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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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paßt sich hervorragend der Wüstenlandschaft an. Man sollte die Architekten mal an Spaniens Küsten schicken, bevor die alle restlos verschandelt sind.
    Wieder hinein in die Wüste. Im Verhältnis zur Sahara ist der Negev gar nicht so groß, und trotzdem nahm er kein Ende. »Weißt du, wie viele Quadratkilometer dieser Sandkasten hat?«
    Keine Antwort. Irene schlief. Gustl und Hanni ebenfalls. Hinter mir schnarchte Gregor. Bevor ich selbst eindöste, hoffte ich nur, daß Shimon von der so abrupt ausgebrochenen Schlafkrankheit nicht auch angesteckt würde.
    Aufgeweckt wurde ich durch das euphorische Geheul diverser Katzen, die offenbar über eine Flasche Baldrian hergefallen waren. Richtig wach, merkte ich endlich, daß Shimon das Radio auf volle Lautstärke gedreht und wohl einen arabischen Sender erwischt hatte. Der Erfolg war durchschlagend. »Stell sofort das Gejaule ab!« war noch die gemäßigte Form des fünfundzwanzigstimmigen Protests.
    »Ich habe immer geglaubt, deine Geigenübungen seien nicht zu überbieten.« Diese nicht gerade schmeichelhafte Bemerkung sollte wohl nur Susanne Terjung hören, doch das Radio war verstummt, und nun vernahmen wir sie alle.
    »Ach, wie interessant«, sagte Anneliese sofort. »Sie spielen Geige? Ein herrliches Instrument.«
    Wenn man’s kann! Nicht umsonst hatten wir mal Wand an Wand mit einem Geigenkünstler gewohnt. Solange er flotte Weisen für das nachmittägliche Kurkonzert geübt hatte, ließ sich das Gefiedel noch ertragen; schlimm war es erst geworden, wenn er komponierte. Eine moderne Oper sollte es werden, denn seine damalige Gespielin hatte gerade mit Gesangsunterricht begonnen. Da die Dame den Komponisten nach einem halben Jahr vor die Tür gesetzt hatte, ist es wohl diesem Umstand zu verdanken, daß das bedeutende Werk nie fertig geworden ist.
    »Wie lange spielen Sie denn schon?« bohrte Anneliese weiter. »Nur für den Hausgebrauch, oder planen Sie auch öffentliche Konzerte?«
    Susanne war Mitte Vierzig, also in einem Alter, in dem Solisten umgekehrt zu ihrem steigenden Einkommen die Zahl ihrer Auftritte allmählich vermindern. Die Frage schien Frau Terjung auch etwas peinlich zu sein. »Ich spiele nur zu meinem Vergnügen.«
    »Wenn sie Geige spielt, kocht sie wenigstens nicht.« Das waren Herrn Terjungs letzte Worte nicht nur in dieser Angelegenheit, sondern für den Rest des Tages. Seine Frau redete nicht mehr mit ihm, und kaum im Hotel angekommen, verzog sich Harald mit einer Flasche Hochprozentigem aufs Zimmer, aus dem er erst am nächsten Morgen ziemlich verkatert wieder auftauchte. Betti hatte umsonst auf der Lauer gelegen, der erwartete Ehekrach hatte wegen Volltrunkenheit des männlichen Parts nicht stattgefunden.
    Noch einmal würden wir in einem Kibbuz übernachten, in der Nähe von Arad, hatte Frau Marquardt gesagt, also beinahe mitten in der Wüste. Und bitte sparsam mit dem kostbaren Wasser umgehen, vielleicht sogar auf die morgendliche Dusche verzichten, die könnten wir beim Bad im Toten Meer nachholen. Möglichst früh schlafen gehen sollten wir auch, denn wir würden bereits um fünf Uhr geweckt werden. Warum? Um den Sonnenaufgang zu erleben.
    »So früh geht die doch noch gar nicht auf«, sagte Jens nach einem Blick auf seine Uhr. Er trug nämlich einen sehr komplizierten Chronometer am Arm, mit dem er nicht nur auf hundert Meter Wassertiefe zu gehen vermochte, was ohnehin kein normaler Mensch tut, sondern auch alle möglichen Daten ermitteln konnte, die vielleicht für Börsenmakler oder Piloten nützlich sind, sonst aber niemanden interessieren. Als ich ihn mal nach der Uhrzeit gefragt hatte, weil meine Zwiebel (noch mit Rädchen zum Aufziehen!) stehengeblieben war, hatte Jens erst mehrere Knöpfchen drücken müssen. Er hatte noch die Konstellation der Mondphasen über Hawaii eingestellt gehabt oder etwas ähnlich Wissenswertes.
    Was an einem Sonnenaufgang in der Wüste so besonders sein sollte, konnte ich mir zwar nicht vorstellen, aber wenn wir dazu mitten in der Nacht aus den Betten gescheucht wurden, mußte wohl doch etwas dran sein.
    »Kriege mä denn scho so frieh ebbes zum Friehstick?«
    Das werde sie noch abklären, versprach Frau Marquardt, vermutlich bekämen wir Lunchpakete mit, dann fände das Frühstück in Form eines Picknicks auf der Masada statt.
    »Uf dä… wo?«
    Seitdem sich sogar Hollywood dieser Festung angenommen und einen Monumentalschinken über den heldenhaften Widerstand der Zeloten gegen die Römer gedreht

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