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Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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DAS
    RÄTSEL
     
    Der Mann vom Nachtsicherheitsdienst ihres Hotels sieht aus wie eine jüngere, etwas unnahbarere Ausgabe von Beat Takeshi, dem japanischen Schaupieler, auf dessen existentielle Gangster-filme zwei ihrer Ex-Freunde standen. Grimmig aufrecht, in einen engen, makellos schwarzen Blazer geknöpft, eskortiert er sie zum Aufzug und nach oben zu ihrem Zimmer.
    Sie hat an der Rezeption gesagt, sie habe ihre Schließkarte im Zimmer liegenlassen, deshalb begleitet sie jetzt dieser strenge Mensch, der seinen Passepartoutschlüssel, einen richtigen Metallschlüssel an einer soliden Gürtelkette, hervorzieht und ihr die Tür aufschließt. Er öffnet, macht Licht und bedeutet Cayce, einzutreten.
    »Danke. Noch einen Augenblick bitte, bis ich meine Schließ-
    karte gefunden habe.« Die steckt in Wirklichkeit in der Tasche der Rickson, um im rechten Moment unauffällig hervorgezau-bert zu werden, aber Cayce kontrolliert Bad und Wandschrank, guckt hinter die mächtigen schwarzen Möbel, bemerkt dann eine große graue Tragetasche mit dem Blue-Ant-Logo am Fußende ihres Bettes. Sie kniet sich hin, um unters Bett zu gucken, merkt, daß es kein Bett ist, wo man druntergucken kann, und richtet sich wieder auf, die Schließkarte in der Hand.
    »Ich hab sie. Vielen Dank.«
    Er verbeugt sich, geht hinaus und macht die Tür hinter sich zu. Sie schließt ab und legt die Kette vor. Sicherheitshalber wuchtet sie den mächtigen schwarzen Sessel so dicht an die Tür, daß diese nur noch einen Spalt aufgeht. Vom Schieben schmerzt ihr der Nacken. Sie widersteht dem Drang, sich dort im Sessel zusammenzurollen und wegzusacken. Statt dessen geht sie wieder ans Bett und guckt in die Blue-Ant-Tüte. Darin steckt, sorgsam in schwarzes Seidenpapier eingeschlagen, eine ungetragene schwarze Rickson MA-1. Cayce kommt es vor, als wäre seit heute morgen eine Ewigkeit vergangen.
    Sie registriert den Tigerbalsam-Geruch, der von ihrer eigenen Rickson ausgeht. Stopft die neue wieder in die Tüte, nimmt die Luggage-Label-Tasche ab und zieht sich aus.
    Im klinisch hellen Badezimmerspiegel wirkt ihre Stirn nur leicht verfärbt. Die Überbleibsel der Beauty-Brain- Aktion haben jetzt Ähnlichkeit mit den ersten Versuchen eines Leichenbestat-terlehrlings. Sie packt ein Stück Seife aus, ermahnt sich, nicht das Hotel-Shampoo zu benutzen, das garantiert den falschen pH-Wert für Gaijin-Haar hat, denkt daran, Takis Zahl sorgfältig von ihrer Handfläche auf einen Park-Hyatt-Notizblock abzu-schreiben, und verschwindet in der Glasduschkabine, die unge-fähr so groß ist wie die Küche von Boones Freundin in Hongo.
    Als sie fertig ist und sich jetzt wesentlich sauberer, wenn auch nicht weniger erschöpft fühlt, wickelt sie sich in einen Frotteebademantel, geht die Zimmerservice-Karte durch und entscheidet sich für eine kleine Pizza und dazu eine Portion Kartoffelbrei. Nicht-japanisches Trost-Food.
    Die Pizza entpuppt sich als sehr gut, wenngleich sehr japanisch, aber der Kartoffelbrei ist einfach umwerfend, genau wie die Rickson das Super-Imitat eines westlichen Klassikers. Au-
    ßerdem hat sie noch zwei Flaschen Bikkle geordert, und als sie den Kartoffelbrei aufgegessen hat, öffnet sie die zweite.
    Sie muß ihre Mails checken. Sie muß mit Pamela Mainwaring telefonieren, um so schnell wie möglich von hier wegzu—kommen. Und sie sollte dringend Parkaboy anrufen.
    Sie kippt das Bikkle hinunter und stöpselt ihr iBook in den Internetzugang des Zimmers.
    Eine Mail. Als diese in ihrem Posteingang erscheint, sieht Cayce, daß sie von Parkaboy ist.
    Rätsel über Rätsel.
    Sie macht sie auf. Ein Attachment namens RR.jpg.
     
    Wer andere plagt, hat selbst keine Ruhe. Nachdem er uns, oder vielmehr Keiko, von zwei verschiedenen InternetCafés aus gemailt hatte, schickte Taki, sobald er zu Hause war, die angehängte Datei.
     
    Sie klickt auf das jpeg.
    Ein Plan. Ein kaputtes T mit einem Straßennetz und darü-
    berliegenden Zahlenketten. Es erinnert sie an den Knochen eines T-Bone-Steaks, wobei der senkrechte Teil nach unten ungleichmäßig spitz zuläuft und der linke waagrechte Teil verstümmelt ist. Innerhalb dieser Form liegen Avenues, Plätze, Rondells, ein langgezogenes Rechteck, das einen Park suggeriert. Der Hintergrund ist hellblau, der TKnochen grau, die Linien sind schwarz, die Zahlen rot.
     
    Wenn Taki bisher granatenmäßig verknallt war,
    ist er jetzt granatenmäßig scharf. Oder vielleicht auch andersrum. Jedenfalls hat er uns in seinem neuen

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