Muss ich denn schon wieder verreisen?
Höhe der Trinkgelder und das Nacktbadeverbot informiert wird. Unsere Mitreisenden waren samt Schlüssel und Handgepäck bereits in ihre Unterkünfte gezogen, während wir noch auf den Manager warten sollten. Er müsse nur sein Telefonat beenden, wurde uns mehr mimisch als akustisch mitgeteilt.
Auf den Malediven spricht man Divehi, ein Idiom, das irgendwo zwischen Arabisch, Suaheli und Balinesisch angesiedelt sein muß. Da ich alle drei Sprachen nicht beherrsche, habe ich unseren Roomboy bis zum letzten Tag nicht verstanden. Es ist nämlich Glückssache, ob man einen Angestellten erwischt, der englisch spricht. Die wenigsten können es, und wenn, dann nur einige Brocken. Die Kommunikation klappt jedoch per Zeichensprache recht gut, und wenn die nicht ausreicht, kann man, je nach Talent, immer noch auf Papier und Bleistift ausweichen. Als ich um einen Adapter für die Steckdose bat, schaute sich der Roomboy mein Gemälde lange an, nickte schließlich und brachte ein nagelneues Feuerzeug.
Der Manager, des Englischen recht gut mächtig, kam mit allen Zeichen des Bedauerns auf uns zu, orderte vorsichtshalber ein weiteres Erfrischungsgetränk und teilte uns mit, daß der für uns vorgesehene Bungalow erst am nächsten Tag frei werde und wir mit einem Ausweichquartier vorliebnehmen müßten. Nur bis morgen, aber es gehe nun mal nicht anders, doch gleich nach dem Frühstück…
»Warum hat der wegen der einen Nacht bloß so ein Theater gemacht?« wunderte sich Steffi, als wir, Schuhe in der Hand, hinter einem Einheimischen durch den Sand trabten. Wenig später wußten wir’s!
So ungefähr müssen unsere Altvordern gehaust haben, kurz nachdem sie das Höhlenstadium hinter sich gebracht hatten. Ein mit dunklem, binsenähnlichem Material verkleideter Raum, zwei winzige Fenster, durch die dank des grünen Gestrüpps davor kaum Licht fiel, an der Wand eine flackernde Neonröhre, die kurz darauf endgültig ihren Geist aufgab, am Kopfende des Doppelbettes eine Leselampe, offenbar maledivischer Heimwerkerkunst zuzuordnen, denn ihr Schirm bestand aus Baumrinde und schluckte den größten Teil des ohnehin kümmerlichen Lichtstrahls. Der Ventilator an der Decke funktionierte nur auf Stufe drei.
Das angrenzende Bad war noch anheimelnder. Neben der Toilette ein wackliges Gestänge (wohl nicht umsonst lag der Schlauch mit dem Duschkopf auf dem Boden), auf der anderen Seite ein Waschbecken von Vogeltränkengröße und darüber eine Art Apothekerschränkchen, das halb aus der Wand fiel, als ich die Tür zu öffnen versuchte.
»Eine reizende Behausung«, stellte Stefanie fest, während sie ihren Koffer aufs Bett wuchtete. Das hätte sie lieber nicht tun sollen, denn es klapperte verdächtig, und dann sanken Koffer samt Matratze bis auf den Sandboden. Eine Inspektion des fraglichen Bereichs offenbarte die geniale Konstruktion der Betten: Einzelne Leisten unterschiedlicher Stärke waren einfach zwischen das Bettgestell geschoben und mit der Matratze bedeckt worden. Unruhige Schläfer mußten damit rechnen, daß sich im Laufe der Nacht die Bretter verschoben oder sogar, wie eben passiert, herausfielen.
»Ist ja nur bis morgen«, sagte Steffi, als mir der Kofferschlüssel runterfiel und ich warten mußte, bis sie die Taschenlampe herausgekramt hatte; die normalen Lichtquellen hatten sich als nicht ausreichend erwiesen.
»Morgen sieht das ganz anders aus«, tröstete ich meine Tochter, die bibbernd unter der Dusche stand und vergeblich auf warmes Wasser wartete; es kam nur ein kalter bräunlicher Strahl heraus, der fürchterlich nach Schwefel stank.
»Ab morgen schlafen wir in richtigen Betten«, versuchte ich mir einzureden, als ich abends die Bretter zurechtrückte, bevor ich mich vorsichtig darauf niederließ. Daß ich trotzdem gut geschlafen habe, mußte wohl an dem vorangegangenen Nachtflug gelegen haben.
Kurz vor dem Mittagessen durften wir umziehen. Schon bei unserem gestrigen Rundgang hatten wir die auf der anderen Inselseite gelegenen Bungalows mit ihren großen Fensterfronten, den Blumenrabatten vor der Terrasse und den sorgfältig geharkten Wegen bewundert. Das Innere übertraf unsere kühnsten Erwartungen. Weiße Fliesen statt Sandboden, Rattanmöbel, eine leise surrende Klimaanlage, Kühlschrank und überall Lampen. Dahinter das großzügig konzipierte Bad mit einer Tür zu einem ummauerten Innenhof, wo Wäscheleinen gespannt waren und sich eine zusätzliche Außendusche befand. Wirklich sehr nobel das Ganze!
Als erstes
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