Muss ich denn schon wieder verreisen?
links abgebogen sind.« Folglich schwenkten wir nach rechts. Das war falsch, denn da gab es keine Andenkenläden. Shimon glaubte sich zu erinnern, daß hinter dem Parkplatz eine Kirche gewesen sei, und erntete lautes Gelächter. »Hättste dir nicht was anderes merken können?«
Der dritte Wuschel war endlich der richtige. Wir fanden ihn auch nur deshalb, weil sich der Rest unserer Gruppe um den abgeschlossenen Bus verteilt hatte und nach seinem verschwundenen Fahrer Ausschau hielt. Heini hatte sogar sein Fernglas herausgeholt. Entdeckt hat er uns trotzdem nicht, er stand auf der falschen Seite.
Das nächste Ziel hieß Hebron. In die Stadt durften wir zwar hineinfahren, jedoch nicht aussteigen. Zu riskant. Die offene Feindseligkeit zwischen Juden und Arabern mache nicht einmal mehr vor Touristen halt, erklärte Menachem, weshalb es wohl besser sei, gleich weiterzufahren.
»Isaak und Jakob und Abraham und Rebekka …«
»Was ist mit denen?«
»Moment mal, ich kriege sie noch zusammen.« Irene lehnte sich zurück und schloß die Augen. Das tut sie immer, wenn sie nachdenkt. Manchmal ist sie darüber auch schon eingeschlafen.
»Jetzt hab’ ich’s. Sarah und Lea!«
»Ja und?« Doch dann ahnte ich, weshalb sie die ganzen Namen herunterleierte. »Wirst du etwa noch mal Oma???« Aller guten Dinge sind drei, zweimal hatte sie es schon zu großmütterlichen Würden gebracht. »Das sind zwar wunderschöne biblische Namen, doch Abraham würde ich meinen Enkel trotzdem nicht nennen«, überlegte ich laut. »Isaak auch nicht. Stell dir mal vor, wie der arme Kerl in der Schule gehänselt würde. Aber Lea ist hübsch. Vielleicht wird’s ja ein Mädchen.«
Nun war sie es, die mich verdutzt ansah. »Du sitzt mal wieder im völlig falschen Zug. Abraham und die anderen sind hier begraben.«
»Wo?«
»In Hebron.«
Egal, wir waren sowieso schon wieder draußen aus der Stadt.
»Weißt du wenigstens, wer Isaak gewesen ist?« forschte sie nach.
»Jawohl, das war Abrahams Sohn!« Er kommt nämlich oft im Kreuzworträtsel vor. Und die anderen gehörten auch zur Familie. Hoffte ich wenigstens, ganz sicher war ich mir nicht.
Shimon kurvte schon wieder auf einen Parkplatz. Nanu? Keine Synagoge zu sehen, keine Moschee, nicht mal eine Kapelle, nur ein langgestreckter Betonschuppen, der wie eine Fabrikhalle aussah. »Gibt es hier auch schon Autobahnkirchen?« Ich war mal an einer vorbeigekommen, die große Ähnlichkeit mit einem Container gehabt hatte, und hätte ich nicht das Hinweisschild gesehen, dann hätte ich mich vermutlich nur gewundert, weshalb man Asylbewerber mitten in die Pampa setzt.
Doch das hier war wirklich eine Fabrik, und zwar eine Glasbläserei. Endlich mal etwas anderes! Mit Juhu stürmten wir in die Halle, und als wir nach einer guten halben Stunde wieder herauskamen, waren wir alle mehr oder weniger pleite.
Wie wir unsere Ausbeute heil nach Hause bringen würden, war eine Frage, über die sich zu diesem Zeitpunkt noch niemand den Kopf zerbrach.
Mir hatten es am meisten die Vasen angetan. Nicht nur, daß sie ganz moderne Formen hatten, es gab sie auch in allen Farben. Am besten gefielen mir die blauen und die burgunderroten; wenn man sie gegen das Licht hielt, schimmerten sie wie Edelsteine. Glaube ich wenigstens, einen anderthalb Kilo schweren Rubin habe ich noch nie gesehen.
Irene deckte sich mit Kerzenleuchtern ein. Grüne hatte sie noch nicht, also gleich vier Stück bitte, und einen von den roten. Oder doch zwei? Einer allein sieht immer aus wie gewollt und nicht gekonnt. Und dann entdeckte sie die blauen Körbe, besser gesagt, die Körbe mit den blauen Anhängseln. Hauchdünne Kugeln in allen Größen, tropfenförmige Gebilde, aneinandergefügte Stäbchen, wie Windharfen klingelnd, ovale Formen, Glöckchen – in jedem Korb lagen andere Figuren. Irene erbat sich einen Pappkarton und packte ein. Hinterher ging der Deckel nicht mehr zu. »In diesem Jahr spendiere ich mir eine Weißtanne. Kein Lametta, nur Kerzen und diesen blauen Krimskrams. Kannst du dir das vorstellen?«
Doch, das konnte ich. Aber genausogut konnte ich mir vorstellen, daß unter dem Baum außer abgefallenen Nadeln nichts weiter liegen würde. In Berlin ist es anders als bei uns auf dem Land, wo man den Förster persönlich kennt. Für eine mickrige Fichte zahlt man dort ein kleines Vermögen, für ein zweieinhalb Meter hohes Edelgewächs ein großes.
»Man gönnt sich ja sonst nichts«, verteidigte Irene ihren Wunschtraum. »Weder
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