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Mustererkennung

Mustererkennung

Titel: Mustererkennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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hatte sie protestiert, »so niederträchtig. Die einzigen Farben, die sie erlaubt haben, waren so ein totes Grau und dieses Braun, dieses Kackbraun, anders kann man das nicht nennen. Ein Braun, das man förmlich riechen kann.«
    »Aber wenigstens nicht viel Werbung, die dir zu schaffen macht, oder?«
    Da mußte sie lachen. »War’s in Moskau auch so, wenn du
    dort warst?«
    »Absolut nicht. Die Deutschen machen Kommunismus? Da
    ist selbst den Russen die Muffe gegangen. Wie sie gesehen haben, daß die Ostdeutschen da wirklich dran glauben, an das ganze Zeug. Man hat richtig gesehen, daß die das total verrückt fanden.«
    Ihr Taxi fährt unter einem riesigen Prada-Logo durch. Sie widersteht dem Drang, sich zu krümmen.
    Ein paar von den Reklametafeln sind erstaunlicherweise immer noch in diesem antiquierten sozialistisch-realistischen Stil gehalten, stumpfes Rot, Weiß und Grau, und darüber das Schwarz der absoluten Autorität.
    Und während sie zu ihnen hochguckt, sieht sie plötzlich das vertraute, halbgelähmte Gesicht von Billy Prion, das schief zu ihr heruntergrinst. Oder bildet sie sich das nur ein?
     
    In die Halle des Präsident-Hotels würde locker die Tribüne für eine Militärparade hineinpassen, und in der Ecke wäre immer noch genug Platz fürs Leninmausoleum. Vier kleine Sofagrup—pen verlieren sich auf einem Areal von der Größe eines halben Fußballfeldes, eine teppichbedeckte Fläche, auf der Cayce, während sie die ausgedehnten Anmeldeformalitäten über sich ergehen läßt und auf die Rückgabe ihres Passes wartet, eine junge Frau in oberschenkelhohen smaragdgrünen Stöckelstie—feln, die wie die Frucht eines Joint Venture von florentinischen Handschuhmachern mit Frederick’s of Hollywood anmuten, wütend auf und ab gehen sieht. Das Mädchen hat genauso unglaubliche Wangenknochen wie Damiens Line Producerin,
    und die elegante Eckigkeit derselben findet ihren Widerhall in den Hüftknochen, die durch einen sehr engen, sehr kurzen Rock akzentuiert werden – so eine Art Hommage an Versaces Miami-Periode –, mit einer applizierten Hot-Rod-Flamme aus Schlangenlederimitat auf jeder Arschbacke.
    Es ist zehn Uhr morgens, und Cayce weiß, daß sich draußen im Sicherheitskorridor des Hotels drei Mädchen in ähnlichem Outfit mit den vier jungen Männern in Kevlarjacken streiten, die dort postiert sind. Wahrscheinlich wollen sie die Jungs überreden, sie reinzulassen, befindet Cayce, damit sie ihrer ungeduldigen Kollegin Gesellschaft leisten können. Als es ihr langweilig wird, die grünen Stiefel zu betrachten, die vor der herbstfarbenen Kulisse der Hotelhalle etwas geradezu Mär-chenhaftes haben, blättert sie statt dessen in einer englischspra-chigen Informationsbroschüre, die auf dem beigefarbenen Rezeptionstresen ausliegt. Dort findet sie die Erklärung für all die Orange-und Brauntöne: das Hotel hieß früher »Oktjabrska-ja«, zur Erinnerung an die Oktoberrevolution. Und zwischen den Zeilen liest sie, daß der Eigentümer wohl immer noch der Kreml ist.
     
    Ihr Zimmer im zwölften Stock ist größer als erwartet und hat einen geräumigen Erker, von dem aus man die Moskwa und die ganze Stadt überblickt. Am anderen Flußufer eine gewaltige Kathedrale und, auf einer eigenen kleinen Insel, ein unvorstellbar häßliches Standbild. Aus ihrem Lonely Planet erfährt sie, daß es Peter den Großen darstellen soll und rund um die Uhr bewacht werden muß, damit es nicht von den einheimischen Ästheten in die Luft gesprengt wird. Das Ding sieht aus wie eine von einem Partyservice für irgendeine altmodische Proletarier-hochzeit ausgeliehene Champagnerfontäne.
    Sie dreht sich wieder um und begutachtet das Zimmer: noch mehr Trüb-Herbstliches und auf dem Bett eine schlammdunkle Tagesdecke. Eine quälende Dissonanz im unteren Bereich, als ob das Ganze von jemandem designt worden ist, der eine Ab—bildung eines westlichen Hotelzimmers aus den achtziger
    Jahren als Vorlage hatte, aber niemals das Original zu Gesicht bekommen hat. Das Badezimmer ist in drei verschiedenen Brauntönen gefliest (das ostdeutsche Braun ist aber nicht mit dabei, wie sie dankbar vermerkt) und verfügt über Dusche, Badewanne, Bidet und Toilette, jeweils mit einer Papierbanderole versiegelt, auf der DESINFIZIERT steht.
    Auf dem Schreibtisch steht ein Schildchen, das ihr mitteilt, sie könne ihren Laptop vom Zimmer aus benutzen oder, wenn ihr das lieber sei, ins BISNIZ SENTR in der Hotelhalle gehen.
    Sie holt das iBook raus und

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