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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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gern verzichten. Leider hat mein Nachwuchs für beides ein ausgezeichnetes Gedächtnis. Zu meinem Fünfzigsten hatte mir Sascha ein silbernes Feuerzeug geschenkt mit der Zusage, zum Sechzigsten bekäme ich eins in Gold. Jetzt fängt er schon an zu sparen.«
    »Wird auch höchste Zeit«, meinte Irene trocken.
    »Manchmal kannst du richtig ekelhaft sein!«
    »Take it easy, oder weißt du nicht, daß wahre Jugend eine Eigenschaft ist, die man erst mit den Jahren erwirbt?«
    »Dann bin ich noch nicht alt genug«, sagte ich beruhigt. »Mach das Licht aus! Wenn sonst schon nichts hilft, sollten wir es mal mit acht Stunden Schönheitsschlaf versuchen.«

11
    So ausgeruht wie am nächsten Morgen waren wir schon lange nicht mehr gewesen. Entsprechend unternehmungslustig betraten wir den Frühstücksraum – natürlich Hand in Hand –, in dem Frau Marquardt gerade Freiwillige für einen Fußmarsch suchte. Wer Lust habe, könne mit ihr durchs Wadi el-Kelt wandern, angeblich ein unvergeßliches Erlebnis, und später werde man mit dem Rest der Gruppe wieder zusammenstoßen.
    In Jericho.
    »Sollä mä bis do no etwa laafe?«
    Natürlich nicht. Wir würden alle zusammen bis zum Wadi fahren, und erst dort werde man sich trennen.
    »Was isch des überhaupt, än Wadi?«
    »Das ist ein ausgetrocknetes Flußbett«, sagte ich sofort. Immerhin hatte ich so zwischen zwölf und vierzehn meine Karl-May-Phase gehabt, hatte mich – zumindest theoretisch – in den Rocky Mountains besser ausgekannt als in der oberrheinischen Tiefebene und wußte deshalb auch, was ein Wadi ist. Es soll also niemand sagen, Karl May sei nicht bildend!
    »Na, Herrschaften, wer von Ihnen hat denn sportliche Ambitionen?«
    Offenbar niemand, denn alle schwiegen. Vorsichtshalber sah ich Irene an, doch die schüttelte den Kopf. »Feigling!« raunte ich ihr zu.
    »Selber einer!« kam es halblaut zurück. »Du hast dich ja auch nicht gemeldet.«
    »Das hat seinen guten Grund. Wenn ich sportlich werde, geht immer was schief. Meine Nachbarin hat mich mal mitgeschleppt zum Aerobic-Training, so nach dem Motto: Einmal pro Woche Muskelkater ist gesund. War ja auch ganz lustig, aber nach der dritten Stunde habe ich das Training wegen einer gebrochenen Zehe wieder aufgegeben.«
    »Ach nee! Davon hast du nie etwas erzählt. Ist sie wenigstens wieder richtig zusammengewachsen?«
    »Keine Ahnung. Es ist ja nicht meine gewesen.«
    »Will denn wirklich niemand mitkommen?« hakte Frau Marquardt nach.
    Ein Finger hob sich. Es war der von Betti. »Wie lange werden wir unterwegs sein?«
    »Ungefähr zwei Stunden.«
    »Dann komme ich mit. Und du auch, Uwe!« bestimmte sie kategorisch. »Ein bißchen Abwechslung tut dir gut.«
    Der sitzengelassene Uwe sah aber gar nicht so aus, als ob er Abwechslung brauchte. Die hatte er vermutlich schon in der vergangenen Nacht gehabt, als er mit den Yuppies losgezogen war. So grunzte er nur ein »Hab’ keine Lust« in sein Müsli, wurde jedoch sofort von Betti abgeschmettert. »Wenn ich mit meinen zweiundfünfzig Jahren vor einem kleinen Spaziergang nicht zurückscheue, dann wirst du das wohl auch noch schaffen.«
    Nun fühlte sich Herr Terjung an seiner Ehre gepackt. Selbstverständlich würde er sich anschließen, desgleichen seine Gattin. Sein schmerzlicher Gesichtsausdruck sagte mir, daß die Gattin von diesem Vorschlag nicht angetan war. Fußtritte ans Schienbein können ziemlich weh tun. Ich weiß das, weil wir zu Hause des öfteren Skat spielen.
    Als wir eine halbe Stunde später in den Bus kletterten, hatte sich die Zahl der Wüstenwanderer verdoppelt. Als letzter hatte sich noch Heini gemeldet, obwohl Ännchen entschieden dagegen war. »Du fährsch mit mir! Des dät noch fehle, daß du äm End än Hitzschlag kriegsch, und i ko sehe, wie i di donn hoimbring.«
    Zum erstenmal widersetzte sich Heini. »Ich habe schon als Kind davon geträumt, einmal durch die Sahara zu fahren, doch da werde ich wohl nie hinkommen.«
    »Wüschde isch Wüschde, und mir fahre jo a durch.«
    »Ich will aber laufen!« beharrte Heini.
    Die wiederauferstandene, Pfefferminztee trinkende und Zwieback kauende Hanni klinkte sich ganz aus. Es gehe ihr zwar schon besser, aber sie wolle sich doch noch etwas schonen.
    Der Gustl solle ruhig mitfahren. Der Gustl wollte aber nicht. So wünschten wir der Rekonvaleszentin weiterhin gute Besserung und versprachen als Mitbringsel eigenhändig gepflückte Orangen. Jericho war eine Oase, und da Karl May seinen Kara Ben Nemsi Efendi in

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