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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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besser ausgefallen als befürchtet, und das Abitur war noch in weiter Ferne (»Hast du eine Ahnung, Määm, wie lang ein Jahr ist?«). Im Augenblick interessierte sie nur, ob die Skikanten noch geschliffen werden mußten und wieviel Taschengeld ihr Vater rausrücken würde.
    »Wie kann man bloß auf so ’ne öde Insel wollen, wo überhaupt nichts los ist«, meinte Katja abschätzig. »Wie groß ist die? Dreihundertvierzig Meter lang und hundertzwanzig breit? Hat man früher nicht Lebenslängliche auf derartige Atolle verbannt?«
    Was wußte ich eigentlich über die Malediven? Nur, daß sie im Indischen Ozean liegen, irgendwo südwestlich von Thailand, aus vielen kleinen Inselchen bestehen und immer herhalten müssen, wenn einem in der Fernsehwerbung der Bacardi-Rum schmackhaft gemacht werden soll. Da sieht man dann ein Stück weißen Strand, dahinter hellgrünes Wasser, eine darüberhängende schief gewachsene Palme und drumherum gebräunte, mit winzigen Bikinis bekleidete junge Mädchen, die an ihren Gläsern nuckeln.
    Vom Bikini mal ganz abgesehen, würde ich auch sonst nicht in solch eine Umgebung passen. Auf den Malediven pflegt man dem Tauchsport zu frönen, das ist bekannt. Wer es nicht darauf anlegt, daß ihm Schwimmhäute wachsen, läßt gelegentlich einen Tauchgang ausfallen und übt sich im Surfen. Das sind diese Bügelbretter mit aufsteckbarem Segel, auf denen man so elegant übers Wasser schwebt. Sofern man’s kann. Ungeübte dagegen sind pausenlos damit beschäftigt, das Segel aus dem Wasser zu ziehen, und wenn sie’s geschafft haben, fallen sie auf der anderen Seite selbst rein. Besonders hartnäckige Neulinge erkennt man sofort an den blauen Flecken, gleichmäßig auf beiden Beinen verteilt.
    Wem seine heilen Knochen lieber sind, der geht schnorcheln. Dazu braucht man nur Flossen, die man sich zweckmäßigerweise erst dann anzieht, wenn man schon bis zu den Knien im Wasser steht. Versuche, mit diesen Entenfüßen über den Strand zu laufen, führen bei etwaigen Zuschauern zu Heiterkeitsausbrüchen.
    Ebenfalls erforderlich sind eine überdimensionale Brille, im Fachjargon Maske genannt, sowie ein gebogenes Plastikrohr zum Atmen, der Schnorchel. Sinn des ganzen Unternehmens ist es, bäuchlings auf dem Wasser zu liegen, sich mittels sanfter Flossenschläge vorwärts zu bewegen und durch die bei Untrainierten ewig beschlagene Maske die Unterwasserwelt zu besichtigen. Beachten sollte man allerdings, daß der Schnorchel immer oben rausguckt. Tut er das nicht, hat man den Mund voll Salzwasser und taucht spuckend und japsend schnell wieder auf. Ganz Geübte gehen sogar mehrere Meter in die Tiefe und blasen hinterher den vollgelaufenen Schnorchel aus. Wie sie das machen, weiß ich nicht, bei mir hat das nie geklappt.
    Für sportliche Menschen reicht dieses Freizeitangebot aus; unsportliche, wie ich nun mal einer bin, müssen sehen, wie sie sich beschäftigen. Genaugenommen können sie sich bloß erholen. Dagegen ist im Prinzip nichts einzuwenden, nur hat man nach vier Tagen reiner Erholung und zwei ausgelesenen Wälzern ziemlich schnell die Nase voll. Spätestens dann muß man sich entscheiden, ob man versuchen soll, einen Platz in einem früheren Flieger Richtung Heimat zu kriegen, oder ob man sportlich werden soll. Die dritte Möglichkeit, sich schon gleich nach dem Frühstück an die Bar zu setzen und der Reihe nach die exotischen Getränke durchzuprobieren, wird auf die Dauer zu teuer.
    Von dem, was mich auf dem mir unbekannten Eiland mit dem unaussprechlichen Namen erwartete, wußte ich zum Glück noch nichts, als ich den gerade erst verstauten Koffer wieder vorholte und mit Shorts, kurzärmeligen Blusen und Badesachen vollpackte. Zwei Tage vor dem Abflug kontrollierte ich noch meine Pinnwand, Sammelbecken für Telefonnummern, Rechnungen, Geburtstagsdaten und haufenweise Zettel, zum Teil mit dem roten Vermerk ›Umgehend erledigen!‹. Manche waren schon zwei Monate alt.
    Ganz versteckt, weil bereits im September hingehängt, entdeckte ich eine Notiz: 10. 2. Lesung in M. Heute hatten wir den 9. 2., und übermorgen ging der Flieger! Mein erster Gedanke, der Zettel würde schon seit einem Jahr dort hängen, ich hätte nur vergessen, ihn wegzuwerfen, wurde sofort von dem zweiten Gedanken verdrängt: In M. war ich noch niemals gewesen.
    Ich stürzte zum Telefon. Steffi, zur Zeit mal wieder bei Horst Hermann logierend, hatte schon Urlaub und würde wohl zu Hause sein.
    »Ich wollte dich auch gerade

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