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Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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ganzen Sache ihr Werkzeug war, weiß, was sie vorhat und für wen sie arbeitet.
    »Was ist?« Boone, der im schummrigen Gang neben ihr steht. Sein schwarzes T-Shirt und die Augenbinde, die ihm um den Hals hängt, wecken bizarre Assoziationen an einen Prie-sterkragen. Ein kleiner Streifen weißes Papier, und die Maske-rade wäre perfekt: der junge Priester mit leicht schlafverquolle-nen Augen.
    Sie stellt ihren Sitz aufrecht, und Boone faltet sich auf das Besucherplätzchen zu ihren Füßen. Sie reicht ihm das iBook.
    »Taki war echt begeistert von dem Foto. Er konnte nicht warten, bis er zu Hause war. Mußte in zwei InternetCafés Station machen, um ihr zu mailen. Als er dann nach Hause kam, hat er ihr das hier geschickt.«
    »Sind das hundertfünfunddreißig Stück?« Er zeigt auf die Nummern.
    »Ich habe nicht nachgezählt, aber anscheinend ja. Die Zahl, die Taki mir gegeben hat, steht so ziemlich am unteren Ende des T.«
    »Sieht aus, als ob jeder Ort einem Segment des Videomaterials entspräche. Nicht gerade die übliche Art, eine virtuelle Welt zu kartieren. Nicht, wenn man häufig mit dem Kartieren von virtuellen Welten zu tun hat.«
    »Und wenn nicht?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Wenn man sich einfach nur unterwegs ein Verfahren aus—denkt? Warum sollten wir davon ausgehen, daß der Filmemacher sich mit dem auskennt, was er da macht?«
    »Wir könnten genausogut davon ausgehen, daß er sich damit auskennt, es aber einfach auf seine Art macht. Die Leute, die diese phantastischen ersten Nintendo-Spiele entworfen haben, haben sie auf lange Papierrollen gezeichnet. Es gab noch keine bessere Methode, und man konnte das Ganze abrollen und die Bewegungen genau sehen. Die Geographie des Spiels war zwei—dimensional, es rollte auf dem Bildschirm ab …« Er verstummt, hat die Brauen zusammengezogen.
    »Was ist?«
    Er schüttelt den Kopf. »Ich muß noch eine Runde schlafen.«
    Er steht auf, reicht ihr das iBook und setzt sich wieder auf seinen eigenen Platz.
    Sie starrt auf das jpeg, das warme iBook auf dem Schoß, und fragt sich, was sie machen soll, wenn sie in Heathrow sind. Die neuen Schlüssel zu Damiens Wohnung sind in ihrer Stasi-Mappe, in der Luggage-Label-Tasche. Eigentlich möchte sie dort hin, wenn auch der Restschmerz in ihrem Vorderkopf einige Bedenken weckt.
    Könnte sich in der Zwischenzeit jemand an den Schlössern zu schaffen gemacht haben? Sie hat nur eine vage Ahnung, wer in den anderen beiden Wohnungen wohnt, aber auf jeden Fall scheinen diese Leute regelmäßig zur Arbeit zu gehen. Ein Einbrecher könnte tagsüber unbemerkt ins Haus gelangt sein und, auf welche Art auch immer, die Wohnungstür geöffnet haben.
    Aber ihre einzige Alternative ist ein Londoner Hotel, und selbst wenn Blue Ant die Rechnung übernähme, sie hat einfach die Nase voll von Hotels. Also wird sie nach Camden fahren.
    Mit dem Heathrow Express bis Paddington, dann mit dem Taxi weiter. Nachdem das entschieden ist, schließt sie Takis jpeg, packt das iBook weg und stellt den Sitz wieder auf Liegeposition.
     
    Als sie die Einreisekontrolle passiert haben, steht da Bigend, das einzig lächelnde Gesicht in einer Traube mürrischer Abholer mit handgeschriebenen Pappschildern. Auf Bigends Schild steht in breiter roter Filzstiftschrift »Pollard & Chu«.
    Er scheint wirklich zu viele Zähne zu haben. Der Stetson sitzt zu gerade auf seinem Kopf, und er trägt den Regenmantel vom letzten Mal.
    »Hier entlang, bitte.« Er besteht darauf, Boone den Gepäckkarren abzunehmen, und sie folgen ihm nach draußen, vorbei an der Taxischlange und an frisch gelandeten Menschen, die sich dankbar hustend die erste Zigarette reinziehen. Sie sieht den Hummer an einer Stelle stehen, wo man garantiert nie und nimmer parken darf, und wartet, während Bigend und Boone die quadratischen Hecktüren öffnen und ihr Gepäck einladen.
    Bigend hält ihr die Beifahrertür auf. Boone steigt hinter ihr ein.
    Sie sieht zu, wie Bigend seinen riesigen Plastikparkausweis zusammenklappt.
    »Sie hätten uns doch nicht abzuholen brauchen, Hubertus«, sagt sie, weil sie das Gefühl hat, etwas sagen zu müssen, und weil es nur allzu wahr ist. Daß Bigend sie abholt, ist erstens oberlästig und zweitens ein Übergriff. Obwohl in ihrem Portemonnaie, wie sie sich in Erinnerung ruft, Bigends Kreditkarte steckt.
    »Wo denken Sie hin«, sagt Bigend zweideutig, während er anfährt. »Ich möchte alles ganz genau hören.«
    Und dieser Wunsch wird ihm erfüllt, größtenteils

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