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Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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hat,
    also gibt es ja vielleicht einen Punkt, in dem
    wir uns da doch nicht ganz so uneinig sind.
    Ich weiß nicht. Das einzige, was ich weiß,
    ist, daß ich mich allmählich an den Gedanken
    gewöhne, daß er wirklich nicht mehr da ist,
    und die Versicherungsgeschichten und die Rente
    und das alles, das ist für mich einfach büro—
    kratischer Kram. Ich wünschte, wir hätten es
    schon hinter uns, aber manchmal zweifle ich
    daran, daß wir das alles jemals hinter uns
    haben werden. Sei’s drum, ich schreibe auch,
    um dir zu sagen, daß ich heute abend nach
    Moskau fliege, in der bereits erwähnten geschäftlichen Angelegenheit. Merkwürdig, endlich dorthin zu kommen, wohin Dad so oft geflogen ist, als ich noch klein war. Ich hatte immer das Gefühl, das ist gar kein realer Ort,
    sondern eher ein Märchen, das Wasauchimmer, wo
    er herkam, wenn er diese bemalten Holzeier
    mitbrachte und seine Geschichten. Ich weiß
    noch, wie er mir erzählt hat, es gehe einfach
    darum, die Leute einigermaßen in Schach zu
    halten, bis es Unruhen geben würde, weil sie
    nichts zu essen kriegten, und ich kann mich
    noch erinnern, wie ich ihn daran erinnert
    habe, als dann alles anders kam und es doch
    keine Lebensmittelaufstände gab. Und da hat er
    gesagt, die Beatles haben die Leute fertiggemacht, und darum waren die Lebensmittelaufstände dann gar nicht mehr nötig. Die Beatles und daß sie ihr eigenes Vietnam verloren hatten. So, ich muß los, ich fliege ab Heathrow.
    Ich freue mich, daß du bei Rose of the World
    bist, weil ich weiß, daß du dich dort wohl—
    fühlst. Danke, daß du dich gemeldet hast, und
    ich will versuchen, mich in dem Punkt ebenfalls zu bessern.
    Love, Cayce
     
    Ich hätte nie gedacht, daß ich dir irgendwann
    mal schreiben würde, um dir das hier zu berichten, aber kann sein, daß ich ihn gefunden habe. Genauer gesagt, kann sein, daß ich eine
    Mail von ihm habe, auf die ich gerade antworten will. Ich bin in Heathrow, warte auf den Nachtflug nach Moskau, Ankunft morgen 5 Uhr
    30. Er sagt, daß er dort ist. Ich habe jemanden gefunden, der etwas mit dieser Zahl von Taki anfangen konnte, frag mich nicht, wie (es
    ist jedenfalls viel besser, wenn wir das nicht
    so genau wissen), und mir eine Mail-Adresse
    besorgt hat. Ich hab was Bizarres gemacht. Hab
    mich in einen Park gesetzt und angefangen, ihm
    einen Brief zu schreiben, aber einen, den ich
    natürlich niemals abschicken wollte. So ungefähr wie wenn man an Gott schreibt, bloß daß ich eben die Adresse hatte und sie eingesetzt
    habe, und dann muß ich die Mail wohl abgeschickt haben. Ich wollte das nicht, ich hab nicht mal gemerkt, wie es passiert ist, aber
    die Mail ist gesendet worden. Noch nicht mal
    eine halbe Stunde später kam die Antwort. Da
    stand, er ist in Moskau. Hör zu, ich weiß, daß
    du ALLES wissen willst, aber mehr war eigentlich nicht, in der Antwort stand auch nicht viel drin, und kopieren möchte ich sie dir
    nicht, jedenfalls nicht auf diesem Wege. Die
    Art und Weise, wie ich an die Adresse gekommen
    bin, hat mir klar gemacht, daß im Grunde
    nichts von alledem, was wir hier treiben,
    wirklich privat ist, und das Letzte, was ich
    möchte, besonders im Moment, ist Aufmerksamkeit erregen. Also, hab Nachsicht mit mir, Parkaboy, gedulde dich, weitere Enthüllungen
    folgen. Vielleicht kommt sogar alles ans
    Licht. Wie auch immer, könnte jedenfalls sein,
    daß ich morgen Bescheid weiß, und dann rufe
    ich dich an. Irgendwo muß ich ja schließlich
    loswerden, was ich an Infos aufgetan habe. Ob
    ich aufgeregt bin? Ich glaube schon, komisch,
    ich kann es gar nicht richtig sagen. Irgendwie
    weiß ich selber nicht, ob ich kreischen oder
    mir in die Hose scheißen soll.
     
    Hallo! Danke für die Antwort. Ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll, aber ich freue mich, daß Sie geantwortet haben, und bin aufgeregt. Sie sind in Moskau? Ich werde morgen in Moskau sein, geschäftlich. Mein Name ist
    Cayce Pollard. Ich werde im Hotel Präsident
    wohnen, falls Sie mich dort anrufen möchten.
    Aber Sie können mir auch mailen. Ich hoffen
    Sie tun es. Grüße , CayceP
     
    Als sie die Reiseflughöhe erreicht haben, liest sie sich diese drei Mails noch mal auf ihrem iBook durch, sie möchte nicht dar-
    über nachdenken, wie sie sich fühlen wird, morgen oder übermorgen oder überübermorgen, wenn sie auf die letzte keine Antwort kriegt. Was sie durchaus für möglich hält.
    Rußland. Rußland reicht Pepsi. Sie trinkt einen Schluck.
    Doroteas

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