Mutiert
Pferdeschwanz.
Schließlich hörten sie das auf und ab schwellende Signal des Krankenwagens. Ein Lichtkegel schob sich an den Fenstern der Stahltür vorbei. Die Sirene verstummte, und die Schiebetür gab den Weg zur Schleuse frei, durch die das kranke Kind auf einer Bahre hereingeschoben wurde. Das Mädchen war mit einer gelben Decke zugedeckt. Ein Notarzt des Methodist University Hospitals lief neben der Bahre her. Graue Monitore lagen am Rand des kleinen Transportwagens, und grüne Kabel führten zu der kleinen Patientin. Eine gelbe Sauerstoffflasche ließ darauf schließen, dass das Kind Sauerstoff erhielt.
Doktor Raider warf einen Blick auf das kleine Mädchen. Der Inhalator, der ihr von einem Sanitäter auf den Mund gepresst wurde, verdeckte beinahe ihr ganzes Gesicht. Doch die weit aufgerissenen, ängstlichen und von Schmerz und Fieber gezeichneten dunklen Augen blickten starr an die Decke. Die Sanitäter schoben das Kind in das Behandlungszimmer. Gemeinsam legten sie es von der Bahre auf den Tisch.
» Haben Sie schon eine erste Diagnose?«, fragte Doktor Raider den Notarzt des Rettungsteams.
» Ich würde auf eine Meningitis tippen, aber das ist nur eine Annahme.«
» Wo sind die Eltern?«
» Eine Mutter, sie ist auf dem Weg in das Krankenhaus verstorben«, berichtete der Notarzt. » Der Vater ist irgendwo im Ausland. Die Mutter hatte ähnliche Symptome.«
Doktor Raider wandte sich zu ihrem Team um. Alle trugen Handschuhe, Schutzbrille und eine Atemmaske, erleichtert atmete sie auf.
» Vorsicht, es könnte sich um eine ansteckende Krankheit handeln«, rief sie den Schwestern und Pflegern zu.
» Gibt es sonst irgendwelche Angehörige, die man fragen könnte?«
Der Arzt zuckte mit den Schultern.
» Desinfizieren Sie die Geräte gut, und vergessen Sie sich selbst nicht«, ordnete Doktor Raider an, bevor sie sich der kleinen Patientin zuwandte. Das Rettungsteam hatte den Behandlungsraum bereits verlassen.
Die anwesende Anästhesistin übernahm die weitere Beatmung. Die bläuliche Färbung der Haut sprach für eine schwere Hypoxie.
» Das Sauerstoffniveau ist zu gering, wir sollten intubieren«, schlug die Anästhesistin vor. Doktor Raider nickte zustimmend.
Als die Anästhesistin die Atemmaske vom Mund entfernte und damit auch die Nase freigab, lief blutiger Schaum aus der Nase des Kindes.
Die Oberschwester, die eine weitere Kochsalzlösung am Tragegestell platzierte, warf der Ärztin einen besorgten Blick zu. Doktor Raider zog die Spitze aus dem Arm des Kindes und legte sie in eine Schale.
» Großes Blutbild, außerdem brauchen wir hier einen Spezialisten. Rufen Sie Morgan von der Tropenmedizin«, rief sie der Schwester zu. » Und schicken Sie nach Lance, wir müssen mehr über das Kind erfahren. Wir kennen noch nicht einmal den Namen.«
» Amanda«, sagte der Pfleger, der einen Blick auf das Begleitblatt geworfen hatte. » Amanda heißt die Kleine.«
Corrupira am Rio Jatapu, Amazonasgebiet
Sie hatten ihre Ausrüstung von Bord der Boote geholt und ein kleines Lager auf einem freien und vom Feuer verschonten Platz in der Nähe des Flusses errichtet. Die Bäume spendeten Schatten vor der erbarmungslosen Mittagssonne. Inzwischen hatte Tenente Farraz über Satellitentelefon Kontakt zur Basis aufgenommen. Von dort aus war ihm mitgeteilt worden, dass niemand den Befehl erhalten hatte, die kleine Siedlung am Rio Jatapu dem Erdboden gleichzumachen. Sofort hatte er um das Lager weitere Wachen postiert, denn vieles sprach dafür, dass es Überlebende im illegalen Camp gegeben hatte. Doch wo waren sie abgeblieben? Versteckten sie sich noch immer hier im dichten Dschungel oder waren sie mit ihren Booten weitergezogen?
» Wie lange bleiben wir?«, hatte der Tenente Luisa Behringer gefragt.
Sie hatte in den Urwald gezeigt und geantwortet: » So lange, bis wir unseren Auftrag ausgeführt haben.«
» Die Aktion gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen«, gab Farraz zu bedenken. » Es wird Wochen dauern, bis wir diesen Bereich hier überprüft haben.«
Luisa seufzte. » Ich weiß, aber irgendwo müssen wir mit unserer Suche beginnen, und es liegt nahe, dass wir hier genau am richtigen Ort sind.«
Farraz nickte stumm und wandte sich ab. Mit befehlsgewohnter Stimme teilte er seine Männer ein. Er selbst blieb mit einer Gruppe seiner Soldaten bei Luisa Behringer im Camp zurück, während der Cabo zusammen mit Lila, mehreren Soldaten und zwei der Indios in den nahen Urwald aufbrach. Eine zweite Gruppe um
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