Mutiert
Antonio Pinto und Rosburn machte sich entlang des Flusses in Richtung Norden auf. Zuvor hatte Antonio den Cabo und zwei weitere Soldaten noch in den Gebrauch der Betäubungsgewehre eingewiesen. Mit Netzen, Käschern, Fallen und Ködern ausgestattet, sollten sie versuchen, so viele Tiere wie möglich einzufangen und die Standorte zu katalogisieren, damit bei anschließenden Tests vor Ort festgestellt werden konnte, ob sich Viren im Blut oder dem Gewebe der Tiere nachweisen ließen.
» Wir sind hier mitten im Urwald«, hatte Rosburn geantwortet, als Luisa Behringer die beiden Gruppen vor ihrem Abmarsch instruierte. » Es gibt hier unzählige Tierarten. Wenn wir alle einfangen sollen, dann sind wir in zehn Jahren noch hier.«
» Das ist mir bewusst«, hatte die deutsche Wissenschaftlerin geantwortet. » Wir suchen nach der Nadel im Heuhaufen, aber genau deswegen sind wir hierher gekommen. Wichtig sind für uns alle Tierarten, die den Menschen hier als Nahrung gedient haben.«
» Auch Fische?«, fragte Rosburn.
» Fische ebenfalls, wir können von vornherein nichts ausschließen.«
Schließlich hatten sich beide Gruppen in den Urwald aufgemacht. Begleitet von den Schreien der Aras und dem Gejammer der Brüllaffen, schlugen die Indios mit ihren Macheten eine Schneise in die Büsche. Schon nach kurzem und beschwerlichem Weg mitten hinein in die grüne Wildnis gaben die beiden Indianer, die sich mit ihrem traditionellen Bogen und Blasrohr an der Jagd beteiligten, der Gruppe ein Zeichen, ruhig und bewegungslos zu verharren. Sie zeigten nach oben in die Bäume, die mit ihren dichten Blättern das Sonnenlicht fernhielten, so dass die Umgebung in ein mattes Blau getaucht erschien. Der Cabo blickte angestrengt in die Baumwipfel, doch er konnte nichts erkennen. Einer der Indios tastete sich langsam voran und schob einen der kleinen Giftpfeile in das Blasrohr, bevor er im Schatten eines Buschwerks stehen blieb und das Blasrohr in einer langsamen Bewegung, fast wie in Zeitlupe, an den Mund führte.
» Siehst du etwas?«, flüsterte Lila dem Cabo zu, der noch immer den angezeigten Punkt fixierte.
Der Cabo schüttelte den Kopf.
Plötzlich gab es ein kurzes saugendes Geräusch, und der Pfeil schoss aus dem Blasrohr direkt auf einen großen Ast in der Höhe zu. Ein lautes Quieken erklang, und eine hektische Bewegung auf dem Ast signalisierte, dass die Jagd erfolgreich gewesen war. Rotbraunes Fell tauchte aus den Blättern auf, ein buschiger Schwanz folgte. Doch noch bevor der Brüllaffe zum Sprung ansetzen konnte, wirkte das Pfeilgift, das Tier verlor den Halt und stürzte in die Tiefe.
Der Indio rief in seiner Sprache der Gruppe ein paar Worte zu und der Soldat Moreira, der als Dolmetscher fungierte, teilte Lila mit, dass sie das Tier nun einsammeln könne.
» Sei vorsichtig!«, mahnte der Cabo.
Lila nahm ihren Rucksack ab und zog sich die langen Gummihandschuhe über. » Keine Angst, ich weiß schon, wie das geht«, antwortete sie, bevor sie den Mundschutz anlegte. Der Cabo und zwei Soldaten, die einen Metallcontainer trugen, folgten ihr.
Der Affe war direkt unterhalb des Baumes gelandet und lag regungslos im Laub. » Meinst du, er ist wirklich tot«, wandte sie sich zum Cabo um.
» Ich glaube schon, unsere Jäger wissen genau, was sie tun. Ich hätte das Tier noch nicht einmal entdeckt.«
Vorsichtig näherten sie sich der Beute, während die beiden Indios schmunzelnd und lachend in der Nähe standen und miteinander palaverten.
» Was haben die beiden nur«, rief der Cabo Moreira zu.
» Sie lachen nur über Menschen, die Angst vor einem toten Tier haben.«
Nachdem Lila den Affen aufgenommen und sich überzeugt hatte, dass das Tier tatsächlich tot war, wollte sie den Affen in die Kiste legen. Einer der Indios kam hinzu und sagte etwas zu ihr.
» Was will er?«, wandte sich Lila an den Dolmetscher.
Moreira deutete auf den kleinen buschigen Pfeil, der noch im Rücken des Tieres steckte.
» Er hätte seinen Pfeil gerne wieder.«
Lila hob abwehrend die Hand. » Auf keinen Fall«, antwortete sie. » Wenn der Affe das Virus in sich trägt, dann können wir uns alle infizieren.«
Der Dolmetscher erklärte es dem Indio, während Lila den Affen im Container verstaute. Der Indio schien damit überhaupt nicht einverstanden, denn als die Gruppe nach ein paar Minuten ihren Weg fortsetzte, schimpfte und haderte er noch immer.
White Castle, Leblanc Airport, Louisiana
» Ich weiß nicht, mir ist nicht wohl bei der Sache«,
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