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Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Vater war Direktor einer Aluminiumfabrik, in der guten alten Zeit. Und als die Bude privatisiert wurde, war er sogar plötzlich der Besitzer. Und das ist er nach wie vor, und außerdem hat er auch noch eine Brauerei und eine Handelsbank. Die Brauerei ist ein Geschenk des Himmels. Die haben uns vom ersten Drehtag an ganze LKW-Ladungen Bier an den Set gekarrt. Was Damien zu einem ordentlichen Popularitätsschub verholten hat, mal ganz abgesehen davon, daß die Typen sonst Wodka getrunken hätten.«
    »Waren Sie dort?«
    »Einen Nachmittag.« Er zuckt.
    »Und wie ist es?«
    »Irgendwie so ein Zwischending aus dreimonatigem 1968er
    Rockkonzert, öffentlicher Massenveranstaltung von Grabplün—derern und Apocalypse Now. Echt schwer zu sagen, aber das ist natürlich gerade der Kick für unseren Süßen hier. Kennen Sie diesen Polen da drüben?«
    »Voytek.«
    »Wer ist das?«
    »Ein Künstler. Ich hab hier gewohnt, und als ich nach Tokio mußte, hab ich die Schlüssel bei ihm hinterlegt.«
    »Der Typ kann Marina in ihrer Muttersprache beschäftigen, womit er sie uns zwar vom Halse hält, aber glauben Sie, er versucht sie anzubaggern?«
    »Nein«, sagt Cayce, die sieht, wie Voytek grade eins von seinen Notizbüchern aus seiner Postbotentasche kramt, »er versucht ihr Geld für ein Projekt aus dem Kreuz zu leiern.« Marina winkt ab und geht ins Schlafzimmer, zieht die Tür hinter sich zu. Voytek kommt rüber zur Couch, lächelnd, in einer Hand das Notizbuch, in der anderen eine Flasche Bier. »Casey, wo du gewesen?«
    »Weg. Kennst du Fergal schon?«
    »Ja!« Er setzt sich auf die Couch. »Damien ruft mich an von Flughafen, sagt wir hier treffen für Schlüssel und Tandoori und Bier. Diese Producerin, Marina, sehr interessant. Hat Verbindungen zu Galerie in Moskau.«
    »Du kannst Russisch?«
    »Klar. Magda dort geboren. Ich selbst – Polen. Unser Vater Moskau, Bauingenieur. Polen ich gar keine Erinnerung.«
    »Gott«, schreit Damien aus der Küche, »dieses Khoorma,
    einfach himmlisch!«
    »Entschuldigung«, sagt Cayce und steht auf. Sie geht in die gelbe Küche und findet Damien starr vor Entzücken vor einem halben Dutzend Alu-Assietten, die allesamt geöffnet auf der Theke stehen.
    »Endlich mal kein scheiß Eintopf«, sagt Damien. »Bei den Grabungen hatten wir andauernd nur Eintopf. Keine Kühlmöglichkeiten. Eintopf, der zwei Monate vor sich hingeköchelt hat.
    Undefinierbare Fleischbrocken und gekochte Kartoffeln in so ‘ner komischen grauen Bisto-Instantbrühe. Und Brot dazu. Das russische Brot ist hervorragend, aber dieses Khoorma hier –«
    Sie umarmt ihn. »Damien, ich kann nicht hierbleiben.«
    »Jetzt sei doch nicht albern.«
    »Nein, deine Freundin ist total sauer, daß ich hier bin.«
    Damien grient. »Unsinn. Das ist ihr Default Setting. Mit dir hat das überhaupt nichts zu tun.«
    »In der Wahl deiner Beziehungen bist du ja anscheinend
    nicht sehr viel weiter gekommen, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben, oder?«
    »Ohne sie kann ich den Film nicht machen.«
    »Meinst du nicht, es wäre einfacher, wenn du nicht auch
    noch eine Beziehung mit ihr hättest?«
    »Nein. Ganz im Gegenteil. Marina ist halt wie sie ist. Wann kommst du?«
    »Wohin?«
    »Zum Grabungsort. Du mußt dir das unbedingt ansehen.
    Das ist einfach irre.«
    Berge von grauen Knochen. »Ich kann nicht, Damien. Ich
    arbeite.«
    »Wieder für Blue Ant? Hattest du nicht letztens gesagt, das ist abgeschlossen? Als du mir wegen der Schlüssel gemailt hast?«
    »Diesmal dreht sich’s um was anderes.«
    »Aber du bist gerade aus Tokio eingeschwebt. Und jetzt bist du hier, und da oben ist ein Bett, und ich bin morgen früh wieder da. Wenn du ins Hotel gehst, sehen wir uns doch
    überhaupt nicht mehr. Los, geh rauf, schlaf, wenn du kannst, das mit Marina, das regle ich schon.« Er lächelt. »Darin hab ich Übung.«
    Auf einmal findet sie es wirklich viel zu kompliziert, ein Hotelzimmer zu suchen und sich dann auch noch dorthin begeben zu müssen. »Überredet. Ich bin hundemüde. Aber wenn du zurückfliegst nach Rußland, ohne mich zu wecken, dann bring ich dich um.«
    »Geh rauf und leg dich hin. Wo hast du eigentlich diesen Voytek aufgegabelt?«
    »Portobello Road.«
    »Der gefällt mir.«
    Cayces Beine fühlen sich an, als ob es gar nicht ihre sind. Sie wird ein ernstes Wörtchen mit ihnen reden müssen, damit sie sie die Treppe hoch tragen. »Der ist harmlos«, sagt sie und überlegt, wie sie das meint, und dann geht sie rasch ihre Tasche

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