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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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sie’s sogar schun mit dene Schwarze! I dät mi jo än de Bode noischäme.«
    Dieser Meinung waren auch die Lodenschwestern, woraufhin man beschloß, Frau Marquardt mit Verachtung zu strafen. Nur über das Wie herrschte Uneinigkeit, letztendlich wurde sie ja noch gebraucht. Während des Einbaggerns in den Bus zog ich sie zur Seite. »Hätten Sie Ihren Bekannten nicht besser vor der Tür verabschiedet? Jetzt zerreißen sich alle ihre Mäuler, und man kann’s ihnen nicht mal übelnehmen.«
    »Weiß ich«, meinte sie trocken, »war auch beabsichtigt. Ich kenne Yussif seit Jahren. Er ist mit einer Freundin von mir verheiratet und Vater von zwei entzückenden Kindern. Bei meinem letzten Besuch hatte ich versprochen, ein paar deutsche Bücher mitzubringen, und die habe ich gestern abgeliefert. Vorhin hat er mich schnell hergefahren, weil mal wieder kein Taxi zu kriegen war. Das ist alles.«
    Ich glaubte ihr das unbesehen, doch: »Das wissen Sie, und das weiß ich jetzt. Vielleicht sollten Sie unsere Klatschmäuler auch mal aufklären!«
    »Das kommt noch!« versprach sie lachend. »Am letzten Abend werden die sich noch alle wundern. Aber da wir gerade beim Thema sind, was macht denn Ihr Liebesleben???«
    »Wir üben noch! Außerdem vergessen wir meistens, was wir unserem Ruf schuldig sind.«
    In Anbetracht des heutigen Programms hatten sich alle sittsam bekleidet, Röcke statt Shorts und bedeckte Blusen statt luftiger Fummel. Auch Uwe hatte seine auf Knielänge gestutzten Jeans gegen lange ausgewechselt. Obenherum trug er ein recht wild gemustertes Hemd und darüber ein fingerdickes Goldkettchen. Sogar seinen Nackenspoiler hatte er mit einer Portion Gel in die richtige Form gebracht.
    Nun weiß ich nicht, ob man jeden Bonn-Besucher durch den Plenarsaal schleift, damit er jene Stätte bestaunen kann, an der Politik gemacht wird. In Jerusalem muß man in die Knesset, und dort steht man dann vor der fünf Meter hohen Menora, jenem siebenarmigen Leuchter, dem Symbol des Staates Israel. Etwas länger hält man sich vor den riesigen Wandteppichen auf, die nach Entwürfen von Chagall angefertigt worden sind. Eigenartigerweise finden in dieser Eingangshalle auch gelegentlich Staatsbankette statt; ob wegen des medienwirksamen Hintergrundes oder aus Mangel an anderen repräsentativen Stätten, habe ich nicht herausbekommen.
    In unmittelbarer Nähe der Knesset liegt das Israel-Museum.Über seine Schätze kann ich nichts sagen, weil ich nicht drin gewesen bin. Museen gibt es überall, eine so faszinierende Stadt wie Jerusalem findet man nicht so häufig, weshalb also sollte ich unsere ohnehin recht karg bemessene Freizeit mit der Besichtigung von jüdischen Kultgegenständen und archäologischen Ausgrabungen vergeuden? Ganz abgesehen davon, daß ich von dieser Materie viel zuwenig verstehe.
    Etwas anderes ist es mit dem ›Schrein des Buches‹, jenem Teil des Museums, in dem die berühmten Schriftrollen vom Toten Meer aufbewahrt werden. Man kennt ja die Geschichte, die in den sechziger Jahren nicht nur Altertumsforscher, sondern die ganze theologische Welt in helle Aufregung versetzt hatte. Auf der Suche nach einer verirrten Ziege hatten Hirtenjungen in einer Höhle Tonkrüge mit jahrhundertealten Schriftrollen gefunden.
    Schon von außen wird deutlich, was einen im Innern erwartet: Der ›Schrein des Buches‹ ist nämlich diesen Krügen nachgebildet, und bereits von weitem erkennt man die weiße Kuppel, die den Deckeln jener Krüge gleicht. Betritt man das Gebäude, so umfängt einen künstliches Licht und andachtsvolle Stille. Hinter schußsicherem Glas neben Thermometer und Feuchtigkeitsbehälter sind sie zu besichtigen, die kostbaren Hinterlassenschaften längst verblichener Schriftgelehrter. Mürbe gewordene Aufzeichnungen, zum Teil nur noch aus Fragmenten bestehend, zum Teil vollständig erhalten, unlesbar für einen normalen Sterblichen, doch ungeheuer beeindruckend.
    »Und was wird man in zweitausend Jahren von unserer Kultur ausbuddeln?« murmelte Irene. »’ne Cola-Reklame und die Bildzeitung.«
    Vor dem Gebäude hatte sich bereits der ganze Trupp zusammengefunden, wo er von unseren Fotografen in Position gebracht wurde. Die übliche Gruppenaufnahme war angesagt. Das Ganze bitte etwas mehr nach links, sonst wird die Kuppel verdeckt. Erst knipste Alberto, dann tauschte er seinen Platz mit Heini, und als Anneliese fertig war, wollte Betti noch – niemand bemerkte Gregor, der sich seitwärts postiert hatte und den ganzen

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