Muss ich denn schon wieder verreisen?
inspizierte Steffi den Kühlschrank und warf sämtliche Bierdosen sowie die niedlichen kleinen Fläschchen mit ihrem hochprozentigen Inhalt hinaus. Statt dessen orderte sie beim Roomboy Fruchtsäfte, deren Sortiment hauptsächlich aus Guavensaft bestand. Man muß sich daran gewöhnen. Erstaunt war ich nur über die Wodkaflasche, die plötzlich im Kühlschrank lag und vorher nicht dagewesen war. Stefanies Grinsen war Antwort genug.
»Wie hast du die denn durch den Zoll gekriegt?«
»Im Tauchrucksack! Du glaubst gar nicht, was man da alles verstecken kann!« Zum Beweis zog sie aus der einen Flosse ein Glas mit ihrer geliebten Schokoladenpaste, aus der anderen zwei kleine Salamiwürste, in die Füßlinge – ebenfalls ein unerläßliches Taucherutensil – hatte sie Vollkornbrot gestopft sowie ein Glas Bienenhonig.
»Spätestens nach acht Tagen hast du die ewig gleiche Marmelade dick, das Weißbrot sowieso, Wurst gibt’s nicht, und Alkohol ist viel zu teuer.«
»Willst du dich etwa hier im stillen Kämmerlein besaufen?«
»Blödsinn! Aber wenn man abends in der Bar hockt, schmeckt ein Schuß Wodka im Tonicwater sicher ganz gut.«
»Du wirst mir doch nicht erzählen wollen, daß du so einfach mit der Flasche unterm Arm in die Bar spazierst?«
»Natürlich nicht. Das macht man ganz anders.«
Verblüfft sah ich zu, wie sie die einzeln verpackten Kalziumtabletten, Vorbeugung gegen Sonnenallergie, aus dem großen Röhrchen schüttete und in die Schublade legte. »Diese Hülsen sind die beste Tarnung für eingeschmuggelten Alkohol. Ich weiß, wovon ich rede!«
Das war anzunehmen, denn vor zwei Jahren war sie zusammen mit Horst Hermann schon einmal auf den Malediven gewesen, allerdings auf einer anderen Insel. Es gibt ja nur zwölfhundert und ein paar mehr.
Steffis Voraussicht verdient höchstes Lob. Bei mir dauerte es bloß fünf Tage, dann konnte ich die gelbe Marmelade nicht mehr sehen und griff dankbar zum Honig. Brot und Wurst wußte ich in der zweiten Woche zu schätzen, wenn das Mittagessen mal wieder aus Fisch mit Reis bestanden hatte und es am Abend Reis mit Fisch geben würde.
Eins muß man nämlich festhalten, und wohlmeinende Reiseführer weisen sogar darauf hin: Gourmets sollten um die Malediven einen Bogen machen! Nichts gegen Fisch, zumal er garantiert nicht von Käpt’n Iglo stammt, aber an sechs Tagen in der Woche mittags und abends Gräten auf dem Tellerrand ist nicht jedermanns Sache. Hin und wieder variiert die Reisbeilage mit Nudeln, eine Kombination, die jedem europäischen Küchenchef die Haare zu Berge stehen ließe, und die Vitaminspritze in Form von Krautsalat unterscheidet sich eigentlich nur in der Farbe – mal weiß, mal gelb, mal grün, mal rosa.
Jeden Freitag gab es lauwarmen Fischcurry – nicht wegen der Abwechslung, sondern weil man das Zeug schon vorher fertig machen und später aufwärmen kann. Der Freitag ist nämlich der moslemische Sonntag. Von der Kellnerbrigade hatte nur eine Notbesetzung Dienst, weshalb Selfservice angesagt war. Warum man zu diesem Zweck das Büfett vor dem Speisesaal aufgebaut hatte, wo vom Ozean herüber immer ein mehr oder weniger heftiger Wind wehte, habe ich nie begriffen. Da steht man am Ende einer Schlange, und ist man bis zu den großen offenen Schüsseln vorgerückt, sind die warmen Gerichte kalt und die kalten welk geworden.
Es soll auch Inseln mit hervorragender Küche geben, aber das sind vermutlich jene Eilande, auf die man das kleine Schwarze mitnehmen und vor der Abreise seinen Schmuck aus dem Tresor holen muß. Da machte ich dann doch lieber Abstriche beim Essen (es war mein erster Urlaub, bei dem ich nicht zugenommen habe!!!), wenn ich es in Freizeitkleidung einnehmen darf.
Von nun an herrschte bei uns ein minuziös geregelter Tagesablauf, der morgens zwanzig nach sieben mit dem Weckergebimmel begann. Und jedesmal die gleiche Frage: schwimmen oder duschen? Bis zum Meer waren es genau siebzehn Schritte, bis zur Dusche sechs. Außerdem war sie warm! Shorts und T-Shirts an, ab zum Frühstück, immerhin ein Marsch von genau dreihundertvierunddreißig Schritten.
»Ob wir’s heute mal wieder mit einem gekochten Ei versuchen?«
»Hat ja doch keinen Zweck«, entgegnete Steffi. »Bei den Drei-Minuten-Eiern ist das Eiweiß noch flüssig, und das VierMinuten-Ei vorgestern war steinhart.«
»Dann bestellen wir jetzt welche mit dreieinhalb Minuten Kochzeit.«
»Glaubst du, die haben in der Küche eine Uhr mit Sekundenzeiger?«
Es blieb also
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