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Mutiert

Mutiert

Titel: Mutiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Flussufer auftauchten. Die Ribeirinhos, die das erste Boot steuerten, schenkten den Hütten keine weitere Beachtung. Nur kurz tuschelten sie miteinander.
    » Was sagen sie?«, fragte einer der belgischen Forscher seinen Kollegen, der die Sprache der brasilianischen Flussbewohner einigermaßen verstand.
    » Cangaceiros«, wiederholte der belgische Expeditionsleiter. » Sie meinen, das ist das Camp von Banditen.«
    » Banditen?«
    » Holzräuber«, bestätigte der Expeditionsleiter. » Die brasilianische Holzmafia ist hier beinahe genauso gut organisiert wie die Mafia bei uns in Europa. Sie schlagen Edelhölzer wie das Pau Brasil und Jacarandá oder roden ganze Urwaldflächen für die Fazendeiros, die darauf ihre Tiere grasen lassen oder Früchte anbauen. Der Boden hier gibt nicht viel her, spätestens nach zwei Jahren ist er ausgelaugt, und es wächst kein Korn mehr darauf. Dann ziehen die Bauern weiter und beackern neue Flächen. Man sollte denken, dass es hier überall fruchtbar ist, aber das stimmt nicht. Landwirtschaft ist eigentlich nur auf ganz kleinen Flächen möglich, wo es die sogenannte Terra preta, die schwarze Erde, gibt.«
    » Dazu kommen noch unzählige Garimpeiros, illegale Goldsucher, die den Urwald im Norden durchstreifen«, mischte sich der einheimische Ruderer ein.
    Sie passierten die Ansammlung von Hütten und ließen den kleinen Palmenwald hinter sich, als sie plötzlich am Ufer mehrere reglose Körper erspähten, die im brackigen Wasser trieben.
    » Um Gottes willen!«, rief einer der Expeditionsteilnehmer aufgeregt. Sieben männliche Leichen, zum Teil mit nacktem Oberkörper, trieben im Fluss. Ein süßlicher Verwesungsgeruch lag in der Luft.
    » Was ist da bloß passiert?«, fragte der Expeditionsleiter einen Ruderer.
    » Hier gab es eine illegale Siedlung«, antwortete er. » Entweder war die Militärpolizei hier, oder es gab einen Kampf mit einer anderen Bande. Wir müssen hier verschwinden. Es ist nicht gut, wenn man uns sieht.«
    Die Ruderer legten sich ins Zeug, und die drei Boote nahmen rasch Fahrt auf.
    » Aber wir können die Toten doch nicht einfach hier zurücklassen«, protestierte der Expeditionsleiter. » Was ist, wenn an Land noch jemand am Leben ist?«
    Einer der Bootsführer schüttelte den Kopf. » Wenn man uns hier sieht, dann treiben bald unsere toten Körper im Wasser. Hier im Wald gibt es kein Gesetz, hier ist jeder sich selbst der Nächste. Und solche Kämpfe gibt es immer wieder, wenn sich die Banden um ertragreiche Plätze streiten. Und jetzt rudert, wenn ihr heute noch nach São Sebastião kommen wollt!«
    Der Expeditionsleiter holte tief Luft, dann stieß er die Ruder mit aller Kraft in das Wasser. Seinen stillen Protest schluckte er einfach hinunter.
    Brownsville in Miami, Florida
    Jake war ein Riese mit bronzefarbener Haut und Muskelpaketen, die selbst Profiboxer hätten neidisch werden lassen. Doch er war weder besonders intelligent, noch mochte er unangemeldete Besuche. Nachdem Gene mehrfach geklopft hatte, riss Jake die Tür auf und baute sich vor ihm auf.
    » Was soll das, Mann!«
    Gene lehnte sich locker an den Türrahmen und grinste den Muskelprotz unbeeindruckt an.
    » Bist du von der Bewährungsaufsicht oder bist du ein Bulle?«
    Gene spielte den Coolen, wenngleich er wusste, dass er nur geringe Chancen hatte, wenn dieser Riese erst einmal in Wallung kam. » Was wäre dir lieber?«
    » Wer sind Sie?«
    » Sagen wir, ich habe ein paar Fragen. Und wenn mich deine Antworten zufriedenstellen, bin ich auch schon wieder weg.«
    » Also doch ein Bulle.«
    Gene blieb ungerührt. » Hier draußen, oder gehen wir rein?«
    Jake trat einen Schritt zur Seite und gab den Weg frei. Gene ging durch den kurzen Flur in das einzige Zimmer, das es hier in dieser Kellerwohnung gab. Überall lagen Klamotten umher. Es war unordentlich und schmuddelig. Nur in einer Ecke des Zimmers, dort wo ein Trimmgerät mit Gewichten stand, schien es etwas aufgeräumter.
    » Was willst du von mir, Bulle?«, fragte Jake, der in seinem eigenen Reich offenbar wieder Fassung gewonnen hatte. Gene kannte diese Sorte Menschen noch gut aus seiner Dienstzeit. Sobald sie ihr Gegenüber nicht einschätzen konnten, wurden sie unsicher.Doch auf heimischem Terrain waren sie wie Hunde, die ihr Revier verteidigten.
    » Ich suche nach Tarston«, sagte Gene und suchte nach einer Sitzgelegenheit. Er beschloss, weiterhin den Überlegenen zu spielen, wischte ein paar Zeitschriften von einem Stuhl und ließ sich

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