Mutiert
Ihr Wort in Gottes Ohr«, entgegnete Professor Sander.
Südwestlich des Rio Jatapu, Amazonasgebiet
Sie waren bis auf wenige Meter an die Stellung herangekommen, dann hatte Tenente Farraz das Feuer eröffnen lassen. Schüsse peitschten durch den Urwald, und Schmerzensschreie erfüllten die Dunkelheit. Farraz hatte seine Männer angewiesen, die Träger der Taschenlampen unter Feuer zu nehmen. Offensichtlich hatten sie getroffen, denn die Lampen stürzten zu Boden und verstrahlten dort weiterhin ihr spärliches Licht. Der Rest der Angreifer war hinter den Bäumen in Deckung gegangen und erwiderte den Schusswechsel.
» Schießt nur, wenn ihr ein Ziel ausgemacht habt!«, wies er seine Nebenmänner an, die seine Worte weitertrugen, bis auch der Letzte aus seiner Gruppe den Befehl verstanden hatte. Nach einer Weile kehrte wieder Ruhe ein, und nur das angsterfüllte Brüllen aufgescheuchter Tiere erfüllte die Nacht. Plötzlich krachte es laut, und ein greller Feuerball erhellte die Umgebung.
» Granaten!«, schrie Farraz. » Sie haben Granaten, volle Deckung!«
Eine weitere Granate explodierte unweit der Stellung des Tenente.
» Feuer!«, brüllte er und zog den Abzug durch. » Zwingt sie in Deckung!«
Farraz fluchte, denn mit der leichten Bewaffnung seiner Männer hatte er einem Angriff mit Handgranaten nichts entgegenzusetzen. Es blieb nichts weiter übrig, als in Deckung zu bleiben und zu hoffen, dass die tausende Splitter und Kugeln der Handgranaten ihre Ziele verfehlten.
Die Salve einer Maschinenpistole mischte sich unter das laute Bellen eines Gewehrs.
» Sie versuchen, uns zu umgehen!«, flüsterte ihm sein Nachbar zur Linken zu.
» Wir müssen unsere Flanken decken«, entschied Farraz. » Zwei Mann auf den linken Flügel, Boal und Muniz sollen das übernehmen, wir nehmen sie in Kreuzfeuer!«
Wiederum machte sein Befehl die Runde, und die zwei benannten Soldaten robbten über den feuchten Untergrund zum linken Flügel und suchten dort Deckung. Farraz wartete, bis sie Bereitschaft meldeten, dann gab er erneut den Feuerbefehl. » Zielt auf alles, was sich bewegt!«
Die Soldaten folgten seinem Befehl und jagten wilde Salven den Abhang hinunter. Farraz zuckte zusammen, als dicht neben ihm eine Granate explodierte. Er hörte das Surren der Splitter, und dann verspürte er einen brennenden Schmerz in seiner Wade. Er biss die Zähne zusammen und zog erneut den Abzug seiner Maschinenpistole durch. Er hoffte, dass der Morgen bald graute, doch bis dahin würde es noch zwei Stunden dauern.
Microbiological and Biomedical Laboratories, CDC , Atlanta
Joanna Kim hatte einen langen Tag im Labor hinter sich und war hundemüde, dennoch war sie gespannt, was der nächste Tag bringen würde. Das Virus war gereinigt und für weitere Untersuchungen mit dem Elektronenmikroskop aufbereitet. Sie hätte gerne noch weitergearbeitet, aber die Vorschriften in den Hochsicherheitslabors verlangten, dass sie eine Pause von mindestens acht Stunden einlegen musste, bevor sie sich wieder an ihre Arbeit machte. Nachdem sie geduscht und sich umgezogen hatte, lief sie durch die langen und neondurchfluteten Gänge zu ihrem Büro, das sie schon seit Tagen nicht mehr aufgesucht hatte. Seufzend ließ sie sich hinter ihrem Schreibtisch nieder und schaltete ihren Computer ein. Nachdem sich der Bildschirm aufgebaut hatte, lief der Butler ihres Mailprogramms über die Mattscheibe und meldete, dass mehrere Mails eingegangen waren.
Sie aktivierte das Programm und stellte fest, dass inzwischen über hundert ungelesene Nachrichten in ihrem Postkasten hinterlegt waren.
Viele E-Mails waren mit einem Spamhinweis versehen, die sie ungelesen löschte, andere stammten von Presseleuten, die um ein Interview baten und gerne Neuigkeiten über das Jatapu-Virus erfahren würden. Sie stutzte, als sie auf eine Mail von Lance Abott Macombie stieß, den sie noch aus ihrer Zeit an der Universität in Chicago kannte, wo sie als junge Doktorandin in den Forschungslabors gearbeitet hatte. Zur damaligen Zeit leitete Macombie die Onkologische Forschungsabteilung der Universität.
Sie öffnete die Mail und überflog die wenigen Zeilen. Professor Macombie gratulierte zu ihrem Erfolg bei der Untersuchung des Virus, der vor ein paar Tagen von den Presseorganen vermeldet worden war, und bat um einen persönlichen Termin. Er bot ihr als Gesellschafter der MedCom Inc. in Boulder, Colorado, seine uneingeschränkte Hilfe an. Joanna überlegte. Sie hatte davon gehört, dass es
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