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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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anderen kommen später.«
    »Also gut«, gestattete ich gnädig, denn mir knurrte ja auch der Magen, »dann gehen wir in den Basar und essen Hummus.«
    »Nein!!! Nicht schon wieder Fast food«, stöhnte Irene.
    Das ist ihr auch erspart geblieben. Statt wie geplant in die Altstadt einzutauchen, sind wir in der Neustadt gelandet, wo wir Lammkoteletts aßen, sündhaft teure Schaufensterauslagen bestaunten und an einem Obststand haufenweise Früchte kauften, deren Namen wir nicht einmal kannten. Sie waren so billig gewesen! Teuer wurde lediglich der Transport, weil die Dinger ziemlich schwer waren und ich schon nach einigen hundert Metern die Schlepperei verweigerte. Aber das Taxi hätten wir sowieso gebraucht. Wir hatten keine Ahnung, wo wir uns befanden, und noch viel weniger wußten wir, wie wir aus diesem verschachtelten Straßengewirr wieder herauskommen sollten. Irgendwie waren wir in das orthodoxe Viertel geraten. »Ich kann mir nicht helfen, aber die sehen hier alle aus wie aus einem vergangenen Jahrhundert.«
    »Diese schwarzen Gestalten werden doch hoffentlich deinen Toleranzspielraum nicht überschreiten?«
    Nachdrücklich schüttelte ich den Kopf. »Schon der olle Fritz hat gesagt, daß jeder nach seiner Fasson selig werden solle, und mir ist es auch egal, woran jemand glaubt, solange er mich nicht dazu bekehren will. Aber diese Orthodoxen machen mir angst. Sie sind es doch, die jeden Versuch torpedieren, mit den Arabern Frieden zu schließen. Verbohrt, uneinsichtig und intolerant. Und dann nimm Menachem. Der ist auch Jude, aber kannst du ihn dir mit Kaftan und Peies vorstellen?«
    Bei diesem Versuch brachen wir in schallendes Gelächter aus, und sofort drehte sich alles nach uns um. »Bloß weg hier!« Irene beschleunigte den Schritt. »Die denken doch jetzt, wir hätten über sie gelacht.«
    Unter Hinterlassung zweier tomatenähnlicher Früchte mit Stacheln dran, die ich bei unserer Flucht verloren hatte, hetzten wir das Gäßchen entlang, kreuzten ein zweites und befanden uns endlich auf einem Platz, wo ein einsames Taxi vor sich hin döste. Zwanzig Minuten später waren wir im Hotel.
    Schon im Foyer fiel mir die in knisternden Taft gewickelte Betti auf, doch mißtrauisch wurde ich erst, als der Fahrstuhl unseren Österreicher ausspuckte. Gregor trug einen dunklen Anzug.
    »Ist jemand gestorben?« fragte ich sofort.
    Er grinste. »Nach dem Abendessen fahren wir ins King David.«
    »Sehr schön. Und was ist das bitte? Oper? Konzertsaal? Folkloreschuppen?«
    »Das größte, bekannteste und luxuriöseste Hotel von Jerusalem. Behauptet jedenfalls Frau Marquardt. Also schmeißt euch gefälligst in Schale!«
    »Hab’ keine mit«, sagte Irene nach kurzem Überlegen. »Warum sollen wir überhaupt von einem Hotel in ein anderes gehen? Nur, um auf Plüsch zu sitzen statt auf Plastik und für einen Drink das Dreifache zu zahlen?«
    »Ihr müßt ja nicht mit. Bleibt doch ruhig hier in unserem gemütlichen Wartesaal.«
    Das wollten wir nun doch nicht. Also Bügeleisen raus, die noch am wenigsten strapazierte Hose aufgedämpft, den kleinen Fleck auf der Bluse entfernt, mit fünf Stichen Irenes abgerissenen Knopf angenäht, Make-up ins Gesicht, mit zwei Tempotüchern die Schuhe geputzt – hohe Absätze würden besser passen, hatte ich aber nicht mit –, ein bißchen Spray in die Haare, nützte sowieso nicht viel, fertig.
    Trotzdem kam ich mir vor wie eine arme Verwandte, als ich unsere aufgeputzten Mitreisenden an der Tafel sitzen sah – vom Cocktailkleid (Frau Terjung) bis zum goldenen Abendpullover (Claudia) war alles vertreten, was die bundesdeutsche Konfektion unter dem Oberbegriff Abendgarderobe zu bieten hatte.
    »Wie aus’m Katalog für Übergrößen«, flüsterte Irene. »Bis auf wenige Ausnahmen haben doch alle ein paar Kilo zuviel drauf.«
    »Wer im Glashaus sitzt…«
    »Weiß ich ja«, räumte sie ein, »aber wenigstens stehe ich dazu und zwänge mich nicht in eine Wurschtpelle. Wenn Betti zu tief Luft holt, platzt die Seitennaht.«
    Sie behielt recht. Zwar hatten Bettis Nähte gehalten, doch die übrigen Prophezeiungen stimmten. Ich saß auf schwellenden Polstern, bekam mein Glas von einem befrackten Kellner auf silbernem Tablett serviert, durfte dem gedämpft spielenden Bartrio lauschen und zahlte für das ganze Spektakel mehr als in den Vier Jahreszeiten in München. Ohne Trinkgeld! Und ohne Eiswürfel im Campari!

9
    »Zieh dir bequeme Latschen an, und steck Heftpflaster ein«, empfahl Irene, »wir

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