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Mutiert

Mutiert

Titel: Mutiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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Nähe des Hafens wurde von Geldern der Entwicklungsprogramme des Internationalen Roten Kreuzes finanziert. Zwei Ärzte, eine Ärztin, ein paar Krankenschwestern aus der nahen Mission und drei Krankenpfleger arbeiteten dort und hatten sich auf zwei Jahre verpflichtet. Schlangenbisse und Tropenkrankheiten kamen hier häufig vor, außerdem gab es immer wieder Unfälle bei der Kautschukernte und beim Fischen.
    Der Kleinbus brachte die Frau vom Patrouillenboot umgehend in die Krankenstation, auf der die Fahne des Roten Kreuzes wehte und wo es einen ausreichend ausgestatteten Operationssaal und eine kleine Quarantänestation mit eigener Stromversorgung gab. Der Regen war kurz und heftig, deshalb fuhren sie in die kleine Halle, in der sich der Zugang zur Notaufnahme befand. Die Pfleger legten die Bewusstlose auf eine fahrbare Krankenliege und brachten sie in das kleine, verwinkelte Gebäude, wo sie von einem der Ärzte in Empfang genommen wurde. Inzwischen trat Blut aus Nase und Mund.
    » Was ist mit ihr passiert?«, fragte der junge, dunkelhaarige Arzt, an dessen Brust ein Namensschild mit der Aufschrift Alonso prangte. Während die Pfleger mit den Schultern zuckten, trat der Cabo aus ihrem Schatten.
    » Das weiß ich nicht. Wir fanden sie vor zwei Stunden an der Mündung zum Rio Jatapu in einem Boot. Zwei Männer lagen ebenfalls dort, aber die waren schon tot. Wir konnten ihnen nicht mehr helfen. Vielleicht ist sie von einer Schlange gebissen worden.«
    » Bringt sie in den Behandlungsraum!«, befahl Alonso. » Und bereitet vorsichtshalber das Serum vor.«
    » Wissen Sie, wie sie heißt?«, wandte sich der Arzt wieder an den Cabo.
    » Wir haben keine Papiere gefunden, und in der Nähe gibt es keine Siedlung. Wir glauben, dass sie von der Küste stammt, aus Recife vielleicht oder aus Salvador. Sie muss hier in einem Camp untergekommen sein.«
    » Ein Camp, hier in der Gegend?«
    » Am Rio Jatapu wahrscheinlich. Illegal, nehmen wir an.«
    » Na gut, dann nennen wir sie einfach Maria«, sagte Alonso und griff zu seinem Stift. Am Empfangspult griff er nach einem Aufnahmebogen.
    » Wenn man nicht alles selbst macht«, stöhnte der Arzt. » Wollen Sie warten?«
    Der Cabo nickte.
    *
    » Ich habe euch das schon tausend Mal gesagt«, schrie Lila die Pfleger an, » solange wir nicht wissen, was die Patienten haben, kommen sie auf die Isolierstation. Und jetzt bringt sie rüber und hinterher duscht ihr euch und nehmt reichlich Desinfektionsmittel!«
    » Aber Doktor Alonso sagte uns …«
    » Es ist mir scheißegal, was er euch gesagt hat«, fuhr Lila die beiden Männer an. » Es gibt ganz klare Vorschriften, und wenn wir hier auch mitten im Urwald sind, dann gelten diese Vorschriften dennoch, oder wollt ihr euch einen anderen Job suchen?«
    » Na … na … na«, tönte es über den Flur. » Was ist denn hier los?«
    Der Chefarzt der Station, Doktor Williamson, kam aus seinem Büro. Er sah verschlafen aus.
    » Diese hirnverbrannten Idioten haben eine fiebrige Patientin in den Behandlungsraum gelegt, ohne dass vorher eine Diagnose erstellt wurde«, berichtete Lila barsch.
    » Doktor Alonso hat uns gesagt, dass wir sie ins Behandlungszimmer bringen sollen«, rechtfertigte sich einer der Pfleger noch einmal. » Sie hat wahrscheinlich einen Schlangenbiss. Wir sollen das Serum vorbereiten.«
    » Na, da haben wir es doch, werte Kollegin«, sagte Williamson zynisch. » Oder wollen Sie die Fähigkeiten von Doktor Alonso in Zweifel ziehen? Er ist schon über ein Jahr hier und Sie erst zwei Monate. Sie müssen noch tüchtig dazulernen, Mädchen.«
    Lila hasste den grauhaarigen, alten Mann. Seit über zehn Jahren war er schon hier in Brasilien als Arzt im Auftrag des Roten Kreuzes tätig, doch Lila hatte schon nach einem Monat erkannt, dass er unfähig war. Doktor Williamson stammte aus Schweden und galt in der Gegend als eine Art Wunderheiler bei den einfachen Menschen. Aber Lila, die eigentlich in Sao Paulo geboren und aufgewachsen war und in New York ihr Medizinstudium mit Auszeichnung bestanden hatte, wusste schnell, was sie von seinen Fähigkeiten zu halten hatte. Eine Flasche Cachaça zu öffnen, fiel ihm deutlich leichter, als einen Verband anzulegen. Und Alonso war ein Geck, ein pomadiger Affe, der hinter jedem einigermaßen ansehnlichen Rock in der Gegend her war und mit seinen Anzüglichkeiten auch bei Lila nicht hinter dem Berg hielt.
    Lila Faro war eine attraktive und engagierte junge Frau, die Ärztin aus Überzeugung geworden

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