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Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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ihrem Handy gespeichert. »Damit ich weiß, daß alles okay ist.«
    »Mache ich«, sagt sie und kommt sich idiotisch vor. Sie schließt die Haustür auf, bringt ein Lächeln zustande und geht rein.
    Auf dem Treppenabsatz sieht sie, daß die Zeitschriftenbündel entsorgt worden sind und mit ihnen der schwarze Müllsack.
    Sie ist schon fast an Damiens Tür, den zweiten deutschen Schlüssel in Bereitschaft, als sie bemerkt, daß Licht durch die Türritze dringt.
    Sie steht da, den Schlüssel in der einen Hand, ihre Tasche in der anderen, und hört Stimmen. Eine davon ist Damiens.
    Sie klopft an.
    Eine junge Frau, größer als sie, öffnet die Tür. Riesige korn-blumenblaue Augen, leicht schräg über enormen Wangenknochen sitzend, mustern sie kalt. »Ja? Was wünschen Sie?« fragt die Blonde auf eine Art, die Cayce für einen Bühnenakzent, etwas komisch Gemeintes hält, doch als sich der Mund der Frau mit der perfekt konturierten, ungemein vollen Unterlippe zu einer Grimasse des Abscheus verzieht, wird ihr klar, daß dem nicht so ist.
    Damien, mit nachwachsendem Stoppelhaar und im ersten Moment nicht wiederzuerkennen, taucht hinter der Frau mit den Überwangenknochen auf, drückt neckisch ihre Schultern und grinst Cayce über die eine an.
    »Das ist Cayce, Marina. Eine Freundin von mir. Wo in aller Welt hast du gesteckt, Cayce?«
    »Tokio. Ich wußte nicht, daß du wieder da bist. Ich gehe in ein Hotel.«
    Aber davon will Damien nichts hören.
     
    21

DIE TOTEN ERINNERN SICH
    Marina Schtscheglowa, seine russische Line Producerin, wie Cayce schnell mitkriegt, ist nicht die erste von Damiens Freundinnen, bei der sie auf sofortiges Mißfallen stößt. Beim Anblick der Robotermädchen an der Wand fällt ihr vor allem eine ein, nämlich die, die für diese entzückenden Torsi Modell gestanden hat und mit Abstand die gemeinste war – bis jetzt zumindest.
    Glücklicherweise werden Marina und sie ziemlich schnell
    gesprächstechnisch getrennt, erstens durch Voytek, dessen Anwesenheit Cayce zunächst mal als eine Funktion des Großen Wasauchimmer des multiplen Megajetlags akzeptiert, und
    zweitens durch Fergal Collins, Damiens irischen Finanz-und Steuerberater, den Cayce von verschiedenen früheren Begeg—nungen her kennt. Voytek schwallt la Schtscheglowa gleich wieder mit irgendwelchem Zeug voll, was er offenbar bereits getan hatte, bevor Cayce auf der Bildfläche erschienen war, das Ganze in einer Sprache, die Cayce für Russisch hält, und in einem Tempo und mit einer Geläufigkeit und Sicherheit, die mit dem, was er auf englisch von sich gibt, überhaupt nicht zu vergleichen sind. Marina scheint das nicht besonders zu gefallen, aber weghören kann sie offenbar auch nicht.
    Voytek hat wie üblich sein verwaistes Skater-Outfit an, und was Marina trägt, scheint, auch wenn Cayce es sich nicht eingestehen möchte, der neue Prada-Exclusive-Look zu sein, alles schwarz. Gegen ihre Wangenknochen sieht Voyteks Gesicht eher unslawisch aus. Man könnte echt denken, sie hat noch ein Reserveset hinter dem ersten; irgendwie kaukasisch in einem urzeitlichen, beinah schon geologischen Sinne.
    Sie sieht aus wie einer Fortsetzung von Matrix entsprungen, befindet Cayce, wenn sie nicht so kleine Titten hätte, könnte sie es glatt bis auf die Covers von diesen Rollenspielspielen für pubertierende Knaben aller Altersstufen schaffen.
    Fergal, ein als Kunst-Nerd verkleideter Geschäftsmann von der fröhlich-fleischfressenden Sorte, arbeitet meistens in der Musikbranche, war aber schon für Damien tätig, als der und Cayce sich kennenlernten. »Und wie sieht’s aus in Tokio nach den Abwertungen?« fragt er und läßt sich neben ihr auf Damiens brauner Couch nieder.
    »Eigentlich wie immer, bloß noch ein bißchen mehr«, erwidert Cayce in Anlehnung an einen Ausspruch von Dwight David Eisenhower, auf den sie mitunter zurückgreift, wenn ihr sonst nichts einfällt. »Sorry, Fergal, ich war ja kaum dort. Hat Damien seinen Film fertig?«
    »Wollte Gott, es wäre so, leider nein. Er muß mal wieder Geldgeber finden, drei neue Kameras auftreiben und noch ein paar zusätzliche Leute, und außerdem«, er senkt ein wenig die Stimme, »hatte Madame wohl Lust, sich mal die Hauptstadt anzusehen.«
    »Sie ist seine Line Producerin?«
    »Wir nennen sie so, aber eigentlich ist ihr Job eher postsowjetisch. Sie ist das Blat-Girl.«
    »Das was?«
    »Blat. Was die alten Männer hierzulande Vitamin B nennen, glaube ich. Sie hat Beziehungen, die liebe Marina. Ihr

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