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Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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wir in den Sitzen, als der Bus plötzlich langsam fuhr und dann stehenblieb. Doch nicht etwa eine echte Panne? Nein, wir hielten nur auf einer kleinen Anhöhe und sollten alle mal nach vorne gucken. »Wenn es hell wäre, könnten Sie jetzt einen ersten Blick auf die Wüstenfestung werfen. Wir sind zwar noch ungefähr zehn Kilometer entfernt, doch schon von hier aus wirkt die Masada einfach grandios! «
    Dabei war überhaupt nichts zu sehen. Rabenschwarze Finsternis rundherum und sonst nichts als Sand, soweit die Scheinwerfer reichten. »Nette Gegend«, meinte denn auch Gustl. »Wecken Sie uns lieber, wenn wir was sehen können und nicht, wenn wir würden!«
    Zehn Kilometer Wegstrecke sind zum Schlafen zu kurz. Das fand auch Anneliese und zog noch einmal im Frühtau zu Berge. Waltraud fiel ein, Betti ebenfalls, und zuletzt sang sogar Susanne mit. Es klang recht dünn, hielt uns aber wach. So waren wir halbwegs munter, als Shimon auf den großen, jetzt noch menschenleeren Parkplatz fuhr.
    »Vergessen Sie Ihre Lunchpakete nicht!« erinnerte Frau Marquardt.
    »Nun müssen wir die dämlichen Tüten auch noch den Berg raufschleppen«, moserte Jens. »Hat überhaupt mal jemand nachgesehen, was da eigentlich drin ist?«
    Niemand hatte. »Mit Kaviardosen und Gänseleberpastete brauchst du gar nicht zu rechnen«, rief Gustl. »Du wirst dir schon keinen Bruch heben.«
    In der hereinbrechenden Dämmerung konnten wir nun wenigstens die Umrisse des Berges erkennen und einen Teil der Rampe, die es zu besteigen galt. »Ganz schön steil«, meinte Irene denn auch, während Herr Terjung zusammen mit Gustl statische Berechnungen anstellte und zu dem Schluß kam, daß es schon vor zweitausend Jahren bemerkenswert gute Mathematiker gegeben hatte. »Irgendwie müssen die den Weg doch abgestützt haben, sonst wäre ihnen ja seitwärts alles abgerutscht.«
    Mir egal! Wenn diese verflixte Rampe so lange gehalten hatte, würde sie nicht gerade heute zusammenbrechen.
    Je weiter wir aufwärts stiegen, desto schweigsamer wurden wir: »… achtundneunzig, neunundneunzig, hundert!« Keuchend blieb Waltraud neben mir stehen. »Ein Viertel haben wir hinter uns.«
    Ich sah zurück »Das sind knapp fünfzig Meter, also bestenfalls ein Neuntel. Das dicke Ende kommt erst noch!«
    Alberto und der Huber-Sepp waren schon oben, als wir noch auf halber Höhe herumkraxelten, doch geschafft haben wir es alle.
    Als erstes sah ich die Sonne, schon ein ganzes Stück über dem Horizont aufgestiegen, als zweites das Tote Meer und als drittes Steine, überall Steine, die von den bis auf die Grundmauern zerfallenen Gebäuden stammten. Sie erinnerten mich an die Keller zerbombter Häuser, wie ich sie in Berlin zu Tausenden gesehen hatte.
    »Jetzt sind wir doch ein bißchen zu spät dran«, stellte Frau Marquardt bedauernd fest, »die Sonne ist schon da. Ich hoffe trotzdem, daß Sie den Aufstieg nicht bereuen. Ist der Blick von hier oben nicht einmalig schön?«
    Das war er wirklich. Rechts und links von uns ragten Bergstümpfe empor, die alle aussahen, als hätte ihnen ein Riese die Gipfel abgeschlagen. Unzählige Höhlen durchlöcherten die schroffen rotgrauen Felswände.
    »Mei, is dös schön hier heroben.« Richtig andächtig klang Sepps Stimme. »Da hat sich der Herodes den besten Platz vom ganzen Land ausg’sucht.«
    Unter Menachems fachkundiger Führung begannen wir mit dem Rundgang, stolperten über Steine, wischten uns den Sand aus den Augen, denn inzwischen hatte der Wind eingesetzt, ließen uns erklären, welchem Zweck die noch erstaunlich gut erhaltenen langgestreckten Steinhäuser gedient (es waren Vorratsschuppen gewesen) und wo einmal die Paläste gestanden hatten. Und da zwischen all den Ruinen unverhofft ein modernes Gebäude. 00 stand dran.
    Die eigentliche Festung hatte sich an der Nordspitze des Plateaus befunden, an einem Punkt, von dem aus man den besten Blick über Inland und Küste hat. Kein Feind hätte sich unbemerkt nähern können. Und trotzdem waren sie gekommen, nicht einzeln, sondern eine ganze Heerschar. Sieht man genau hin, kann man tief unten sogar noch die quadratischen Überreste ehemaliger römischer Lager ausmachen.
    »Wie mögen sich die Eingeschlossenen hier oben gefühlt haben, wenn sie hilflos zusehen mußten, wie die Rampe immer weiter in die Höhe wuchs? Sie haben sich doch ausrechnen können, wann die ersten Römer über die Mauer klettern würden.«
    »Wie hast du dich denn gefühlt, liebe Irene, als du im Keller gesessen

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