht, wo wir schon mal hier sind in diesem Land, daß wir uns da auch verloben könnten. Und das wollen wir jetzt tun.« Er zog ein Etui aus seiner Hemdentasche. »Nun gib doch mal deine Hand her!«
Claudia stand auf, und unter allgemeinem Jubel steckte Uwe ihr einen Ring an den Finger. Wo hatte er den bloß so schnell aufgetrieben?
Betti gratulierte als erste. Nein, wie glücklich habe sich doch alles noch gefügt, Gottes Segen auf den weiteren Lebensweg, und wie edelmütig von Uwe, seiner Claudia zu verzeihen. »Wo ist sie denn gewesen?«
Gregor fotografierte das Brautpaar unter besonderer Berücksichtigung des Juwels und sicherte eine Vergrößerung 18 x 24 zu. Heini filmte. Er werde den beiden einen Zusammenschnitt der ganzen Reise kopieren mit der Verlobung als Höhepunkt, versprach er.
»Und du schenkst ihnen dein Buch«, schlug Irene vor. »Welches Buch?«
»Na, irgendwann wirst du diese Reise doch verwerten.« Und dann, etwas lauter: »Glauben Sie nicht auch, Frau Marquardt, daß wir uns alle mal in einem Buch von meiner Freundin wiederfinden werden?«
Sofort fing sie den Ball auf. »Das will ich doch stark hoffen. Neugierig bin ich nur, wer besser darin wegkommt, die Israelis oder wir.«
»Wer schreibt hier Bücher über uns?« Jens hatte nur die Hälfte mitgekriegt.
»Damit muß man rechnen, wenn eine Autorin unter uns ist«, sagte Frau Marquardt.
»Wer soll denn das sein?«
So hatte ich mir die ›Aufklärung‹ allerdings nicht vorgestellt. Zum Glück bemerkte Frau Marquardt, wie wenig begeistert ich von der ganzen Situation war. Sie stand auf. »Darf ich noch ein paar Worte sagen? Danke.« Sie zwinkerte mir zu, bevor sie weitersprach. »Wenn man ganz vorn im Bus sitzt, hört man viel von dem, was weiter hinten geredet wird. Deshalb weiß ich, daß Sie sich häufig über unsere beiden Berlinerinnen den Kopf zerbrochen haben. Mir ist auch nicht entgangen, welche Gerüchte im Umlauf sind. Zum Glück oder auch zu Ihrer aller Pech haben die beiden das ebenfalls gemerkt und den Spieß einfach umgedreht, indem sie die Rollen gespielt haben, die Sie ihnen unterschieben wollten.«
Leises Gemurmel setzte ein, erste Dementis waren zu hören. Frau Marquardt fuhr fort: »Ich kenne Frau Evelyn seit vielen Jahren, beruflich und privat, ich war Gast bei ihr, kenne ihren Mann und ihre Kinder und kann Ihnen versichern, daß sie sehr glücklich verheiratet ist. Daß zwei Frauen, die seit ihrer gemeinsamen Schulzeit befreundet sind, zusammen verreisen, sollte also nicht automatisch zu völlig falschen Rückschlüssen führen!«
Sie trank den bereits lauwarm gewordenen Sekt aus und legte noch einmal los: »Da wir gerade beim Thema sind, möchte ich noch etwas in eigener Sache sagen. Wie Sie vielleicht wissen, bin ich nicht zum erstenmal in Israel. Schon seit meinem ersten Besuch liebe ich dieses Land und nicht zuletzt seine Bewohner, seien es nun Juden oder Araber. Ich habe viele Freunde hier, und wenn ich Freunde sage, dann meine ich nicht nur Männer, sondern in erster Linie ihre Familien. Einige von Ihnen haben es mir verübelt, daß ich mich ein paarmal abends beurlaubt habe. Ich bin Ihnen zwar keine Rechenschaft schuldig, doch wenn Sie das von mir denken, was ich vermute, dann haben Sie sich gründlich geirrt. Ich lebe nämlich in Deutschland, und dort gibt es jemanden, zu dem ich morgen sehr gern zurückkehre. So, und jetzt können wir zum gemütlichen Teil übergehen.« Sie setzte sich und bestellte einen Kognak. »Einen doppelten, bitte!«
So viele Unschuldsbeteuerungen, wie jetzt auf uns einprasselten, hatte ich noch nie auf einmal gehört. Wie seien wir denn nur auf den Gedanken gekommen, daß man in uns etwas anderes gesehen habe als Schulfreundinnen? Zugegeben, man habe sich gewundert, daß wir uns häufig abgesondert hätten, aber Geselligkeit liege eben nicht jedem,
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