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Mutiert

Mutiert

Titel: Mutiert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Hefner
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noch von dichtem Nebel verdeckt, und die Luft war erfüllt von der Frische des beginnenden Tages.
    Die Zeltstadt glich einem schwer bewachten Gefangenenlager. Mit Stacheldrahtrollen verstärkte Zäune und ausgehobene Gräben verhinderten den unkontrollierten Zugang zum Areal. Im nördlichen Bereich, getrennt vom Feldlazarett, waren die Unterkünfte der Ärzte und des Personals errichtet worden. Container und große Zelte standen dort in Reih und Glied. Daran angrenzend das aus drei Containern bestehende mobile Labor, wiederum mit einem Stacheldrahtzaun gesichert und von einem Kontrollposten bewacht. Der hochsensible Bereich durfte nur mit einer Spezialgenehmigung betreten werden. Verkleidet mit silberglänzendem Kunststoff, erstrahlte das seltsame Gebäude mit seinen schlauchähnlichen Verbindungsgängen im aufgehenden Sonnenlicht. Neben der Sicherheitsschleuse, die nur durch eine Entgiftungsanlage verlassen werden konnte, prangte das amerikanische Banner. US - NAVY Research Center BSL 4 stand darunter.
    Das ganze Gebilde wirkte wie eine Mondbasis und erschien deplatziert und grotesk angesichts der olivgrünen Zeltstadt, in der bewaffnete Soldaten mit Mundschutz patrouillierten.
    Das Lager war in der Nähe des Flussufers erbaut worden, wo Pioniereinheiten inzwischen zwei schwimmende Landestege errichtet hatten, an denen stündlich die Amazonasboote mit ihren großen Aufbauten anlegten, um weitere Infizierte aus der Region ins Lager zu bringen.
    Am Nordende, direkt neben den Unterkünften des medizinischen Personals, hatte sich das Militär niedergelassen. Zwei Hubschrauberlandeplätze waren eingerichtet worden. In der Nähe gab es ein Flugfeld, auf dem zwei Transportflugzeuge des Typs Embraer 110 der Força Aéra Brasileira standen, die erst am Vortag gelandet waren, um Medikamente und Nahrung zu bringen. Zwei weitere Maschinen wurden für den heutigen Tag erwartet. Aber sie brachten vorerst nur fiebersenkende und schmerzhemmende Medikamente, denn bislang war der Virustyp, der das hämorrhagische Fieber hervorrief, ja noch nicht isoliert und bestimmt worden. Und das Virostatikum Ribavirin war zudem nicht im ausreichenden Maße vorhanden und hatte bislang den Krankheitsverlauf allenfalls verzögern, aber nicht aufhalten können. Ein wirklich antigenes Mittel war noch nicht gefunden, und es würde wohl Wochen dauern, bis erste Ergebnisse erzielt werden konnten.
    Also beschränkten sich die Bezirksregierung und das Militär darauf, die Ausbreitung der Krankheit durch Quarantäne und Informationsmaßnahmen der Bevölkerung zu verhindern. Und bislang schien diese Taktik durchaus angemessen, denn die Fälle von Infektionen nahmen ab. Auch heute hatten die Boote nicht mehr als zwanzig Patienten in das Camp überführt. Sollte das Virus seine tödliche Wirkung bereits verloren und sich mittlerweile an seine Wirtskörper angepasst haben?
    Lila Faro hatte eine harte Nacht hinter sich. Sie saß vor ihrer Unterkunft, trank Kaffee und rauchte eine Zigarette. Vier Menschen, darunter ein Mädchen, nicht älter als zehn Jahre, waren in dieser Nacht gestorben. Angesichts des Fiebers und der Krämpfe, welche die geschundenen Körper heimsuchten, war der Tod zwar eine Erlösung. Doch Lila war schließlich Ärztin geworden, um sich dem Tod entgegenzustellen, und hier in diesem Camp, bei dieser Krankheit, war sie machtlos! Das Jatapu-Virus wirkte tödlich. Eine beinahe einhundertprozentige Letalitätsrate sprach für sich.
    » Ah, Lila, mein Kind«, seufzte Pater Innocento. » Manchmal kommen mir schon Zweifel, ob Gott mich und meine Gebete für die leidenden Menschen überhaupt hört.«
    Lila lächelte matt. » Gott wird uns nicht helfen können, was wir brauchen, sind geeignete Medikamente oder eben ein Wunder.«
    Pater Innocento hob den Zeigefinger. » Meine Tochter, du vergisst dich, es ist doch eben unser Gott, der Wunder vollbringt.«
    » Wenn er nicht mehr auf Euch hört, Pater, auf wen sollte er sonst noch hören?«
    Pater Innocento setzte sich auf eine Kiste und schaute Lila beim Rauchen zu.
    » Es ist lange her«, sinnierte er. » Ich habe das Rauchen aufgegeben, aber angesichts der vergangenen Nacht könnte ich durchaus …«
    Lila kramte die Schachtel aus der Hosentasche und bot ihm eine Zigarette an. Der Pater nickte dankbar. Sie gab Pater Innocento gerade Feuer, als der Cabo aufgeregt zwischen den Zelten auftauchte.
    » Lila, ich habe dich überall gesucht«, stieß er atemlos hervor.
    » Ich habe vierzehn Stunden

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