Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Muss ich denn schon wieder verreisen?

Muss ich denn schon wieder verreisen?

Titel: Muss ich denn schon wieder verreisen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
habe ich mir in Jerusalem die Seide gekauft noch die Kette, und das Kamel habe ich auch nicht bestiegen. Irgend etwas muß ich doch mitnehmen dürfen.«
    »Und was ist mit den Ablegern?«
    »Die zählen nicht, die waren gratis.«
    Wieviel sie am Ende für die ganzen Spielereien gezahlt hat, weiß ich nicht und will’s auch lieber nicht wissen, ich fand schon die Vasen ziemlich teuer. Die Folgekosten sind noch höher. Osterglocken und Tulpen bekommt man relativ preiswert, allerdings nur im Frühling. Aber wo kriegt man im Winter gelbe Blumen her? Die sehen in der blauen Vase nämlich am schönsten aus. Rosa und weiß geht auch noch, nur kann ich Nelken nicht ausstehen, und Lilien gehören auf den Friedhof, wo man sie ja auch meistens findet.
    Noch im Bus ging die erste Schale zu Bruch. Verena hatte das Zeitungspapierknäuel vom Sitz gefegt, ohne zu ahnen, daß Waltraud es soeben dort abgelegt hatte. Die nächsten Scherben gab es vor dem Schnellimbiß.
    Zu fast jeder Reisegruppe gehören immer zwei oder drei Personen, die ohne geregelte Nahrungszufuhr ihr baldiges Ableben befürchten. Zwar haben sie ausgiebig gefrühstückt, tragen auch stets eine eiserne Ration in Form von Keksen und/oder Obst mit sich herum, gar nicht zu reden von zwei bis vier Tafeln Schokolade, doch ab zwölf Uhr mittags schreien sie nach richtiger Nahrung, und eine halbe Stunde später behaupten sie, die ersten Anzeichen eines Hungerödems zu spüren. Außerdem werden sie zusehends mürrischer, so daß im Interesse der Mitreisenden die nächste Raststätte auch die beste ist. Was in den seltensten Fällen stimmt.
    Bei uns gehörte Heini zu den ewig Hungrigen. Und Ännchen, angeblich nur auf das Wohlbefinden ihres Mannes bedacht und trotzdem ständig kauend. Sie stand auch als erste auf, es knackte verdächtig, dann waren aus dem schönen grünen Obstteller vier kleine geworden. Ännchen hatte ihn unter ihren Sitz geschoben und war draufgetreten.
    »Nur gud, daß i glei zwei gäkaaft hab’. Jetzt kriegt doi Schwester zu Weihnachde ewe doch den silberne Bilderrohme, wo ma die Fraa Gutzeit zum Gäbordsdag g’schenkt hot. Du weisch doch, Hoini, den wo wir koi bassendes Foto däfor hewe.«
    Der Schnellimbiß hielt, was er versprach, denn wir brauchten nicht auf das Essen zu warten. Es wartete schon auf uns. Und das bereits ziemlich lange. Die Salatblätter waren welk geworden, das Gemüse lauwarm, und was sonst noch geboten wurde, sah auch nicht viel besser aus. Doch wir hatten ja Irenes Obsttüte aus Jericho, deren Inhalt wir redlich mit Hanni und Gustl teilten. Er verfügte sogar über das nötige Handwerkszeug, um den Kaktusfrüchten beizukommen.
    »Tragen Sie diese Wundertasche immer mit sich herum?«
    »Erst, seitdem ich Verena den Splitter aus dem Fuß gezogen und Frau Terjungs Absatz repariert habe.« Er reichte mir ein sorgfältig geschältes oranges Bällchen. »Gar nicht zu reden von Roberts Sonnenbrille. Ohne diese verspiegelten Scheuklappen fühlt er sich ja nicht angezogen.«
    Vollgepumpt mit Vitaminen und entschlossen, die Wüste nunmehr schlafend zu durchqueren, kletterten wir wieder in den Bus. Frau Marquardt zählte. Seitdem wir Betti einmal zurückgelassen und ihr Fehlen erst nach zehn Kilometern bemerkt hatten, baute sich unsere Reiseleiterin immer neben der Tür auf und kontrollierte die Einsteigenden. »Dreiundzwanzig, vierundzwanzig – da fehlt doch schon wieder einer!«
    Kurze Überprüfung der bereits belegten Sitze. Niemand vermißte seinen Nachbarn. »Sie haben sich bestimmt verzählt«, meinte Waltraud und fing von vorn an. Sie kam auch bloß bis vierundzwanzig. »Haben Sie sich denn selbst mitgerechnet?«
    »Ich bin ja hier«, sagte Frau Marquardt trocken.
    »Und Menachem?«
    »Was gibt’s?« tönte es von draußen, wo der Gesuchte noch mit Shimon palaverte.
    Frau Marquardt hatte gerade angefangen, uns namentlich aufzurufen, als Verena sich meldete. »Gregor ist noch nicht da.«
    Der Schuldige war ermittelt, jetzt mußte er nur noch gefunden werden. Das schaffte eine Ziege. Sie stöberte ihn hinter einem Busch auf, wo sie ungeachtet des menschlichen Hindernisses zwischen dessen ausgestreckten Beinen nach Futter suchte. Wir hörten einen Schrei, dann tauchte Gregor, barfuß über die Steine hoppelnd, endlich auf.
    »Ich hab’ nix gehört«, entschuldigte er sich. »Gestern abend hab’ ich eine Schlaftablette genommen, die wirkt wohl immer noch. Habt ihr mich lange gesucht?« Er schlappte noch mal zurück, um seine

Weitere Kostenlose Bücher