Mustererkennung
Zustand.« Er kneift ein Auge zusammen, wartet auf ihre Reaktion.
»Wirklich wunderschön«, sagt sie, nachdem ihr seine Offerte endlich den Kontext zu diesem absurden Dialog geliefert hat: Diese Männer sind Händler, und sie sind hier, um diese Dinger zu verkaufen. »Aber ich wüßte nicht, was ich damit anfangen sollte.«
»Hast mich umsonst antanzen lassen, du blöde Fotze«, faucht der graue Mann, während er sich das Ding schnappt, aber Cayce ist klar, daß seine Wut dem Schwarzen gilt. Der Graugesichtige sieht jetzt aus wie das furchterregende Porträt von Samuel Beckett auf einem Buch, das sie auf dem College besessen hat. Er hat schwarz geränderte Fingernägel und an den langen Fingern orangebraune Nikotinflecken. Er wendet sich samt der Rechenmaschine ab, beugt sich über den offenen Kofferraum und geht grimmig daran, die schwarzen, granaten—förmigen Geräte wieder einzupacken.
»Hobbs«, sagt der Schwarze seufzend, »du hast keine Geduld.
Sie wird schon kommen. Bitte warte noch.«
»Arschloch«, sagt Hobbs, wenn er denn so heißt, macht einen Karton zu und breitet mit einer geübten, merkwürdig fürsorglichen Bewegung den alten Pullover darüber, wie eine Mutter, die ihr schlafendes Kind zudeckt. Er knallt den Koffer-raumdeckel zu und rüttelt daran, um zu prüfen, ob er auch wirklich zu ist. »Stiehlst mir die Zeit …« Er reißt die Fahrertür auf, die markerschüttend quietscht.
Sie sieht dreckige, mausgraue Sitzpolster und einen überquellenden Aschenbecher, der wie eine kleine Schublade aus dem Armaturenbrett ragt.
»Sie kommt noch, Hobbs«, protestiert der Schwarze nicht sehr energisch.
Der, den sie Hobbs nennen, faltet sich hinters Steuer, knallt die Tür zu und starrt sie durch das schmierige Seitenfenster finster an. Der Motor springt mit asthmatischem Röcheln an, und der Mann knallt, noch immer grimmig funkelnd, den Gang rein und fährt los, Richtung Portobello Road. An der nächsten Ecke biegt der Wagen rechts ab und ist verschwunden.
»Der Typ ist echt ‘ne Strafe«, sagt der Schwarze. »Wenn sie jetzt kommt, was soll ich ihr sagen?« Er wendet sich Cayce zu.
»Er ist enttäuscht. Er hat gedacht, Sie sind sie.«
»Wer sie?«
»Die Käuferin. Im Auftrag von einem japanischen Sammler«, sagt der Blonde zu Cayce. »Ist nicht deine Schuld.« Er hat diese geraden Wangenknochen, die sie für typisch slawisch hält, das dazugehörige offene Gesicht und einen Akzent, wie ihn Leute haben, die ihr Englisch zwar im Lande gelernt haben, aber noch nicht sehr gründlich. »Ngemi«, sagt er und zeigt auf den Schwarzen, »ist bloß sauer.«
»Tja, dann«, sagt Cayce. »Tschüs.« Sie geht los, Richtung Portobello. Aus einer grünlackierten Tür tritt eine ältere Frau in schwarzen Lederjeans, einen Hund an der Leine. Cayce ist, als hätte das Auftauchen dieser Notting-Hill-Matrone einen Bann gebrochen. Sie geht schneller.
Hört aber gleich darauf Schritte hinter sich. Und sieht, als sie sich umdreht, daß der blonde Bursche mit der flappenden Postbotentasche hinter ihr herrennt.
Der Schwarze ist nirgends zu entdecken.
»Ich gehe mit dir, bitte«, sagt er, als er sie eingeholt hat, und lächelt dabei, als wäre es ihm ein Vergnügen, ihr diesen Gefallen zu erweisen. »Ich heiße Voytek Biroshak.«
»Nennt mich Ismael«, sagt sie im Weitergehen, ohne zu wissen, warum.
»Eine Mädchenname?« Wie ein eifriges Hündchen an ihrer Seite. Von einer komischen, nerdigen Unschuld, die sie irgendwie akzeptieren kann.
»Nein. Ich heiße Cayce.«
» Case? «
»Eigentlich«, hört sie sich erklären, »müßte man es ›Cay-cie‹
aussprechen, wie den Nachnamen des Mannes, nach dem mich meine Mutter genannt hat. Aber ich tu’s nicht.«
»Wer ist Cay-cie?«
»Edgar Cayce, der ›schlafende Prophet‹ von Virginia Beach.«
»Warum hat gemacht deine Mutter?«
»Weil sie eine Exzentrikerin aus Virginia ist. Sie war, ehrlich gesagt, nie bereit, darüber zu reden.« Was stimmt.
»Und du? Was hier machen?«
»Zum Markt. Du?« Noch immer im Gehen.
»Auch.«
»Wer waren diese Männer?«
»Ngemi verkauft mir ZX 81.«
»Was ist das?«
»Sinclair ZX 81. Computer, PC, circa 1980. In Amerika ent—spricht Timex 1000.«
»Ngemi ist der Kräftige?«
»Handelt in alte Computer, historische Rechenmaschinen, seit 1997. Hat Laden in Bermondsey.«
»Dein Partner?«
»Nein. War Verabredung.« Er klopft leicht auf die Postbotentasche, und drinnen klappert Plastik. »ZX 81.«
»Aber er war hier, um
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